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Webshop – Informationspflichten im Warenkorb

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

FAGG: § 4, § 8

KSchG: § 28a

Werden Fernabsatzverträge über Webseiten abgeschlossen, muss der Unternehmer den Verbraucher unmittelbar vor dessen Vertragserklärung über die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung zu informieren (§ 8 Abs 1 FAGG iVm § 4 Abs 1 Z 1 FAGG).

Nach § 8 Abs 1 FAGG ist keine umfassende Darstellung aller Eigenschaften der Ware oder der Dienstleistung erforderlich (ErläutRV 89 BlgNR 25. GP 31). § 8 Abs 1 FAGG verpflichtet nicht zur Verdoppelung der Information nach § 4 Abs 1 FAGG. Dem Verbraucher muss aber unmittelbar vor Abgabe einer Vertragserklärung ermöglicht werden, die wesentlichen Punkte auf einen Blick zu erfassen. Insoweit führt die Pflicht des § 8 Abs 1 FAGG zu einer nochmaligen, gesonderten Information. Diese besteht darin, dass der Unternehmer jene Produkteigenschaften herausdestilliert, die für den Verbraucher im Zeitpunkt unmittelbar vor der Bestellung wirklich relevant sind. So ist etwa (generell) auf die Produktbezeichnung und (insb bei einem Möbelstück) auf die Dimensionen und das Material der Ware hinzuweisen.

Unabhängig von der Frage, ob § 8 Abs 1 FAGG überhaupt durch eine Verlinkung auf die wesentlichen Produktinformationen entsprochen werden kann, kann der Informationspflicht jedenfalls nicht mit einem Hypertextlink im „Warenkorb“ zu einer Informationsseite mit allen Produktdetails entsprochen werden, weil das Gesetz in dieser letzten Phase des Bestellvorgangs gerade eine umfassende Darstellung aller Eigenschaften der Ware verhindern will.

OGH 23. 1. 2018, 4 Ob 5/18s

Entscheidung

Wesentliche Eigenschaft

Bei einem elektronisch geschlossenen Fernabsatzvertrag hat der Unternehmer den Verbraucher, „unmittelbar bevor dieser seine Vertragserklärung abgibt“, gem § 8 Abs 1 FAGG klar und in hervorgehobener Weise auf bestimmte Informationen hinzuweisen; § 8 Abs 1 FAGG verweist dabei (ua) auf § 4 Abs 1 Z 1 FAGG, wonach ein Verbraucher über die „wesentlichen Eigenschaften“ der Ware informiert werden muss.

Die Wesentlichkeit einer Eigenschaft iSd § 4 Abs 1 Z 1 FAGG muss sich danach richten, ob sie in typisierter Betrachtung die Entscheidung eines Verbrauchers beeinflussen wird. Insofern muss der Verbraucher klar erkennen können, ob die Ware oder Dienstleistungen seinen Bedürfnissen entspricht oder andere Angebote für ihn vorteilhafter wären (Tamm in VuR 2014, 10 mwN). Aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt, dass zu den Produktmerkmalen auch diejenigen Informationen gehören, die die Einsetzbarkeit der Ware und ihre Brauchbarkeit für den konkreten Verbraucher betreffen. Von der Informationspflicht sind auch diejenigen Angaben erfasst, die die Vergleichbarkeit der Ware/Leistung mit einem Konkurrenzprodukt ermöglichen, was insb leistungsbestimmende Merkmale betrifft (Tamm, VuR 2014, 10).

Als Beispiel für wesentliche Eigenschaften führen Dehn bei Kleidung „Größe, Farbe, Material, Waschbarkeit“ (Dehn in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 4 FAGG Rz 8) und Tamm für Computerdrucker die Information an, „wie viel Blatt Papier ein Drucker pro Minute druckt“ (Tamm, VuR 2014, 10). Ähnlich argumentieren auch Kolba/Leupold (Das neue Verbraucherrecht, § 4 FAGG Rz 129 mwN), Leupold (in Kosesnik-Wehrle, KSchG4 § 4 FAGG Rz 6 mwN) und Kletečka/Kronthaler, ÖJZ 2018/2, 13 („Größe oder Menge“). Das Oberlandesgericht Hamburg ging bei einem Sonnenschirm davon aus, dass „neben den Maßen, Form und Farbe auch das Material des Bezugsstoffs, das Material des Gestells sowie das Gewicht“ zu den wesentlichen Merkmalen gehöre (OLG Hamburg MMR 2014, 818).

Auch die hier in Rede stehenden Angaben, etwa über die Größe und das Material der Möbel, sowie ganz allgemein die Produktbezeichnung (zB elektronischer Geräte) sind wesentliche Eigenschaften nach § 4 Abs 1 Z 1 FAGG, auf die nach § 8 Abs 1 FAGG hinzuweisen ist.

