Rechnungswesen und Steuern

Vereine - Voraussetzungen für die abgabenrechtlichen Begünstigungen

Gastbeitrag: QianQian Yang, MSc.

Vereine iSd Vereinsgesetzes 2002 sind freiwillige, auf Dauer angelegte, aufgrund von Statuten organisierte Zusammenschlüsse mindestens zweier Personen zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen und ideellen Zwecks. Sie gelten als Körperschaften des privaten Rechts, sind selbstständige Träger von Rechten und Pflichten und unterliegen somit der Körperschaftsteuer. Je nach ihrem Zweck unterscheidet man steuerlich begünstigungsfähige und nicht begünstigungsfähige Vereine iSd §§ 34 ff BAO.

In Österreich steigt die Zahl der eingetragenen Vereine seit Jahren kontinuierlich. Mittlerweile gibt es fast 125.000 Vereine. Im Fall, dass eine Prüfung der abgabenrechtlichen Begünstigung durch das Finanzamt erfolgt, erfüllen grob geschätzt 80 % bis 90 % der Vereine nachträglich die Voraussetzungen zur steuerlichen Begünstigung nicht.1 Um keine Überraschung bei Prüfung durch das Finanzamt zu erleben, zeigt Ihnen der vorliegende Beitrag, welche inhaltlichen und formalen Voraussetzungen ein Verein erfüllen muss, um die steuerlichen Privilegien der Gemeinnützigkeit gem §§ 34 ff BAO zu genießen und für eine Prüfung durch das Finanzamt gewappnet zu sein.

1. Definition und Rechtsform eines Vereins

Vereine iSd Vereinsgesetzes 2002 sind freiwillige, auf Dauer angelegte, aufgrund von Statuten organisierte Zusammenschlüsse mindestens zweier Personen zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen und ideellen Zwecks. Vereine sind selbstständige Träger von Rechten und Pflichten, die am Rechtsleben als juristische Personen wie natürliche Personen teilnehmen, soweit die Rechtsvorschrift nicht nur auf natürliche Personen abstellt. Gem § 1 Abs 2 Vereinsgesetz darf ein Verein nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein.

Ein Verein soll grundsätzlich ideelle Zwecke verfolgen. Bevor man sich für die Rechtsform eines Vereins entscheidet, ist zu überlegen, ob der Verein überhaupt für den beabsichtigten Zweck geeignet ist. Steht beispielsweise die wirtschaftliche Unternehmertätigkeit im Vordergrund, so ist der Verein hierfür nicht die optimale Organisationsform. Besonders gut eignet sich der Verein für gemeinnützige Tätigkeiten iSd §§ 34 ff BAO. Allerdings müssen ideelle wie auch gemeinnützige Zwecke nicht unbedingt in der Form eines Vereins ausgeübt werden. Auch GmbH und Privatstiftungen können gemeinnützig iSd §§ 34 ff BAO tätig sein.


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2. Vereine im Steuerrecht

Vereine sind Körperschaften des privaten Rechts und unterliegen somit der Körperschaftsteuer. Je nach ihrem Zweck unterscheidet man steuerlich begünstigungsfähige und nicht begünstigungsfähige Vereine iSd §§ 34 ff BAO.

In der Folge werden ausschließlich die steuerlichen Begünstigungen für Vereine nach dem Vereinsgesetz dargestellt. Die Ausführungen gelten allerdings sinngemäß für alle anderen begünstigten Rechtsträger ebenfalls.

2.1. Voraussetzungen für die Erlangung der steuerlichen Begünstigungen

Eine Abgabenbegünstigung liegt vor, sofern der Verein nach den Rechtsgrundlagen (Statuten) und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt.

