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Verwendung eines Fotos – unwesentliches Beiwerk, Bildzitat?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UrhG: § 42e, § 42f

1. Eine zulässige Verwendung eines Lichtbildes als „unwesentliches Beiwerk“ iSd § 42e UrhG liegt dann vor, wenn das Beiwerk ein Gegenstand ist, dem noch weniger als geringe oder untergeordnete Bedeutung zukommt, wobei die Voraussetzungen dafür nicht überzogen werden dürfen, um der Ausnahmebestimmung nicht ihre Wirksamkeit zu rauben. Relevant ist der Äußerungszusammenhang. Von einer Unwesentlichkeit ist dann auszugehen, wenn das Werk weggelassen oder ausgetauscht werden kann, ohne dass die Gesamtwirkung des Hauptgegenstands beeinflusst wird.

Sobald ein Werk erkennbar stil- oder stimmungsbildend ist oder eine bestimmte Wirkung oder Aussage unterstreichend in den eigentlichen Gegenstand der Verwertung einbezogen wird, einen dramaturgischen Zweck erfüllt oder sonst charakteristisch ist, ist es nicht mehr unwesentliches Beiwerk.

2. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Lichtbildern als Bildzitat (§ 42f UrhG) ist, dass das in einem Bericht jeweils wiedergegebene Bild Zitat- und Belegfunktion hatte und nicht nur dazu diente, die Berichterstattung zu illustrieren, um so die Aufmerksamkeit der Leser auf den Bericht zu lenken.

OGH 26. 9. 2017, 4 Ob 81/17s

Ausgangsfall

Ein Berufsfotograf hatte das gegenständliche Lichtbild von P***** W***** angefertigt, der 1982 beim Wildern von Jägern erschossen wurde. Mit der Wahrnehmung seiner Leistungsschutzrechte an dem Lichtbild betraute er treuhändig den klagenden Verband.

Die Bekl betreibt einen österreichweit empfangbaren Privatfernsehsender. In einer Reportage über einen bekannten Soziologen wurde auch die Lebensgeschichte von P***** W***** behandelt; Thema war insb der noch aktuelle „Kampf um Gerechtigkeit“ seines Bruders (aus Sicht des Bruders war die Freiheitsstrafe des „Mörders“ von P***** W***** zu kurz bemessen). In dieser Sendung wurde das gegenständliche Lichtbild von P***** W***** mindestens 13 mal eingeblendet, ohne den Fotografen als Urheber zu nennen. Das Lichtbild ist als Aufdruck auf der Krawatte des Bruders, als Aufdruck auf Flugzetteln und im Hintergrund als eingerahmtes Familienfoto an der Wand des Esszimmers des Bruders zu sehen. Teilweise kommt das Bild in einer Szene auch mehrmals vor. Der Fotograf hat der Bekl bzw dem Bruder keine Werknutzungsrechte am Lichtbild übertragen.

Der Kl begehrte ua, der Bekl die Veröffentlichung des Lichtbilds – ohne Werknutzungsbewilligung und ohne Bezeichnung des Urhebers – zu untersagen.

Entscheidung

Kein „unwesentliches Beiwerk“ iSd § 42e UrhG

Im vorliegenden Fall kann nach Ansicht des OGH die Wiedergabe des Lichtbilds des Wilderers nicht als ein unwesentliches Beiwerk iSd § 42e UrhG beurteilt werden:

Das Lichtbild zeigt jene Person, um die sich der Beitrag im Wesentlichen dreht, und es wird absichtlich (wiederholt) in das Werk einbezogen, erfüllt darin einen dramaturgischen Zweck, unterstreicht die Wirkung bzw die Aussage des Beitrags und ist wohl auch stimmungsbildend.

Den Revisionsausführungen kann deshalb nicht darin zugestimmt werden, dass dem Zuschauer gar nicht auffallen würde, wenn auf der Krawatte, den Flugblättern oder im Bilderrahmen ein anderes Bild zu sehen wäre: Das Lichtbild des Wilderers ist vielmehr gerade nicht beliebig austauschbar, es wird weder zufällig, noch beiläufig verwendet und steht eindeutig auch in einem Bezug zum Thema der Reportage.

Kein zulässiges Bildzitat

Die Wiedergabe des Lichtbilds fällt nach Auffassung des OGH auch nicht unter das Zitatrecht nach § 42f UrhG:

Ein nach § 42f UrhG zulässiges Bildzitat muss erkennbar der Auseinandersetzung mit dem übernommenen Werk dienen, etwa als Beleg oder Hilfsmittel der eigenen Darstellung. Es muss eine innere Verbindung zwischen dem eigenen und dem fremden Werk hergestellt werden. Zu fragen ist immer, ob der Zitatzweck nicht auch anders gleichermaßen erreicht werden hätte können, zB durch Einholung einer Zustimmung des Rechteinhabers zur Übernahme des Schutzgegenstands oder durch dessen Darstellung mit eigenen Worten (vgl Mitterer/G. Korn in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 42f UrhG Rz 24 mwN).

Sofern sich der Nutzer darauf beruft, ist auch zu prüfen, ob die Verneinung der freien Werknutzung einem dringenden sozialen Bedürfnis iSd Judikatur des EGMR zur Notwendigkeit eines Eingriffs in die Meinungsäußerungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft dient. Dazu zählt nicht die bloße Befriedigung von Neugierde oder Sensationslust. So überwiegt etwa die bloße Illustrierung eines Berichts über einen Mordfall mit einem Bild ohne weitere (kritische) Auseinandersetzung mit dem Bild nicht das finanzielle Interesse des Fotografen, die Verwendung seines Lichtbilds abgegolten zu bekommen (4 Ob 105/03z = WRInfo 2003/235; Mitterer/G. Korn in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 42f UrhG Rz 15–16 mwN).

Nach Ansicht des OGH ist auch nach Einführung des § 42f UrhG an der bisherigen stRsp festzuhalten, wonach die Veröffentlichung von Lichtbildern als Bildzitat nur zulässig ist, wenn das Bild Zitat- und Belegfunktion hat und nicht nur dazu dient, die Berichterstattung zu illustrieren, um so die Aufmerksamkeit der Leser auf den Bericht zu lenken (RIS-Justiz RS0124069, 4 Ob 42/12y, Rechtsnews 13478). Diese Rsp wird durch § 42f UrhG noch untermauert.

Im vorliegenden Fall hatte die wiederholte Einblendung des Lichtbilds lediglich Illustrationsfunktion für die Berichterstattung. Eine Belegfunktion oder inhaltliche Auseinandersetzung ist nicht erkennbar.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24533 vom 21.11.2017