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VfGH: Anschaffungsnebenkosten – Abzugsverbot für Privatanleger

Bearbeiter: Birgit Bleyer / Bearbeiter: Barbara Tuma

EStG idF BGBl I 2010/111: § 27a Abs 4 Z 2

Gegen die Bestimmungen über ein Abzugsverbot von Anschaffungsnebenkosten für Wirtschaftsgüter und Derivate, die dem besonderen Steuersatz für Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen und die im Privatvermögen gehalten werden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Antrag des BFG auf Aufhebung des § 27a Abs 4 Z 2 EStG idF BGBl I 2010/111 als verfassungswidrig wird daher abgewiesen.

VfGH 14. 6. 2017, G 336/2016

Sachverhalt

Der Bf erklärte im Rahmen der Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 2013 ua (ausländische) Einkünfte aus Kapitalvermögen iHv € 8.326,65 und setzte ua auch Anschaffungsnebenkosten einkünftemindernd an (Wertpapiertransaktionskosten iHv € 1.052,52).

Diese Anschaffungsnebenkosten wurde vom zuständigen Finanzamt unter Verweis auf § 27a Abs 4 Z 2 EStG nicht anerkannt.

Anmerkung:

§ 27a Abs 4 Z 2 EStG lautet in der hier geprüften Fassung BGBl I 2010/111:

„Bei Wirtschaftsgütern und Derivaten, auf deren Erträge der besondere Steuersatz gem Abs 1 anwendbar ist, sind die Anschaffungskosten ohne Anschaffungsnebenkosten anzusetzen. Dies gilt nicht für in einem Betriebsvermögen gehaltene Wirtschaftsgüter und Derivate.“

Die derzeit geltende Fassung BGBl I 2015/163 unterscheidet sich davon nur darin, dass im ersten Satz auf Wirtschaftsgüter und Derivate Bezug genommen wird, „auf deren Erträge ein besonderer Steuersatz gem Abs 1 anwendbar ist“. Seit dem StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118, ARD 6462/8/2015, sieht § 27a Abs 1 EStG nämlich zwei besondere Steuersätze vor: Der schon davor geltende besondere Steuersatz von 25 % wurde damals für Einkünfte aus Geldeinlagen und nicht verbrieften sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten beibehalten und für alle anderen Einkünfte aus Kapitalvermögen wurde ab 2016 ein besonderer Steuersatz iHv 27,5 % eingeführt.

Entscheidung

§ 20 Abs 2 EStG und Endbesteuerungsgesetz

Anschaffungsnebenkosten sind Aufwendungen, die in einem unmittelbaren zeitlichen und kausalen Zusammenhang mit der Anschaffung des Wirtschaftsguts stehen (vgl etwa Doralt/Mayr, EStG13 § 6 Tz 69). Hierzu rechnen etwa die iZm dem Erwerb einer Kapitalanlage aufzuwendenden Handelsgebühren (trading fees) und Vertragserrichtungskosten (vgl die Erläuterungen zur RV 981 BlgNR 24. GP, 123).

§ 20 Abs 2 EStG ordnet für Einkünfte, auf die der besondere Steuersatz gem § 27a Abs 1 EStG anwendbar ist, ein Abzugsverbot für Aufwendungen und Ausgaben an, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit solchen Einkünften stehen.

Dieses Abzugsverbot findet seine verfassungsrechtliche Absicherung in § 2 Abs 1 Endbesteuerungsgesetz (EBG; BGBl 1993/11 idF BGBl I 2015/118). Mit BGBl I 2015/103 hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtliche Absicherung des Abzugsverbots auch für Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und Derivaten verankert, indem er den in § 1 EBG enthaltenen Auftrag zur Endbesteuerung durch Erweiterung des Abs 1 um eine lit g und eine lit h entsprechend auf diese Einkünfte erstreckt hat. Dies gilt gem der mit BGBl I 2015/103 in § 1 Abs 2 EBG eingefügten Z 3 für die in lit g und lit h angeführten Einkünfte, soweit die Steuerschuld ab 1. 4. 2012 entstanden ist.

Gleichbehandlung Anschaffungs-/Veräußerungskosten

Vor diesem Hintergrund kann dem einfachen Bundesgesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er für Aufwendungen, die wegen ihres Charakters als Anschaffungsnebenkosten zu den Anschaffungskosten der Kapitalanlage rechnen und daher bei Ermittlung der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen und Derivaten nicht unter das Abzugsverbot des § 20 Abs 2 EStG fallen, durch die Regelung in § 27a Abs 4 Z 2 erster Satz EStG sicherstellt, dass diese Aufwendungen nicht abzugsfähig sind:

Aus dem im Endbesteuerungsgesetz angeordneten Abzugsverbot für Aufwendungen kann nicht abgeleitet werden, dass vom EBG nicht erfasste Aufwendungen abzugsfähig sein müssten. Vielmehr ist der einfache Gesetzgeber aus Gründen der Gleichbehandlung berechtigt, das im Endbesteuerungsgesetz vorgesehene Abzugsverbot auf Sachverhalte zu erstrecken, die nicht unter das EBG fallen.

Solche Gründe liegen vor: Bei Einkünften gem § 27 Abs 3 und 4 EStG 1988 findet die Erzielung der Einkünfte durch einen einmaligen Realisierungsakt, nämlich im Regelfall durch Veräußerung statt. Als Werbungskosten kommen hiebei primär solche Aufwendungen in Betracht, die durch den Realisierungsakt veranlasst sind. Dazu rechnen sämtliche Spesen und Gebühren, die für die Vornahme des Realisierungsaktes anfallen, wie etwa die Kommissionsgebühren des Finanzdienstleisters selbst oder (Teil-)Ausführungs- und Handelsgebühren des jeweiligen Handelsplatzes (vgl Vock in Jakom, EStG10, 2017, § 20 Rz 93). Diese Aufwendungen unterliegen dem verfassungsrechtlich abgesicherten Abzugsverbot.

Eben solche Aufwendungen fallen aber auch regelmäßig bei der Anschaffung einer Kapitalanlage an und rechnen zu den Anschaffungsnebenkosten (vgl Marschner in Jakom, EStG10, 2017, § 27a Rz 33). Die wirtschaftliche Gleichwertigkeit der bei Veräußerungen und Anschaffungen anfallenden Aufwendungen rechtfertigt es, das Abzugsverbot für Werbungskosten anlässlich der Veräußerung durch eine Regelung zu ergänzen, die den Ansatz solcher Aufwendungen als Anschaffungsnebenkosten ausschließt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23956 vom 31.07.2017