Der Verein ist grundsätzlich von sich aus verpflichtet, zu prüfen, ob eine Abgabenpflicht besteht. Liegt eine Abgabenpflicht vor, muss der Verein dies dem zuständigen Finanzamt anzeigen. Sofern keine Abgabenpflicht besteht, muss der Verein Steuererklärungen nur einreichen, wenn er dazu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird. Da die tatsächliche Geschäftsführung (siehe Punkt 2.1.4.) auch in die Beurteilung der Voraussetzungen der Abgabenbegünstigungen einzubeziehen ist, kann somit die Begünstigungswürdigkeit immer erst im Nachhinein beurteilt werden. Eine nicht gemeinnützigkeitskonforme Geschäftsführung liegt beispielsweise vor, wenn Vermögen spekulativ veranlagt wird, Geldmittel nicht zweckentsprechend eingesetzt werden oder persönliche Bereicherung der Geschäftsführung unterstellt wird. Selbst wenn die tatsächliche Geschäftsführung den Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit entspricht, können die Begünstigungen dennoch unterbleiben, wenn der gemeinnützige Zweck nicht eindeutig in den Statuten (siehe Punkt 2.1.3.) festgeschrieben wurde.

Praxistipp

Praxistipp

In Zweifelsfällen ist es empfehlenswert, vor Beginn der Vereinstätigkeit eine schriftliche Anfrage an die Abgabenbehörde zu richten und zu klären, ob die Statuten und die geplanten Tätigkeiten tatsächlich die Voraussetzungen für die Abgabenbegünstigung erfüllen. Zum Vorliegen der Begünstigungen nimmt die Abgabenbehörde in unverbindlicher Form Stellung. Hält sich der Abgabenpflichtige an den richtig offengelegten Sachverhalt, so kann er sich auf die Stellungnahme der Abgabenbehörde (sog Vertrauensschutz) berufen.

2.1.1. Steuerlich begünstigte Vereinszwecke

Gem §§ 34 ff BAO sind die Betätigungen für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke steuerlich begünstigt.

a) Gemeinnützigkeit

Gem § 35 BAO sind als gemeinnützig solche Zwecke anzusehen, die die Allgemeinheit fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt vor, wenn die Tätigkeit des Vereins dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder (nur untergeordnet) materiellem Gebiet dient und von einer selbstlosen Gesinnung der hinter dem Verein agierenden Personen (Gründer, Mitglieder) getragen wird. In der untenstehenden Tabelle sind einige gemeinnützigen Zwecke aufgelistet:


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BerufsausbildungFriedensbewegungMuseen, wissenschaftliche Sammlungen
Beschäftigung für behinderte MenschenFürsorge für alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete PersonenSchulbildung und Erziehung
BürgerinitiativenGesundheitspflegeSelbsthilfe
Demokratisches StaatswesenHeimatkunde und HeimatpflegeSport (Ausnahme: Profisport)
DenkmalschutzKinder-, Jugend- und FamilienfürsorgeStudentenbetreuung
Denksport (zB Schach)KonsumentenschutzSuchtbekämpfung
Beseitigung von ElementarschädenKunst und KulturVölkerverständigung
EntwicklungshilfeMusikVolkswohnungswesen
Erwachsenenbildung (Volksbildung)Natur-, Tier- und Landschaftsschutz, UmweltschutzWissenschaft und Forschung
Ethische VereinigungenResozialisierungZivilschutz

Der Begriff Allgemeinheit umfasst nicht notwendigerweise die gesamte Bevölkerung. Eine Einschränkung in sachlicher oder regionaler Hinsicht ist möglich. Wird jedoch der geförderte Personenkreis von vornherein nach den Vereinsstatuten oder durch die tatsächliche Geschäftsführung (wie zB die Höhe des Mitgliedsbeitrages) eng begrenzt oder dauernd nur klein bleiben, liegt gem § 36 Abs 1 BAO keine Förderung der Allgemeinheit vor. Ab wann der geförderte Personenkreis als eng begrenzt angesehen wird, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.

Beispiel

Beispiel

Die Förderung von Personen, die an einer seltenen Lungenkrankheit leiden, von denen nur ein kleiner Personenkreis befallen ist, wäre dennoch der Allgemeinheit dienlich und als gemeinnützig einzustufen.


