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VfGH: „GmbH light“ - mehrmalige Änderung des Mindeststammkapitals zulässig

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

B-VG Art 7

GmbHG: § 6, § 10, § 54,§ 127

StGG Art 2

Nachdem mit dem GesRÄG 2013 (BGBl I 2013/109) die „GmbH-light“ eingeführt worden war (Senkung des Mindeststammkapitals auf 10.000 € ab 1. 7. 2013; vgl §§ 6, 10 und 54 GmbHG), wurden diese herabgesetzten Beträge mit dem AbgÄG 2014 (BGBl I 2014/13) mit Wirksamkeit 1. 3. 2014 wieder auf die Beträge vor dem GesRÄG 2013 hinaufgesetzt; das Mindeststammkapital beträgt seither wieder 35.000 €. Überdies wurde mit dem AbgÄG 2014 § 10b GmbHG eingeführt („Gründungsprivilegierung“). Es gibt somit drei Arten von GmbH, für die je nach Gründungsdatum unterschiedliche Kapitalerfordernisse gelten. Dies verstößt nac Ansicht des VfGH nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass der Gesetzgeber die Regelungen über das Mindeststammkapital der GmbH (zwei Mal) ändert, solange die jeweiligen Regelungen in sich sachlich sind und auch keinen sonstigen Verstoß gegen den Gleichheitssatz bewirken (wie zB gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes). Der VfGH hat somit keine gleichheitsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen des § 6 Abs 1 und § 10 Abs 1 GmbHG, obwohl diese Bestimmungen in einem kurzen Zeitraum zwei Mal geändert wurden.

Der VfGH hat auch keine Bedenken dagegen, wenn der Gesetzgeber zur Förderung der GmbH-Gründung das Mindeststammkapital vorübergehend niedriger ansetzt und so den Gläubigerschutzaspekt in den Hintergrund treten lässt. Da der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes auch nicht gehalten ist, eine Gründungsprivilegierung für „Altgesellschaften“ vorzusehen (dh Gesellschaften, die vor dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 gegründet wurden), hat der Gesetzgeber im konkreten Fall den ihm zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

VfGH 14. 3. 2017, G 311/2016

Zum (3.) Prüfungsantrag OGH 20. 7. 2016, 6 Ob 74/16z, RdW 2016/545.

Hinweis: Denselben Sachverhalt betrafen schon der erste Prüfungsantrag (OGH 9. 10. 2014, 6 Ob 111/14p, RdW 2014/710) und der zweite Prüfungsantrag (OGH 31. 8. 2015, 6 Ob 147/15h, RdW 2015/646); beide wurden vom VfGH wegen unzulässigen Anfechtungsumfangs bzw fehlender Präjudizialität zurückgewiesen (VfGH 19. 6. 2015, G 211/2014, RdW 2015/580, bzw VfGH 25. 2. 2016, G 495/2015, RdW 2016/312).

Auch der vorliegende Aufhebungsantrag des OGH war im Wesentlichen gleich begründet wie die beiden vorhergehenden Anträge und wurde vom VfGH teilweise wegen fehlender Präjudizialität zurückgewiesen. Betr § 6 Abs 1 und § 10 Abs 1 GmbHG hat der VfGH den Antrag abgewiesen.

Entscheidung

In seinen Entscheidungsgründen hält der VfGH ua fest, dass er grds nicht zu beurteilen hat, ob die Vorgangsweise des Gesetzgebers zweckmäßig oder rechtspolitisch sinnvoll ist, und dass er einen Verstoß der (zulässigerweise) angefochtenen Bestimmungen gegen den Gleichheitssatz - wie vom antragstellenden OGH behauptet - nicht erkennen kann.

Hinsichtlich des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers verweist der VfGH auf seine Rsp, wonach grundsätzlich auch eine Änderung von Rechten zulasten der Betroffenen erlaubt ist, sofern es sich nicht um schwerwiegende und plötzlich eintretende Eingriffe in Rechtspositionen handelt, auf die die Betroffenen vertrauen durften (zB VfSlg 11.309/1987, 18.010/2006; VfGH 25.2.2016, G 495/2015). Im konkreten Fall geht es nicht um einen Eingriff in Rechtspositionen der Eigentümer jener GmbH, die vor dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 gegründet wurden (und keinen Antrag auf Herabsetzung des Mindeststammkapitals auf € 10.000,- stellten), sondern um die unterschiedliche Behandlung von Gesellschaften, die vor bzw nach dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013gegründet wurden. Da der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht gehalten ist, eine Gründungsprivilegierung auch für „Altgesellschaften“ vorzusehen (dh für Gesellschaften, die vor dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 gegründet wurden), hat er im konkreten Fall den ihm zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23376 vom 04.04.2017