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WTBG 2017 – BGBl

Bearbeiter: Barbara Tuma

Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 – WTBG 2017)

BGBl I 2017/137, ausgegeben am 15. 9. 2017

Zur geringfügig abgeänderten RV 1669 BlgNR 25. GP siehe Rechtsnews 23698.

Mit dem neuen WTBG 2017 wird eine umfassende Überarbeitung des WT-Berufsrechts vorgenommen, um auf geänderte Erfordernisse des Marktes und der Ausbildung zu reagieren. Die Berufsgruppen innerhalb der Berufsvertretung werden gestärkt und Bestimmungen modernisiert und entbürokratisiert.

Zusammengefasst sind va folgende Änderungen hervorzuheben:

Neuordnung der Berufsgruppen

Traditionell waren die Wirtschaftstreuhandberufe bisher stufenmäßig aufgebaut und die Befugnisse wurden nacheinander erworben. Die Wirtschaftsprüferbefugnis umfasste bisher sämtliche Steuerberater-Befugnisse.

In Anpassung an die Anforderungen der Praxis und an die international üblichen Ausgestaltungen der Berufe wird der bisherige Stufenbau Steuerberater – Wirtschaftsprüfer nun aufgehoben und an dessen Stelle treten zwei Wirtschaftstreuhandberufe, die durch eine gemeinsame Basis in Ausbildung und Berechtigungsumfang verbunden bleiben. Als gemeinsame Basis dient beiden Berufen die Rechnungslegung. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind auch künftig gleichermaßen zur Erstellung des Rechnungswesens (Buchhaltung, Lohnverrechnung, Erstellung von Jahresabschlüssen) berechtigt.

Der Steuerberater ist unverändert der Spezialist in allen Angelegenheiten des Steuerrechts, sowohl als Berater als auch als Parteienvertreter (zum Berechtigungsumfang der Steuerberater siehe va § 2 WTBG 2017).

Der Wirtschaftsprüfer hingegen ist künftig der Spezialist in allen Prüfungsangelegenheiten; die Beratung und Vertretung in steuerrechtlichen Angelegenheiten kommt ihm nicht mehr zu (zum Berechtigungsumfang der Wirtschaftsprüfer siehe va § 3 WTBG 2017).

Wie bisher können beide Befugnisse erworben werden, allerdings in beliebiger Reihenfolge.

Neugestaltung der Fachprüfungen

Mit der Neuordnung der Berufsgruppen erfolgt auch eine Neugestaltung der Prüfungsverfahren. Anstelle der bisher getrennten Prüfungsverfahren tritt ein einheitliches Verfahren, das modulartig aufgebaut ist.

Der Eintritt in das Prüfungsverfahren ist für alle Kandidaten bereits nach eineinhalb Jahren als Berufsanwärter möglich, wodurch diese deutlich früher mit dem Verfahren beginnen können. Für die Bestellung ist wie bisher eine zumindest dreijährige Praxiszeit erforderlich, davon jeweils zwei berufsspezifische Jahre.

Im Prüfungsverfahren steht es den Kandidaten frei, welche Klausuren sie in welcher Reihenfolge absolvieren. So können die Prüfungsteile von den Kandidaten individuell gewählt und auf die persönliche Situation besser abgestimmt werden.

Bei den schriftlichen Teilen sind nunmehr drei Klausuren vorgesehen, die für den Erwerb beider Berufsbefugnisse gleichermaßen erforderlich sind. Als berufsspezifische Klausur ist eine jeweils sechsstündige Klausur vorgesehen (Abgaben- und Abgabenverfahrensrecht für den Steuerberater, Abschlussprüfung für den Wirtschaftsprüfer).

Im Rahmen der mündlichen Prüfung wird wie bisher der gesamte Prüfungsstoff mit Schwerpunkt auf die jeweilige Befugnis geprüft.

Anpassung der Befugnisse

Während sich das Beratungsumfeld und die Anforderungen der Klienten an Wirtschaftstreuhänder in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt haben, sind die Befugnisse der Wirtschaftstreuhänder unverändert geblieben. Demgegenüber stehen neu geschaffene Bestimmungen, Behörden und Verfahren im Tätigkeitsbereich der Wirtschaftstreuhänder, die aus Unternehmersicht zweifellos in die Agenden ihrer Wirtschaftstreuhänder fallen, jedoch aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu Unsicherheit führten (zB die in Querschnittsmaterien auftretende Finanzpolizei).