Auch die Höhe des Mitgliedsbeitrages kann zu einer engen Begrenzung der Mitgliederzahl führen. Bei der Ermittlung der Höhe müssen auch jene Kosten, die bei der Ausübung des Vereinszwecks anfallen, berücksichtigt werden. Als Obergrenze wird ein jährlicher Betrag von EUR 2.160 (monatlich EUR 180) in den Vereinsrichtlinien genannt. Bei kostenintensiveren Vereinszwecken ist jedoch eine Beitrittsgebühr bis zum fünffachen Jahresmitgliedsbeitrag (dh EUR 10.800) auch als unschädlich anzusehen.

Eine Förderung der Allgemeinheit ist dann nicht mehr gegeben, wenn

- der Vereinszweck auf Unterhaltung und Geselligkeit ausgelegt ist, außer diese Zwecke sind völlig untergeordnet;
- die Mitgliedschaft nicht jedem offen steht und der Verein ausschließlich Vereinsmitglieder fördert;
- zwischen Männern und Frauen diskriminiert wird und es keine sachliche Begründung dafür gibt. ZB wäre bei den Männergesangsvereinen, welche ausschließlich nur Männer aufnehmen, eine sachliche Begründung gegeben. Ebenso wie bei einem Frauenverein, der für den Informationsaustausch von werdenden Müttern zur Verfügung steht.

Eine Förderung der Allgemeinheit liegt dann auch nicht vor, wenn die beruflichen oder wirtschaftlichen Interessen von bestimmten Personengruppen gefördert werden (zB Berufs- und Wirtschaftsverbände, Interessenvertretungen). Gemäß Vereinsrichtlinien ist die Verfolgung politischer Zwecke ebenfalls keine Förderung gemeinnütziger Zwecke.


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Beispiel

Beispiel

Ein nicht geschlossener Verein zum Bezug von verbilligten Waren gilt nicht als gemeinnützig, da er die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder fördert.


Sollten von einem beachtlichen Teil der Bevölkerung Bedenken gegenüber dem Förderziel des Vereins bestehen, kann der Zweck nicht mehr als gemeinnützig anerkannt werden. Die Berücksichtigung der Einstellung der Bevölkerung findet aber dort ihre Grenze, wo verfassungsrechtliche gewährleistete Rechte von Minderheiten in Gefahr geraten (zB bei Religionsfreiheit). Die verfolgten Ziele müssen mit der österreichischen Rechtsordnung in Einklang stehen, ansonsten ist der Zweck des Vereins als nicht gemeinnützig anzusehen.

b) Mildtätigkeit

Gem § 36 BAO gelten als mildtätige Zwecke jene, die auf die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen abzielen. Personen können als hilfsbedürftig angesehen werden, wenn sich diese aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage in materieller Not befinden. Diese Personen benötigen materielle Hilfe zur Verbesserung ihrer Lage, um den nötigen Lebensbedarf für sich selbst und gegebenenfalls für ihre Unterhaltsberechtigten und auch hilfsbedürftigen Angehörigen zu decken. Abgesehen davon sind Personen auch hilfsbedürftig, wenn diese infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind, wobei es in diesem Fall auf ihre wirtschaftliche Lage nicht ankommt. Bei der Erfüllung des mildtätigen Zwecks ist jedenfalls wichtig, diesen selbstlos zu verfolgen, eine Förderung der Allgemeinheit ist jedoch nicht erforderlich.

Beispiele für mildtätige Zwecke sind: Beratungsstellen, Betreuung, Hilfe in besonderen Notlagen, Krankenpflege, Mahlzeitendienste, Rettungs- und Katastrophenhilfsdienste, soziale Dienstleistungen, Telefonseelsorge, Unterbringung Hilfsbedürftiger, Unterstützungsleistungen. Nicht mildtätig ist die Unterstützung von Arbeitslosen oder Studentinnen und Studenten.

