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Zeitungsinterview als Personalvertretertätigkeit?

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

PBVG: § 70

Zwar gehören Kontakte zu Massenmedien grundsätzlich nicht zu den Aufgaben eines Personalvertreters (hier: der Österreichischen Post AG), wurde der Personalvertreter jedoch von einer Tageszeitung um ein Interview „aus Sicht des Personalvertreters“ ersucht, ist ihm noch zuzubilligen, in (vermeintlicher) Wahrung der Rechte und Interessen von Bediensteten gehandelt zu haben. Trotz Überschreitung seiner Befugnisse, ist somit davon auszugehen, dass die Äußerungen des Personalvertreters in dem Zeitungsinterview im konkreten Fall zur Ausübung seines Mandats als Personalvertreter gehören, sodass er nur mit Zustimmung des Personalvertretungsorgans dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann.

OGH 23. 1. 2015, 8 ObA 77/14b

Entscheidung

Gemäß § 70 Post-Betriebsverfassungsgesetz dürfen Mitglieder von Personalvertretungsorganen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, wegen Äußerungen oder Handlungen nur mit Zustimmung des Organs, dem sie angehören, dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Das Personalvertretungsorgan hat die Zustimmung zu erteilen, wenn es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung des Mandats erfolgt sind. Erteilt das Personalvertretungsorgan die Zustimmung nicht, hat das Gericht aufgrund einer Klage festzustellen, ob die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung des Mandats erfolgt sind.

Im vorliegenden Fall begehrt der Dienstgeber die Feststellung, dass die Äußerungen eines bestimmten Mitglieds des beklagten Personalvertretungsorgans in einem Zeitungsinterview nicht zur Ausübung seines Mandats als Personalvertreter gehören.

Handlungen eines Personalvertreters können der Personalvertreter-Funktion nur zugeordnet werden, wenn sie gegenüber einem Dienstgebervertreter, einem anderen vom Personalvertretungsorgan zu vertretenden Dienstnehmer oder gegenüber einem anderen Personalvertreter gesetzt worden sind. Kontakte zu Massenmedien, wie das Schreiben von Leserbriefen an Tageszeitungen oder auch die Gewährung von Interviews, gehören daher nicht zu den Möglichkeiten, die das Gesetz den Organen der Personalvertretung im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben gestattet.

Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Personalvertreters bzw der Umstand, dass er die Grenzen seiner Funktion (bewusst oder unbewusst) überschreitet, schließt aber seine Immunität iSd § 70 PBVG nicht zwangsläufig aus. Es liegt im Wesen der Immunität, dass auch gewisse Dienstpflichtverletzungen sanktionslos zu bleiben haben, sodass bis zu einem gewissen Grad auch Äußerungen oder Handlungen, die nicht mehr dem Personalvertreter obliegen, immer noch dem Schutz des § 70 PBVG unterfallen. § 70 PBVG dient ja dazu, auch etwaige Fehler von Personalvertretern sanktionsfrei zu stellen, die auch im unrichtigen Erkennen der Grenzen ihrer Aufgaben bestehen können.

Im vorliegenden Fall hat der handelnden Personalvertreter zwar seine Befugnisse überschritten; es ist ihm jedoch zuzubilligen, in (vermeintlicher) Wahrung der Rechte und Interessen von Bediensteten tätig geworden zu sein. Er wurde jedoch von der Tageszeitung um eine Stellungnahme „aus Sicht der Personalvertretung“ ersucht, sodass er immerhin der Meinung sein konnte, als Personalvertreter im Interesse der Bediensteten zu handeln. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, das Verhalten des Personalvertreters sei noch vom Schutz des § 70 PBVG umfasst, ist daher vertretbar.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19106 vom 10.03.2015