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Verbandsklage: Tatsachenbestätigungen in AGB – Transparenzgebot

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

KSchG: § 6, § 28, § 29

Völlig unklare Tatsachenbestätigungen zu Lasten des Verbrauchers in Vertragsformblättern und AGB (hier: Bestätigungen über die erfolgte Aufklärung durch das bekl Kreditinstitut iZm Wertpapieraufträgen) unterliegen in analoger Anwendung der Kontrolle des § 6 Abs 3 KSchG (Transparenzgebot) im Verbandsprozess. Solche Tatsachenbestätigungen können als Beweismittel Verwendung finden, das zwar wenig aussagekräftig ist, aber doch Indizien für die Richtigkeit der Behauptung des (hier) Kreditinstituts enthält. Sie sind für den Verbraucher insofern nachteilig, als beim typischen Durchschnittskunden der Eindruck erweckt wird, durch die (Blanko-)Bestätigung der erfolgten Aufklärung habe er sich im Falle einer tatsächlich erfolgten Aufklärungspflichtverletzung der Möglichkeit der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen begeben.

OGH 30. 8. 2017, 1 Ob 113/17z

Entscheidung

Die vorliegende Verbandsklage betrifft die AGB bzw Vertragsformblätter eines Kreditinstituts. Neben einem Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG lag wegen der Änderung der Beweislastverteilung zu Lasten des Konsumenten auch ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG vor.

Den vermutlich interessantesten Aspekt der Entscheidung betrifft die bislang in der höchstgerichtlichen Rsp noch nicht beantwortete Frage, ob Tatsachenbestätigungen in Vertragsformblättern dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG unterliegen. Der Wortlaut des § 6 Abs 3 KSchG bezieht sich ausdrücklich auf in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene „Vertragsbestimmungen“, was gegen die Anwendbarkeit auf Tatsachenbestätigungen spricht.

In diesem Zusammenhang hält der OGH fest, dass es im Ergebnis keinen Unterschied macht, ob der Verbraucher regelungstechnisch von der Durchsetzung seiner Rechte durch eine Vertragsklausel oder durch eine vorgefertigte intransparente Bestätigung abgehalten wird. Der erkennende Senat geht davon aus, dass der österreichische Gesetzgeber in § 6 Abs 3 KSchG vor dem Hintergrund des Zwecks des Transparenzgebots (klare und verlässliche Auskunft über die Rechtsposition des Verbrauchers durch Lektüre der Klausel) nicht danach differenzieren wollte, ob es sich bei einer Klausel, die die Rechtsposition des Verbrauchers verschleiert, um eine Willenserklärung oder eine Wissenserklärung handelt, weshalb eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt. Völlig unklare Tatsachenbestätigungen zu Lasten des Verbrauchers in Vertragsformblättern und Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen daher in analoger Anwendung der Kontrolle des § 6 Abs 3 KSchG im Verbandsprozess.

Im vorliegenden Fall kam noch dazu, dass dem Verbraucher in den betreffenden Klauseln überhaupt nicht eindeutig dargelegt wird, in welchem Umfang ihm Informationen erteilt und Unterlagen angeboten worden sein sollen und er über Risiken der Finanzprodukte aufgeklärt worden sein soll. Inhalt und Tragweite der Klauseln sind damit für den Verbraucher nicht durchschaubar. Ihm wird ein (möglicherweise) unzutreffendes, jedenfalls aber ein unklares Bild von seiner Rechtslage vermittelt, wodurch er von der Durchsetzung seiner berechtigten Ansprüche abgehalten werden kann.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24458 vom 06.11.2017