Hinweis
Hinweis

Die Studentinnen-/Studentenbetreuung ist zwar nicht mildtätig, kann aber als Förderung der Schulbildung gemeinnützig gem § 34 BAO sein.

c) Kirchliche Zwecke

Ein kirchlicher Zweck liegt gem § 38 BAO nur vor, wenn eine in Österreich gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgemeinschaft gefördert wird. Zu den kirchlichen Zwecken gehören beispielsweise die Errichtung, Erhaltung und Ausschmückung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeinde(Pfarr)häusern, die Abhaltung des Gottesdienstes, von kirchlichen Andachten und sonstigen religiösen oder seelsorglichen Veranstaltungen, die Ausbildung von Geistlichen und Ordenspersonen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und Pflege des Andenkens der Toten in religiöser Hinsicht, die Besoldung der Geistlichen und der kirchlichen Dienstnehmer, die Alters- und Invalidenversorgung dieser Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen. Nicht als kirchlich gelten beispielsweise die Organisation von Kirchenbesichtigungen und Kirchturmbeseitigungen oder der Devotionalienverkauf.

Hinweis
Hinweis

In der Praxis werden die abgabenbegünstigten Vereine häufig umgangssprachlich als "gemeinnützige" Vereine bezeichnet, obwohl diese im Einzelfall mildtätige oder kirchliche Vereine sind. Daher ist anhand der Vereinsstatuten der tatsächliche Vereinszweck zu erheben.


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2.1.2. Ausschließliche und unmittelbare Förderung eines begünstigten Zwecks

Abgesehen von der Förderung eines der begünstigten Zwecke (Punkt 2.1.1.) erfordert die Erlangung der Steuerbegünstigung auch deren Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit.

Eine ausschließliche Förderung liegt dann vor, wenn der Verein bei Erfüllung der begünstigten Zwecke folgende im § 39 BAO aufgezählten Voraussetzungen erfüllt:

- Der Verein darf ausschließlich gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Verfolgt der Verein neben begünstigten auch nicht begünstigte Zwecke oder eigennützige Zwecke, so dürfen diese Nebenzwecke nur von völlig untergeordneter Bedeutung sein, ansonsten verliert der Verein die abgabenrechtlichen Begünstigungen. Laut Vereinsrichtlinien spricht man von einem völlig untergeordneten Nebenzweck, wenn die auf diese Zwecke entfallende Tätigkeit nicht mehr als 10 % der Gesamttätigkeit beträgt. In der Praxis wird die 10%-Grenze meistens nach entsprechenden Bezugsgrößen wie Zeiteinsatz, Ausgaben und Aufwandstruktur beurteilt.
- Der Verein darf keinen Gewinn anstreben. Die Bestimmung ist auch in den Statuten festzuhalten. Die Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln des Vereins erhalten.
- Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung des Vereins nicht mehr als ihre bei der Vereinsgründung eingezahlten Beträge erhalten (bei gemeinnützigen GmbH nicht mehr als den anteiligen Wert ihrer ursprünglichen Sacheinlagen).
- Der Verein darf keine Person durch Verwaltungsausgaben oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen (Vorstandsgehälter oder Aufsichtsratsvergütungen) begünstigen, die nicht dem Vereinszweck dienen. Die Vergütungen an Funktionäre haben fremdüblich zu erfolgen. Unter Vergütungen ist nicht nur Geld zu verstehen, die Sachbezüge sind dabei auch zu berücksichtigen.
- Bei Auflösung oder Aufhebung der Organisation oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes darf das verbleibende Vermögen nur für begünstigte Zwecke verwendet werden. Dies muss auch in den Statuten festgehalten sein. Wird das Restvermögen entgegen der Auflösungsbestimmung an Mitglieder verteilt, verliert der Verein die Gemeinnützigkeit im Jahr der Auflösung.

