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VfGH: Aberkennung des subsidiären Schutzes nach einem Verbrechen

Bearbeiter: Barbara Tuma

AsylG 2005 § 9

Der VfGH hält seine ursprünglichen Bedenken nicht aufrecht (Aberkennung der subsidiären Schutzberechtigung nach rechtskräftiger Verurteilung wegen eines Verbrechens ohne jede weitere Differenzierung):

Dem Gesetzgeber ist nicht entgegenzutreten, wenn er zur Konkretisierung des Begriffs „schwere Straftat“ iSd Art 17 Abs 1 lit b Statusrichtlinie (RL 2004/83/EG) auf die Unterscheidung des österreichischen Rechts zwischen Vergehen und Verbrechen zurückgreift. Er bewegt sich damit innerhalb der grundlegenden Systematik der Einteilung von Straftaten nach der Schwere ihres Unrechtsgehalts, sodass angesichts dessen der Gesichtspunkt des Gebotes der Angemessenheit einer Sanktion zu den Umständen des Einzelfalls zurücktreten kann. Angesichts dessen, dass die Kategorie des Verbrechens definitionsgemäß mit strengeren Strafdrohungen bewehrt ist, liegt es im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers, daran auch zusätzliche nachteilige Rechtsfolgen zu knüpfen.

VfGH 8. 3. 2016, G 440/2015

Sachverhalt

Zum Prüfungsbeschluss VfGH 3. 7. 2015, U 32/2014 (G 371/2015), siehe LN Rechtsnews 19960 vom 30. 7. 2015.

Abgewiesen werden mit der vorliegenden Entscheidung mehrere verschiedene Aufhebungsanträge von VwGH und BVwG zu § 9 Abs 2 Z 3 AsylG 2005 bzw auch zu § 8 Abs 3a AsylG 2005.

Entscheidung

Zur Unterscheidung von Verbrechen und Vergehen hält der VfGH in seinen Entscheidungsgründen ua fest, dass mit dieser grundsätzlichen Unterscheidung in § 17 StGB „das besondere Gewicht der als Verbrechen geltenden Straftaten ihrer Art nach betont werden“ soll (Höpfel in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 17, Rz 1). Dementsprechend knüpfe die Rechtsordnung vielfach an diese Unterscheidung an, wodurch zum Teil zum Ausdruck komme, dass Vergehen nicht im gleichen Ausmaß verfolgungswert bzw strafwürdig sind wie Verbrechen (zB bei Vergehen etwa möglicher Entfall der Strafbarkeit bei Jugendstraftaten oder Zulässigkeit eines Abwesenheitsverfahrens; nur bei Verbrechen hingegen: Scheingeschäfte zur Aufklärung des Verbrechens [§ 132 StPO]; besonders eingriffsintensive Ermittlungsbefugnisse, die uU die Rechte Dritter gefährden [insb bestimmte Formen des Datenabgleichs oder Rasterfahndung]; lebensgefährdender Waffengebrauch gegen Menschen [§ 105 Abs 6 Z 3 StVG]).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21347 vom 25.03.2016