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VfGH: „Duldung“ von Fremden nach FPG

FPG § 46a

Gemäß § 46a Abs 1a FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet geduldet, wenn die Behörde von Amts wegen feststellt, dass die Abschiebung des Betroffenen aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist (und nicht nach einer zurückweisenden Entscheidung gem § 5 AsylG 2005 eine Zuständigkeit eines anderen Staates weiterhin besteht).

Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des VfGH haben sich nicht als begründet erwiesen. Der VfGH hat daher ausgesprochen, dass § 46a Abs 1a FPG, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2011/38, nicht verfassungswidrig war.

OGH 9. 12. 2014, G 160-162/2014

Entscheidung:

Ausreichender Rechtsschutz

Nach Ansicht des VfGH lässt sich aus der Genese des § 46a Abs 1a FPG ableiten, dass eine Duldung gem § 46a Abs 1a FPG bereits ex lege mit dem Vorliegen der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung und nicht erst mit deren behördlicher Feststellung eintritt.

Der VfGH stimmt der Bundesregierung zu, dass die behördliche Pflicht zur Ausstellung einer Karte für Geduldete „auch dem Schutz der Interessen spezifischer Einzelpersonen“ dient, weshalb der Verpflichtung der Behörde zur Ausstellung dieser Karte (arg „hat“ gegenüber dem früheren „kann“) ein entsprechendes Recht eines Fremden gegenübersteht, so der VfGH. Dieses subjektive öffentliche Recht begründet - so der VfGH weiters - iVm § 8 AVG die Parteistellung des Fremden in einem Verfahren über die Ausstellung der Karte - und damit einen Anspruch auf eine meritorische Entscheidung über dieses Recht, aus dem sich wieder ein Antragsrecht auf Ausstellung der Karte ergibt (vgl VwGH 28 .8. 2014, 2013/21/0218).

Im Zuge des Verfahrens über die Ausstellung dieser Karte habe die Behörde zu prüfen, ob der Sachverhalt einer Duldung eingetreten ist, dh ob die Abschiebung aus tatsächlichen, nicht vom Antragsteller zu vertretenden Gründen iSv §46a Abs1a FPG wegen des Erfordernisses der Ausstellung eines Heimreisezertifikates in absehbarer Zeit unmöglich ist. Ist dies der Fall, habe die Behörde die Karte für Geduldete auszustellen, ist die Duldung hingegen nicht eingetreten, etwa weil der Fremde Vereitelungshandlungen setzt, hat sie einen abweisenden Bescheid zu erlassen.

Da das Vorliegen tatsächlicher Hindernisse und die entsprechende Feststellung gem §46a Abs1a FPG sohin eine Tatbestandsvoraussetzung zur Ausstellung einer Karte für Geduldete gem § 46a Abs 2 FPG bilden, so ergibt sich - so der VfGH - daraus aber auch dass gegen einen solchen Bescheid in einem nachfolgenden Rechtsmittelverfahren nach der hier maßgeblichen Rechtslage vor dem 1. 1. 2014 vor dem VwGH für den Fremden ausreichender Rechtsschutz bestanden hat. Die „Feststellung der Duldung“ erweise sich bei diesem Gesetzesverständnis als Darlegung der Ergebnisse des diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens im Rahmen der Tatsachenfeststellungen in der Bescheidbegründung der Behörde.

Keine Verfassungswidrigkeit

Vor dem Hintergrund eines solchen Verständnisses der Norm vermochte der VfGH seine Bedenken weder hinsichtlich des Rechtsstaatsprinzips noch hinsichtlich des Gleichheitssatzes aufrechtzuerhalten und begründete dies folgendermaßen:

„Der Eintritt der Duldung ist nämlich als Tatbestandselement für die Ausstellung der Karte im Rechtsmittelweg überprüfbar. Da die Duldung ex lege eintritt, wenn eine (freiwillige) Ausreise nicht möglich ist und tatsächliche, vom Fremden nicht zu vertretende Gründe eine Abschiebung verhindern, ist der Fremde, sofern er gehörig mitwirkt bzw mit der Behörde zusammenarbeitet (vgl § 46a Abs 1b FPG), jedenfalls solange geduldet, bis ein Heimreisezertifikat (Ersatzreisedokument) ausgestellt wurde oder einer der in § 46a Abs 1b FPG beschriebenen Fälle eintritt. Damit ist hinreichend genau bestimmt, ob und wann eine Duldung eintritt. Auch das Bedenken des VfGH, dass diese Aspekte nicht ausreichend genau gesetzlich determiniert seien, ist damit zerstreut.“

Der VfGH sprach weiters aus, es dass bei einem ex lege Eintritt der Rechtsfolge der Duldung aber auch zu keiner willkürlichen Bildung unterschiedlich behandelter Gruppen von Fremden durch bloße Untätigkeit der Behörde kommen kann.

Hinweis:

Von der geprüften Fassung des § 46a Abs 1a FPG unterscheidet sich die derzeit geltende Fassung nur dadurch, dass mit 1. 1. 2014 durch BGBl I 2012/87 die Wortfolge „die Behörde“ durch die Wortfolge „das Bundesamt“ bzw die Wortfolge „von der Behörde“ durch die Wortfolge „vom Bundesamt“ ersetzt wurde.

Bearbeiterin: Sabine Kriwanek

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 18718 vom 08.01.2015