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Zeitlich begrenzte Tätigkeit in den USA – Besteuerungsrecht

Bearbeiter: Birgit Bleyer / Bearbeiter: Barbara Tuma

DBA-USA: Art 4, Art 15

Eine zeitlich begrenzte Auslandstätigkeit (hier: 18 Monate in den Vereinigten Staaten von Amerika) lässt den Mittelpunkt der Lebensinteressen selbst dann im Inland bestehen, wenn die Familie an den Arbeitsort im Ausland mitzieht, die Wohnung im Inland aber beibehalten wird. Den wirtschaftlichen Beziehungen eines Abgabepflichtigen kommt idR eine geringere Bedeutung zu als den persönlichen Beziehungen.

VwGH 17. 10. 2017, Ra 2016/15/0008

Sachverhalt

Der Mitbeteilige löste per 28. 2. 2011 sein Dienstverhältnis mit der österreichischen P GmbH einvernehmlich auf und war ab 1. 3. 2011 bei der P Inc beschäftigt, die in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässig ist. Mit 1. 9. 2012 sollte er wieder nach Österreich zurückkehren und wieder für die P GmbH tätig sein.

Seine österreichische Eigentumswohnung wurde während seiner Abwesenheit nicht vermietet.

Das Finanzamt unterwarf die in den USA erzielten Einkünfte in Österreich der Besteuerung und rechnete die dort entrichtete Steuer auf die österreichische Steuer an.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG den Berufungen (nunmehr Beschwerden) Folge; seiner Ansicht nach hatte der Mitbeteiligte eine längerfristige Umsiedlung geplant und den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen und damit seine Ansässigkeit in die USA verlegt: Der Mitbeteiligten sei im Streitzeitraum nicht verheiratet gewesen und habe keine Kinder gehabt; seine persönlichen Beziehungen zu Österreich hätten nur darin bestanden, seine in Österreich lebenden Eltern bzw seine Schwester fallweise zu besuchen. Dagegen seien die beruflichen Bindungen des Mitbeteiligten zu den Vereinigten Staaten von Amerika stärker gewesen als zu Österreich, zumal er seiner Erwerbstätigkeit von dort aus nachgegangen sei und in Österreich keine Einkünfte erzielt habe. Es habe sich nicht um einen Entsendungsvertrag gehandelt und es habe auch keine Zusicherung des österreichischen Arbeitgebers bestanden, den Mitbeteiligte nach der Rückkehr in gleicher oder zumindest adäquater Funktion zu beschäftigen. Mit dem amerikanischen Dienstgeber sei ein unbefristetes Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Der amerikanische Dienstgeber habe sich verpflichtet, die Kosten der Übersiedlung der persönlichen Gegenstände zu übernehmen, nicht aber jene einer Rückübersiedlung. Dass der Mitbeteiligte im Februar 2012 den amerikanischen Führerschein erworben habe, lasse ebenfalls auf eine längerfristige Lebensplanung in den Vereinigten Staaten von Amerika schließen.

Der VwGH ließ die außerordentliche Revision des Finanzamts zu und hob das Erkenntnis des BFG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.

Entscheidung:

In seinen Entscheidungsgründen verweist der VwGH im Wesentlichen auf seine Rsp, wonach auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen ist und den wirtschaftlichen Beziehungen dabei idR eine geringere Bedeutung zukommt als persönlichen Beziehungen. Bei Ermittlung des Mittelpunkts der Lebensinteressen ist danach regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres abzustellen, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum, und eine zeitlich begrenzte Auslandstätigkeit kann den Mittelpunkt der Lebensinteressen auch dann im Inland bestehen lassen, wenn die Familie an den Arbeitsort im Ausland mitzieht, die Wohnung im Inland aber beibehalten wird (vgl zB VwGH 25. 7. 2013, 2011/15/0193, ARD 6385/14/2014, oder VwGH 16. 12. 2015, 2013/15/0117, ARD 6490/22/2016; sowie Beiser in ÖStZ 1989, 241, 243).

Von dieser Rsp des VwGH weicht das angefochtene Erkenntnis ab: Das BFG begründete seine Annahme (Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen im Streitzeitraum in die USA) va mit der wirtschaftlichen Bindung des Mitbeteiligten an dieses Land. Keine entscheidungswesentliche Bedeutung maß das BFG hingegen den Umständen bei, dass der Aufenthalt des Mitbeteiligten in den Vereinigten Staaten von Amerika nur 18 Monate gedauert hat und seine Eltern und seine Schwester in Österreich lebten. Dass den wirtschaftlichen Beziehungen eines Abgabepflichtigen idR eine geringere Bedeutung zukommt als den persönlichen Beziehungen, wird im angefochtenen Erkenntnis nicht Rechnung getragen. Für allfällige persönliche Bindungen des Mitbeteiligten in den USA sind hier keine Anhaltspunkte erkennbar; dieser hat nicht einmal behauptet, dass er dort Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art oder anderen Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen nachgegangen sei. Auch die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements in den USA wurden vom Mitbeteiligten nicht behauptet.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24626 vom 11.12.2017