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Vorgezogener Arbeitsbeginn am Montag – Anspruch auf Ersatzruhe?

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

ARG § 6 Abs 1

Ein Anspruch auf Ersatzruhe entsteht dann, wenn innerhalb von 36 Stunden vor dem Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche während der wöchentlichen Ruhezeit eine Arbeitsleistung erbracht wird. Die Arbeitswoche iSd § 6 ARG beginnt nicht am Montag um null Uhr, sondern mit der Wiederaufnahme der Arbeit nach Ende der vorgesehenen Wochenruhezeit. Auf den tatsächlichen (und nicht den vorgesehenen) Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche ist nur dann abzustellen, wenn es zu einer generellen (wenn auch letztlich nur vorübergehenden) Festsetzung des Arbeitsbeginns kommt. Hat der Arbeitnehmer aber nur ausnahmsweise zweimal am Montag 1,5 Stunden vor seinem üblichen Dienstbeginn mit der Arbeit begonnen (hier: wegen dringender Inspektionsarbeiten ausnahmsweise um 5:30 Uhr statt wie üblicherweise um 7:00 Uhr), ist ihm für diese Arbeitsleistungen eine Ersatzruhe von insgesamt 3 Stunden zu gewähren.

OGH 18. 12. 2014, 9 ObA 123/14z

Sachverhalt

Im Betrieb des beklagten Arbeitgebers kommt eine Betriebsvereinbarung zur Anwendung, die den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit, die Dauer und Lage der Arbeitspausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage regelt. Für den Kläger, der in der Normalschicht tätig ist, ist der Arbeitsbeginn mit 7:00 Uhr und das Arbeitsende mit 15:30 Uhr sowie eine unbezahlte Arbeitspause von 12:00 Uhr bis 12:30 Uhr festgelegt. Arbeitstage sind Montag bis Freitag, Samstage und Sonntage sind dienstfrei.

Am Montag, dem 4. 3. 2013, und am Montag, dem 11. 3. 2013, hatte der Kläger außertourlich von jeweils 5:30 Uhr bis 7:00 Uhr dringende Inspektionsarbeiten zu verrichten. Für diese Arbeiten gewährte der Arbeitgeber dem Kläger keine Ersatzruhe.

Über die dagegen erhobene Klage verpflichtete das BerufungsG den Arbeitgeber, dem Kläger für die vorgenannten Arbeitsleistungen insgesamt drei Stunden Ersatzruhe zu gewähren.

Entscheidung

Der Arbeitgeber behauptete hier nicht, dass es an diesen beiden Tagen zu einer allgemeinen Vorverlegung des Arbeitsbeginns gekommen wäre, also zu einer generellen Verschiebung der Normalarbeitszeit. Er vertrat aber den Standpunkt, dass die gesetzliche Dauer der Wochenendruhe von mindestens 36 Stunden beim Kläger nicht unterschritten worden sei; der in § 6 Abs 1 letzter Satz ARG festgelegte Zeitraum von 36 Stunden sei vom außertourlich vorverlegten Arbeitsbeginn im Einzelfall zurückzurechnen.

Diese Rechtsansicht hat der OGH aber bereits in der Entscheidung OGH 28. 8. 1991, 9 ObA 164/91, ARD 4307/8/91, abgelehnt und auch in der Entscheidung OGH 30. 7. 2007, 8 ObA 96/06k, ARD 5803/1/2007, der – vergleichbar mit dem hier vorliegenden Fall – Arbeiten zur Abdeckung eines außergewöhnlichen Bedarfs zu Grunde lagen, wurde mangels Änderung des vorgesehenen planmäßigen Arbeitsbeginns auf das Ende der vorgesehenen Wochenruhezeit abgestellt.

Daran hält der OGH auch im vorliegenden Fall fest.

Der „Zwei-Zeitkreise-Theorie“ von Schrank (Arbeitszeitgesetze2 § 6 ARG Rz 11) hält der OGH hier weiters entgegen, dass der Gesetzgeber mit dem in § 6 Abs 1 erster Satz ARG enthaltenen Klammerausdruck (§ 2 Abs 1 Z 3 ARG) lediglich auf die Definition des Begriffs der wöchentlichen Ruhezeit (so auch die Überschrift zu § 2 ARG) verwiesen hat – zu verstehen nämlich sowohl als Wochenendruhe als auch als Wochenruhe. Da die gesetzliche Dauer der Wochenendruhe (§ 3 Abs 1 ARG) und der Wochenruhe (§ 4 ARG) auch nach Schrank (aaO § 3 ARG Rz 12 und § 4 ARG Rz 5) nur als Mindestmaß anzusehen sei, das nicht unterschritten, aber selbstverständlich überschritten werden dürfe, löse der Eingriff in die individuell vorgesehene Wochenendruhe oder Wochenruhe – mag diese auch mehr als 36 Stunden betragen – einen Ersatzruheanspruch nach § 6 Abs 1 ARG aus, wenn dieser Eingriff in den letzten 36 Stunden vor dem vorgesehenen Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche erfolgt ist.

Nur dieses Ergebnis werde dem im ARG erkennbaren Ziel des Gesetzgebers gerecht, den Arbeitnehmer vor beliebigen Verschiebungen der Arbeits- und Ruhezeiten zu schützen. Auch Schrank (aaO § 6 ARG Rz 1) betone zu Recht vor allem den vorbeugenden Zweck der Ersatzruheregelung.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19078 vom 04.03.2015