„Warenkorb“ – Lichtbild

Die bekl P beruft sich ua darauf, dass dem Kunden vor Abgabe einer bindenden Erklärung eine Artikelansicht im „Warenkorb“ ihres Onlineshops präsentiert werde, die den Anforderungen des § 8 Abs 1 FAGG ohnedies entspreche. Durch Anklicken des Lichtbildes hätten die Kunden zusätzlich die Möglichkeit, direkt zur (damit verlinkten) „Artikeldetailseite“ zu gelangen; auch eine solche Verlinkung sei eine Möglichkeit, die nach § 8 Abs 1 iVm § 4 Abs 1 Z 1 FAGG geschuldeten Informationen zu erteilen. Außerdem sei der Vorgang, sich über die Waren im Onlineshop zu informieren, die Ware auszusuchen und sie in den virtuellen „Warenkorb“ zu legen, ein einheitlicher Lebensvorgang; zwischen diesen Informationsschritten lägen regelmäßig nur wenige Sekunden. Es sei nicht anzunehmen, dass ein durchschnittlich verständiger Verbraucher die Information in einem so kurzen Zeitraum vergesse.

Damit zeigt die bekl P allerdings nicht auf, dass sie die Anforderungen an die Unmittelbarkeit erfüllt:

Schon die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass die knappen und unvollständigen Angaben im „Warenkorb“ den gesetzlichen Anforderungen nicht genügen.

Auch der pauschale Hinweis im Rechtsmittel, dass bereits ein Lichtbild im „Warenkorb“ allein geeignet sei, den Verbraucher über (alle) wesentlichen Eigenschaften zu informieren, überzeugt den OGH nicht: Abbildungen können den Unternehmer durchaus unterstützen, seiner Hinweispflicht nachzukommen (vgl Kletečka/Kronthaler, ÖJZ 2018/2, 12 bezüglich der getroffenen Farbauswahl). Sie sind aber nicht geeignet, die erforderlichen Informationen, insb zum Material und zur Größe eines Produkts, zu ersetzen.

„Warenkorb“ – Verlinkung zu Produktdetails

Auch mit der Möglichkeit, sich vor der endgültigen Bestellung über Anklicken des Lichtbildes der ausgewählten Ware auf die „Artikeldetailseite hinzuklicken“, wird das in § 8 Abs 1 FAGG geforderte Element der Unmittelbarkeit im Anlassfall nicht erfüllt:

§ 8 Abs 1 FAGG stellt darauf ab, dass die nötigen Hinweise unmittelbar vor der Abgabe der Vertragserklärung zu erfolgen haben. Es reicht demnach nicht aus, dass einem Verbraucher die Detailinformationen (irgendwann) während seines Besuchs im Webshop der bekl P bekannt wurden. Anderenfalls ließe sich nicht erklären, weshalb das Gesetz neben der allgemeinen Informationspflicht des § 4 FAGG eine besondere (und zusätzliche) Hinweispflicht in § 8 Abs 1 FAGG normiert und dabei deren Unmittelbarkeit (bezogen auf die Vertragserklärung) in den Mittelpunkt stellt. Auch die bekl P erkennt den unterschiedlichen Umfang der Informationspflichten, verweist sie doch in ihrem Rechtsmittel darauf, dass im letzten Bestellschritt zur Vermeidung eines „Informations-Overkills“ (nur) die wichtigsten Informationen nochmals besonders herauszustellen seien.

Der Hinweis im Rechtsmittel, dass auch ein Hypertextlink im „Warenkorb“ auf die Produktinformationen zulässig sein soll, verfängt jedenfalls im Anlassfall nicht: Mit dem Zugang zu allen Produktdetails kann der Informationspflicht nach § 8 Abs 1 FAGG nicht entsprochen werden, weil das Gesetz in dieser letzten Phase des Bestellvorgangs gerade eine umfassende Darstellung aller Eigenschaften der Ware verhindern will.

Nicht verfahrensrelevant und daher nicht zu prüfen war hier daher, ob den Voraussetzungen des Art 8 Abs 2 RL 2011/83/EU (Verbraucherrechte-RL; § 8 Abs 1 FAGG) überhaupt durch eine Verlinkung entsprochen werden kann, was von der herrschenden Meinung in Österreich und in Deutschland abgelehnt wird (vgl Hammerl in Kosesnik-Wehrle, KSchG4 § 8 FAGG Rz 5; Illibauer in Keiler/Klauser, Österreichisches und Europäisches Verbraucherrecht, § 8 FAGG Rz 4; Kletečka/Kronthaler, ÖJZ 2018/2, 13; Kolba/Leupold, § 8 FAGG Rz 225; zur Lehr in Deutschland vgl Bergt, NJW 2012, 3541; Grünberg in Palandt, BGB75 § 312j BGB; Wendehorst in Münchener Kommentar zum BGB7 § 312j Rz 17; aA Föhlisch, MMR 2017, 448 ff; Föhlisch in Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 13.4 Verbraucherschutz im Internet Rz 208). Diese Frage hätte letztlich auch der EuGH zu entscheiden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24985 vom 19.02.2018