Die Befugnisse der Wirtschaftstreuhänder werden daher nun insb in Hinblick auf ihre Funktion als umfassender Berater und Vertreter der Unternehmer angepasst, damit die Wirtschaftstreuhänder als Spezialisten sämtliche zur laufenden Betreuung ihrer Klienten gehörenden Agenden effizient abwickeln können.

Diesbezüglich nennt § 2 Abs 3 WTBG 2017 betr die Befugnisse der Steuerberater ua folgende Tätigkeiten, soweit sie mit den wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten für den gleichen Auftraggeber unmittelbar zusammenhängen:

„1. die Beratung in Rechtsangelegenheiten sowie die Errichtung einfacher und standardisierter, formularmäßig gestalteter Verträge betreffend Arbeitsverhältnisse jeglicher Art,

2. die Beratung und Vertretung in allen Verwaltungsverfahren, in Verwaltungsstrafverfahren jedoch nur wegen Verletzung arbeits- und sozialrechtlicher Verpflichtungen, bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufsorganisationen, der Landesfremdenverkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten sowie Gerichten in Angelegenheiten des § 11 [FBG] beschränkt auf die Anmeldungen, die die für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift sowie die Adresse der Internetseite betreffen, sowie bezüglich der Veröffentlichung von Jahresabschlüssen und der Abgabe von Drittschuldnererklärungen für Auftraggeber [und 3. ...]“.

Auch im Rahmen der Befugnisse der Wirtschaftsprüfer (§ 3 Abs 3 WTBG 2017) dürfen Tätigkeiten mit unmittelbarem Zusammenhang mit wirtschaftstreuhänderischen Tätigkeiten für den gleichen Mandanten ausgeübt werden, und zwar ebenfalls „die Beratung in Rechtsangelegenheiten sowie die Errichtung einfacher und standardisierter, formularmäßig gestalteter Verträge betreffend Arbeitsverhältnisse jeglicher Art“ Z 1) und „die Vertretung vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten sowie Gerichten in Angelegenheiten des § 11 [FBG] beschränkt auf die Anmeldungen, die die für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift sowie die Adresse der Internetseite betreffen, und bezüglich der Veröffentlichung von Jahresabschlüssen und der Abgabe von Drittschuldnererklärungen für Auftraggeber“ (Z 2).

Umsetzung von Unionsrecht

In Umsetzung der 4. Geldwäsche-RL (RL (EU) 2015/849) werden die bereits bestehenden Regelungen zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung angepasst. Für Aufsichtszwecke wird innerhalb der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ein eigenes Aufsichtsverfahren eingeführt.

Die Abschlussprüfungs-RL (RL 2014/56/EU) wurde im Wesentlichen durch das APRÄG (BGBl I 2016/43, Rechtsnews 21799) und das APAG (BGBl I 2016/83, Rechtsnews 22135) bereits umgesetzt. In Umsetzung der Bestimmungen der RL, die das Berufsrecht betreffen, werden dazu nun im Wesentlichen die bereits geltenden fachlichen Regelungen (Fachgutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder) auf gesetzliche Ebene gestellt bzw wird auf Regelungen im Rahmen von Ausübungsrichtlinien (VO der Kammer der Wirtschaftstreuhänder) verwiesen.

Sonstiges

Im Disziplinarrecht werden die Organisation verschlankt, die Berufsvergehen ergänzt und die Strafandrohungen angehoben. Weiters werden in den Verfahrensbestimmungen Adaptierungen aufgrund der Vollzugserfahrungen vorgenommen.

Aufgrund von Vollzugserfahrungen werden auch zahlreiche Adaptierungen im behördlichen Bereich, Klarstellungen, Modernisierungen und Entbürokratisierungen vorgenommen.

Änderungen bei parlamentarischer Behandlung

Bei Beschlussfassung im NR-Plenum wurde noch ein Abänderungsantrag angenommen, der (neben kleineren redaktionellen Anpassungen) der Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Möglichkeit gibt, sich – neben ihrer weiterhin bestehenden gesetzlichen Bezeichnung – auch als „Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer“ (KSW) zu bezeichnen. Der mittlerweile historische Begriff „Wirtschaftstreuhänder“ ist nämlich insb im internationalen Kontext ungebräuchlich und erläuterungsbedürftig.

Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen

Das WTBG 2017 ist mit dem Tag nach Kundmachung im BGBl in Kraft getreten, dh mit 16. 9. 2017.

Umfangreiche Übergangsbestimmungen stellen ua Folgendes sicher:

-Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTBG 2017 öffentlich bestellt oder anerkannt sind, gelten als Steuerberater oder Steuerberatungsgesellschaften iSd WTBG 2017.
-Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des WTBG 2017 öffentlich bestellt oder anerkannt sind, gelten als Wirtschaftsprüfer und als Steuerberater (als Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und als Steuerberatungsgesellschaften) iSd WTBG 2017.
-Berufsanwärter, denen bereits mit Bescheid die Anmeldebestätigung erteilt wurde, gelten als Berufsanwärter iSd WTBG 2017.
-Bereits erteilte Zulassungen zu einer Fachprüfung bleiben in Kraft.
Bereits anhängige Anträge auf Zulassung zur Fachprüfung für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, sind nach den Bestimmungen des bisherigen WTBG (BGBl I 1999/58 idF BGBl I 2016/50), zu beurteilen, es sei denn, dass der Prüfungskandidat erklärt, den Antrag auf Zulassung entsprechend den Bestimmungendes WTBG 2017 zu stellen. Im Fall der Zulassung nach dem bisherigen WTBG gelten für das Prüfungsverfahren ebenfalls dessen Vorschriften, es sei denn, dass der Kandidat innerhalb von 6 Monaten erklärt, seine Prüfungen entsprechend dem WTBG 2017 abzulegen.
Prüfungskandidaten, die Prüfungsteile einer Fachprüfung bereits erfolgreich abgelegt haben, sind bei einem Wechsel in das Prüfungsverfahren nach dem WTBG 2017 von der Ablegung der entsprechenden Teile der Fachprüfung nach diesem Bundesgesetz befreit. Nähere Bestimmungen hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder durch Verordnung zu regeln. Über die Befreiungen entscheidet die Kammer mit Bescheid.
-Bereits anhängige Anträge auf öffentliche Bestellung als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, sind nach den Bestimmungen des bisherigen WTBG zu beurteilen.
-Bestehende Geschäftsbeziehungen sind auf risikobasierter Grundlage innerhalb eines Jahres ab Inkrafttreten des WTBG 2017 zu überprüfen.
-Die Bestimmungen des WTBG 2017 sind auch auf strafbare Handlungen oder Unterlassungen und disziplinär zu verfolgende Handlungen und Unterlassungen anzuwenden, die vor seinem Inkrafttreten begangen worden sind, sofern diese bereits vor Inkrafttreten strafbar waren und dadurch nicht einer strengeren Behandlung unterliegen als nach den bisher geltenden Vorschriften.
Bereits anhängigen Disziplinarverfahren sind nach den Bestimmungen des bisherigen WTBG zu Ende zu führen.
-Die geltende Ausübungsrichtlinie, Fachprüfungs-Zulassungsverordnung, Dienstordnung, Geschäftsordnung, Haushaltsordnung, Umlagenordnung, Prüfungsordnung, Schlichtungsordnung, Satzungen der Vorsorgeeinrichtungen, die Beitrags- und Leistungsordnung und Wahlordnung gelten nach dem Inkrafttreten des WTBG als bundesgesetzliche Regelungen.
Sie treten mit der Neuerlassung der Ausübungsrichtlinie (§ 72 WTBG 2017), der Fachprüfungs-Zulassungsverordnung (§ 13 Abs 4 WTBG 2017), der Dienstordnung (§ 168 WTBG 2017), der Geschäftsordnung (§ 169 WTBG 2017), der Haushaltsordnung und der Umlagenordnung (jeweils § 178 Abs 1 WTBG 2017), der Prüfungsordnung (§ 39 WTBG 2017), der Schlichtungsordnung (§ 76 Abs 6 WTBG 2017), der Satzungen der Vorsorgeeinrichtungen und der Beitrags- und Leistungsordnung (jeweils § 180 WTBG 2017) und der Wahlordnung (§ 187 WTBG) außer Kraft, spätestens jedoch mit Ablauf des 31. 12. 2017. Die Dienstordnung ist auf bereits bestehende Dienstverträge weiterhin anzuwenden.
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24206 vom 18.09.2017