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Verbandsklage - Unzulässige AGB eines Fitnessstudios

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

KSchG: § 28, § 29

Allein der Umstand, dass ein Unternehmen im Fall der Beanstandung von mehreren Klauseln eine bedingungslose Unterlassungserklärung nur für einige Klauseln abgibt, rechtfertigt es nicht, nur deshalb das Fehlen einer vollständigen Unterwerfung und das Weiterbestehen der Wiederholungsgefahr anzunehmen.

Ob die Unterlassungserklärung geeignet ist, den Wegfall der Wiederholungsgefahr zu bewirken, ist ausgehend vom Zeitpunkt ihres Zugangs zu prüfen. Der vom Gesetzgeber angestrebte Zweck, durch das Abmahnverfahren einen effektiven und raschen Rechtsschutz für den Verbraucher zu gewährleisten, gebietet es, Verzögerungsversuche hintanzuhalten. Von einem solchen muss aber ausgegangen werden, wenn - wie hier - nach zweimaliger Verlängerung der Frist eine Erklärung abgegeben wird, deren Wirksamkeit erst in Zukunft eintreten soll, was offenbar einseitig Sanktionen hinauszögern und den Verband zum Zuwarten zwingen soll.

OGH 22. 12. 2015, 1 Ob 146/15z

Entscheidung

Der OGH hat im vorliegenden Verbandsprozess folgende Klauseln für unzulässig erklärt:

Klausel 1

„Die H***** Einrichtungen sind während der publizierten Betriebszeiten geöffnet.“

Zielrichtung des § 6 Abs 3 KSchG ist die Gewährleistung einer klaren (transparenten) vertraglichen Position des Verbrauchers. Im Gegensatz dazu stellt die beanstandete Klausel nicht sicher, dass der Verbraucher die Öffnungszeiten zuverlässig in ihrer für das konkrete Vertragsverhältnis gültigen Form auffinden kann (vgl 1 Ob 88/14v, LN Rechtsnews 18972 vom 17. 2. 2015 = RdW 2015/207: Pauschaler Verweis auf örtlich nicht näher definierte Veröffentlichungen im Internet). Der von den Vorinstanzen angenommene Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG ist daher nicht zu beanstanden.

Klausel 2

„Aus einzelnen betriebsnotwendigen Schließungen wie etwa zur Reinigung oder zum Umbau einzelner Teile der Einrichtungen hat das Mitglied keinen Anspruch auf eine Rückvergütung oder eine Verlängerung seiner Mitgliedschaft, sofern das Ausmaß der Schließung dem Mitglied zumutbar ist, besonders weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist.“

Die Klausel verstößt gegen § 9 KSchG (unzulässiger Ausschluss der Gewährleistung).

Die Klausel ist darüber hinaus aufgrund der verwendeten unbestimmten Begriffe intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 3

„Das Mitglied verpflichtet sich, die Anweisungen der H***** Mitarbeiter zu befolgen, sowie die Hygienevorschriften und Clubregeln einzuhalten.“

Die Klausel ist intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.

Die Auferlegung nicht definierter Pflichten ist darüber hinaus gem § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend.

Klausel 5

„Im Fall von groben oder wiederholten Verstößen des Mitglieds gegen den Mitgliedsvertrag, die Anweisungen der H***** Mitarbeiter, die Hygienevorschriften oder die Clubregeln, kann H***** den Mitgliedsvertrag aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung auflösen.“

Die Unzulässigkeit einer Bestimmung, auf die verwiesen wird, führt zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung (RIS-Justiz RS0122040 [T4]). Dieser Grundsatz kommt auch hier zum Tragen, weil die beanstandete Bedingung der Bekl bei groben oder wiederholten Verstößen gegen „Anweisungen“, „Clubregeln“ und „Hygienevorschriften“ das Recht zur sofortigen Vertragsauflösung einräumt und damit unmittelbar an die - bereits als unwirksam erkannte - Klausel 3 anknüpft.