Unmittelbare Förderung gem § 40 BAO ist gegeben, wenn der Verein den gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck selbst verwirklicht. Allerdings hat der Verein auch die Möglichkeit, für die Erfüllung der Zwecke einen Dritten zu beauftragen, wenn dessen Wirken wie eigenes Wirken vom Verein anzusehen ist. Das Wirken des Dritten gilt dann als eigenes Wirken des Vereins, wenn dieser Erfüllungsgehilfe ist. Dies liegt dann vor, wenn die handelnden Personen (Funktionäre, Mitglieder, Dienstnehmer) auf Basis eines Dienstvertrages oder ähnlichem, welcher mit dem Rechtsträger abgeschlossen ist, tätig werden, oder der Verein mit dem Dritten die Erfüllung von Teilen des Vereinszwecks vertraglich oder gesellschaftsrechtlich regelt.

Hinweis

Hinweis

Mit dem Gemeinnützigkeitsgesetz 2015 wurden mit Wirksamkeit ab 2016 Ausnahmetatbestände vom Unmittelbarkeitsgrundsatz entschärft. Gem §§ 40a und 40b BAO dürfen auch gemeinnützige, mildtätige bzw kirchliche Vereine Gelder ohne zugrundeliegenden Vertrag an andere Organisationen weitergeben, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, ohne die Gemeinnützigkeit zu verlieren. Auf weiterführende Ausführungen idZ verweisen wir auf unseren RWP-Artikel 2016/21.


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2.1.3. Vereinsstatuten aus steuerlicher Sicht

Will ein Verein die steuerlichen Begünstigungen in Anspruch nehmen, so müssen die Statuten auch die Anforderungen der Gemeinnützigkeit erfüllen. Das betrifft insbesondere die Bestimmungen über den Zweck des Vereins, die Tätigkeiten und Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks sowie die Auflösungsbestimmungen.

Die Rechtsgrundlagen (Statuten) eines Vereins müssen so abgefasst werden, dass die Voraussetzungen für abgabenrechtliche Begünstigungen klar und eindeutig erkennbar sind. Andernfalls sind die steuerlichen Begünstigungen zu untersagen. Die ausschließliche und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck muss genau beschrieben und in den Statuten vorgesehen sein. Sollte der Verein neben den begünstigten auch nicht begünstigte Zwecke verfolgen, müssen diese in den Statuten angeführt sein und klargestellt werden, dass es sich um völlig untergeordnete Nebenzwecke handelt. Der Gewinnausschluss muss ebenfalls in den Statuten verankert sein. Neben dem Zweck des Vereins sind die ideellen und materiellen Mittel zur Erreichung des Vereinszwecks vollständig sowie vom Vereinszweck getrennt in den Statuten anzuführen. Es darf keine Vermischung von Zweck und Mittel zur Erreichung des Zwecks erfolgen. Ideelle Mittel sind alle Maßnahmen, die der Verwirklichung des Vereinszwecks dienen. Die materiellen Mittel sind die finanziellen Quellen.

Beispiel

Beispiele für ideelle Mittel eines wissenschaftlichen Forschungsvereins: Herausgabe von wissenschaftlichen Publikationen, Förderung des wissenschaftlichen Informationsaustausches, Abhalten von Veranstaltungen und Seminaren.

Beispiele für materielle Mittel eines wissenschaftlichen Forschungsvereins: Mitgliedsbeiträge, Spenden, Subventionen, Tagungsgebühren, Sponsoring, Erträge aus Veranstaltungen, Verkaufserlöse eigener Publikationen.


Bei freiwilliger oder behördlicher Auflösung des Vereins oder bei Wegfall des begünstigten Vereinszwecks muss in den Statuten angeführt sein, dass das Vereinsvermögen zwingend für steuerlich begünstigte Zwecke verwendet wird. Eine ausreichende Vermögensbindung ist dann gegeben, wenn das verbleibende Restvermögen entweder einem konkret abgabenrechtlich begünstigten Zweck gewidmet wird oder allgemein für steuerlich begünstigte Zwecke iSd §§ 34 ff BAO vorgesehen ist.

