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VwGH: Einkünftezurechnung bei slowakischer Komanditná Spoločnost mit österreichischen Gesellschaftern

Bearbeiter: Christian Knotzer

EStG: § 94 Z 2

EStG idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012: § 31 Abs 2

DBA Slowakei: Art 5, Art 7, Art 13 Abs 4

Abstract

Der VwGH hatte sich in vorliegendem Sachverhalt mit Zweifelsfragen iZm einer Beteiligung an einer slowakischen Komanditná Spoločnost (hier in der Folge: S KG), die ihrerseits selbst an einer österreichischen Gesellschaft beteiligt ist, zu beschäftigen. Zwischen der Beteiligung und einer Betriebsstätte in der Slowakei muss ein funktionaler Zusammenhang bestehen, damit diese der Betriebsstätte zugerechnet werden kann. Für die an die S KG ausgeschütteten Dividenden darf iSd Mutter-Tochter Richtlinie keine KESt einbehalten werden. Dies ändert jedoch letztlich nichts an der Zurechnung und Besteuerung bei der österreichischen Gesellschafterin.

VwGH 15. 10. 2020, Ro 2019/13/0007-4

Sachverhalt

Die in Österreich ansässige RevW, eine natürliche Person, war zu 94 % an der ebenfalls in Österreich ansässigen Holding X GmbH beteiligt. Diese Beteiligung brachte sie im Jahr 2007 in eine slowakische Komanditná Spoločnost (mit einer österreichischen GmbH & Co KG vergleichbar) ein und beantragte die Nichtfestsetzung der durch den (angeblichen) Verlust des österreichischen Besteuerungsrechts entstehenden Steuerschuld (§ 31 Abs 2 EStG idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012). An der S KG war eine Komplementär-GmbH, deren einzige Gesellschafterin die RevW war, sowie die RevW selbst als Kommanditistin beteiligt. Nur die RevW war am Gewinn oder Verlust und Vermögen der S KG beteiligt. Im Jahr 2014 veräußerte die X GmbH ihre einzige werthaltige Beteiligung und schaffte in der Folge Wertpapiere an, die sie im Rahmen einer Sachausschüttung an die S KG übertrug. Zusätzlich schüttete sie im Zeitraum von 2009 bis 2015 regelmäßig hohe Beträge an die S KG aus, wofür ein KESt-Abzug jeweils unterblieb. Das Finanzamt verneinte einen funktionalen Zusammenhang zwischen der Beteiligung an der X GmbH sowie den Wertpapieren und der (operativen) Tätigkeit der S KG. Eine Zurechnung zu einer slowakischen Betriebsstätte schied daher aus. Die Einkünfte aus der Beteiligung und den Wertpapieren wurden in den streitgegenständlichen Jahren 2007 bis 2016 bei der RevW der ESt unterworfen, wogegen sich die Beschwerde richtete. Das BFG folgte jedoch der Ansicht des Finanzamts. In der (ordentlichen) Revision an den VwGH wurde vorgebracht, die Beteiligung sei für die S KG notwendig, um eine hohe Bonität und dadurch die rasche Finanzierung von Liegenschaftskäufen sicherzustellen. Weiters sei der Einkommensteuerbescheid 2007 rechtswidrig, da in diesem über den Antrag zur Nichtfestsetzung der Steuerschuld nicht abgesprochen wurde. Zudem würde eine Besteuerung im Veranlagungswege der Mutter-Tochter-Richtlinie entgegenstehen, da eine Komanditná Spoločnost unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH wies die Revision der Stpfl als unbegründet ab. Allein der Umstand, dass eine Beteiligung in die Bücher der Gesellschaft (S KG) aufgenommen wird und das Betriebsstättenvermögen mehrt oder stärkt, kann – „bei der abkommensrechtlich gebotenen Betrachtung aus österreichischer Sicht“ – für die Annahme der tatsächlichen Zugehörigkeit zu einer Betriebsstätte nicht ausreichen. Auch für die übertragenen Wertpapiere kann nichts anderes gelten. Der VwGH folgt somit der Feststellung des BFG, wonach kein funktionaler Zusammenhang zwischen der Beteiligung an der X GmbH oder den Wertpapieren und einer Betriebsstätte in der Slowakei besteht.

Hinsichtlich der Zurechnung der Einkünfte äußerte sich der VwGH wie folgt: Weder das DBA Slowakei noch die Mutter-Tochter-Richtlinie normieren, wem Einkünfte zuzurechnen sind. Das österreichische Einkommensteuerrecht normiert daher selbständig die Zurechnung der Einkünfte. Aus österreichischer Sicht ist die S KG als transparent anzusehen. Da die Beteiligung an der X GmbH also der RevW zugerechnet wird und auch nicht slowakisches Betriebsstättenvermögen darstellt, verlor Österreich durch Einbringung in die S KG 2007 nicht das Besteuerungsrecht. Einkünfte aus der Veräußerung der Beteiligung dürfen nämlich (mangels Betriebsstätte) gem Art 13 Abs 4 DBA Slowakei nur in jenem Vertragsstaat besteuert werden, in welchem der Veräußerer ansässig ist. Der Anwendungsbereich des § 31 Abs 2 EStG (idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012) war zum streitgegenständlichen Zeitpunkt daher nicht eröffnet. Es war daher auch nicht über eine nicht festzusetzende Steuerschuld abzusprechen.

Die letztlich der RevW im Veranlagungsweg vorgeschriebene Steuer für die Dividenden der X GmbH der Jahre 2009 bis 2015 ist auch nicht als unzulässige Quellensteuer iSd Mutter-Tochter Richtlinie zu qualifizieren. Zurecht wurde zwar zunächst von der X GmbH gem § 94 Z 2 EStG (bzw vor 1. April 2012 § 94a EStG) keine KESt für die Ausschüttungen an die S KG einbehalten. Die Einkünfte aus der Beteiligung (und den Wertpapieren) sind aus österreichischer Sicht aber dennoch der RevW zuzurechnen. Eine Besteuerung der RevW, als natürliche Person, kann nicht mit der Mutter-Tochter-Richtlinie in Widerspruch stehen, da diese (nur) die Besteuerungsfolgen zwischen Körperschaften regelt.

Conclusio

Da eine Komanditná Spoločnost in Österreich als transparent zu behandeln ist, sind die entsprechenden Einkünfte den Gesellschaftern zuzurechnen. Im vorliegenden Fall geht der VwGH (ohne nähere Begründung) von der Anwendbarkeit des Art 7 DBA Slowakei aus, verneint jedoch die Zugehörigkeit der Beteiligung an der österreichischen X GmbH und der Wertpapiere zu einer slowakischen Betriebsstätte der österreichischen Gesellschafterin. Der Umstand, dass die Komanditná Spoločnost eine Gesellschaft iSd Art 2 Mutter-Tochter-Richtlinie ist und daher bei Ausschüttungen der österreichischen X GmbH an die Komanditná Spoločnost keine KESt einbehalten werden darf, ändert an der Zurechnung und Besteuerung nichts. Das Erkenntnis steht in Einklang mit der bisherigen Rsp des VwGH (siehe zB VwGH 18. 10. 2006, 2003/13/0052 oder 18. 10. 2017, Ro 2016/13/0014) und des BFG (siehe zB BFG 6. 7. 2020, RV7101779/2017).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30158 vom 23.12.2020