Klausel 9

„Bei Nichtbenützung der Einrichtungen der H***** Anlage erfolgt keine Rückerstattung von Mitgliedsbeiträgen.“

Der Wortlaut dieser Klausel erfasst auch Fälle, die die Kunden zu einer außerordentlichen Kündigung, die jedem Dauerschuldverhältnis innewohnt, berechtigen würden, und suggeriert damit, dass auch in einem solchen Fall eine Rückforderung ausgeschlossen ist. Die Klausel vermittelt den Kunden der Bekl in einer Weise ein unklares Bild über ihre vertragliche Position, die geeignet ist, die für die Vertragsart typischen Verbraucher von der Durchsetzung ihrer Rechte abzuhalten und verstößt damit gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG.

Kausel 10 und Klausel 11

Klausel 10

Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann von beiden Vertragsparteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat mit Wirkung zum Monatsende schriftlich gekündigt werden, frühestens jedoch zum Ende der Mindestvertragsdauer. Die Mindestvertragsdauer ist im Antrag auf Mitgliedschaft festgehalten. Vor dem Ende der Mindestvertragsdauer ist das Wirksamwerden einer ordentlichen Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen. Ausnahme: Verträge mit einer Mindestvertragsdauer von 24 Monaten können vom Mitglied gegen Zahlung eines pauschalen Entgelts von 240 € vorzeitig - unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat mit Wirkung zum Monatsende - gekündigt werden, frühestens jedoch zum Ende des zwölften Monats.

Klausel 11

„Art der Mitgliedschaft

Die Mindestlaufzeit der Mitgliedschaft beträgt ... :

 12 Monate  24 Monate  ____“

Nach dem für die Bekl nachteiligsten Verständnis dieser Klausel kann in der möglichen vorzeitigen Kündigung kein Umstand erblickt werden, der die Nachteile für den Verbraucher aus der langfristigen Bindung aufwiegen könnte. Vor diesem Hintergrund ist das BerufungsG im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass jedenfalls die Vereinbarung eines Kündigungsverzichts über 24 Monate als unangemessen lang iSd § 6 Abs 1 Z 1 zweiter Fall KSchG anzusehen ist.

Die Unwirksamkeit erfasst die Klausel in ihrem gesamten Regelungsbereich, sodass auf die Variante einer Mindestvertragsdauer von 12 Monaten nicht mehr eingegangen werden muss. Das Antragsformular der Bekl (Klausel 11) steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der als unwirksam erkannten Klausel 10. Sie wird dadurch unvollständig und verstößt dadurch gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Klausel 14

„H***** behält sich ausdrücklich das Recht vor, Änderungen dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), der Clubordnung und Preisänderungen vorzunehmen. H***** wird das Mitglied rechtzeitig vor Wirksamwerden der Änderungen davon informieren. Die Verständigung kann auch per E-Mail erfolgen. Die Änderungen gelten als genehmigt, wenn das Mitglied ihnen nicht binnen vier Wochen ab Zugang schriftlich widerspricht. H***** wird das Mitglied gesondert darauf hinweisen, dass die Änderungen mangels rechtzeitigem Widerspruch als genehmigt gelten.“

Die Klausel ermöglicht es der Bekl, das Äquivalenzverhältnis von Leistungen und Gegenleistungen über eine Zustimmungsfiktion erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben. Damit kommen die Grundsätze der E 1 Ob 210/12g (= LN Rechtsnews 15153 vom 23. 5. 2013 = RdW 2013/704) auch hier zum Tragen.

Die Klausel widerspricht dem Transparenzgebot.

Sie ist auch gröblich benachteiligend und verstößt damit auch gegen § 879 Abs 3 ABGB.

Klausel 8

„Der Mitgliedsbeitrag ist mit einem Rabatt für Lastschriftzahler versehen. Sollte das Mitglied einen Einzug per Kreditkarte wünschen, wird eine monatliche Administrationsgebühr in Höhe von 5 € eingehoben.“

Nach § 27 Abs 6 ZaDiG darf der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsempfänger nicht verwehren, dem Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments eine Ermäßigung anzubieten. Die Erhebung von Entgelten im Fall der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments ist aber unzulässig (10 Ob 27/14i, JBl 2014, 655 [P. Bydlinski] = LN Rechtsnews 17681 vom 17. 7. 2014 = RdW 2014/632).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21193 vom 26.02.2016