Je nach Art eines Mangels kann dieser unter Umständen zu einem Wegfall der abgabenrechtlichen Begünstigungen führen, wobei zwischen leichten und schweren Mängeln unterschieden wird. Liegen nur leichte Mängel vor, können die Statuten innerhalb einer von der Abgabenbehörde gesetzten Frist mittels Mängelbehebungsverfahren entsprechend angepasst und der Mangel saniert werden. In diesem Fall bleiben die Abgabenbegünstigungen für die Vergangenheit erhalten. Als leichte Statutenmängel gelten beispielsweise eine unvollständige Vermögensbindung oder das Fehlen einzelner ideeller bzw materieller Mittel. Bei schweren Statutenmängeln (zB Fehlen eines gemeinnützigen Zwecks oder Fehlen eines Gewinnausschlusses in den Statuten) führt dies jedenfalls auch zu einem rückwirkenden Verlust der Abgabenbegünstigung. Gem § 43 BAO stehen einem Verein erst ab dem Folgejahr der Mängelbehebung die Begünstigungen hinsichtlich Körperschaftsteuer zu und die übrigen steuerlichen Begünstigungen mit dem Zeitpunkt der Mängelbehebung.

Hinweis

Hinweis

Jede Änderung der Rechtsgrundlage, die die Voraussetzungen für abgabenrechtliche Begünstigungen betrifft, ist gem § 41 Abs 3 BAO innerhalb eines Monats ab der Fassung des entsprechenden Beschlusses dem Finanzamt bekanntzugeben (abgesehen von der vorzunehmenden Anzeigepflicht an die Vereinsbehörde).


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2.1.4. Die tatsächliche Geschäftsführung

Abgesehen von den bisher angeführten Voraussetzungen muss die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins auch den Statuten entsprechen und auf die ausschließliche und unmittelbare Förderung des Vereinszwecks ausgerichtet sein. Entspricht die tatsächliche Geschäftsführung nicht den Anforderungen der Verfolgung begünstigter Zwecke oder werden vom Verein Zwecke gewidmet, die nicht in den Statuten enthalten sind, so ist dies für die abgabenrechtlichen Begünstigungen schädlich.

Werden die in den Statuten angeführten begünstigten Zwecke nicht oder nur unzureichend verwirklicht bzw ideelle oder materielle Mittel eingesetzt, die in den Statuten nicht genannt sind, oder sind die eingesetzten Mittel zur Erreichung der begünstigten Zwecke objektiv nicht geeignet, können abgabenrechtliche Begünstigungen ebenfalls unterbleiben. Weiters kommen die abgabenrechtlichen Begünstigungen auch nicht in Betracht, wenn die finanziellen Mittel nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums für die begünstigten Zwecke verwendet werden. Es ist allerdings nicht erforderlich, die gesamten Einnahmen noch im selben Kalenderjahr zu verwenden. Das Halten einer Finanzreserve in Höhe eines durchschnittlichen Jahresbedarfs kann lt Vereinsrichtlinien als zulässig angesehen werden.

Praxistipp

Praxistipp

Liegt eine Ansammlung von Mitteln in einem darüber hinausgehenden Maß vor, so muss der Verein nachweisen können, dass entsprechende Vorstandsbeschlüsse vorliegen, für welche konkreten Ziele die Mittel angespart werden und dass ein Zeitrahmen für die Verwirklichung dieser Vorhaben definiert wurde.

Sind mehrere begünstigte Zwecke in den Statuten angeführt und hat der Verein nur einen Teil von den angeführten Zwecken verwirklicht, kann der Verein die abgabenrechtlichen Begünstigungen alleine aus diesem Grund nicht verlieren.

Hinweis

Hinweis

Die Statuten können auch mehrere Zwecke bzw ideelle Mittel oder materielle Mittel zur Erreichung der Vereinszwecke anführen als tatsächlich ausgeübt bzw eingesetzt werden. Es wird an dieser Stelle empfohlen, die Vereinszwecke sowie ideellen und materiellen Mittel zur Erreichung der Vereinszwecke auch umfassend in den Statuten anzuführen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die tatsächliche Geschäftsführung den Statuten entspricht, können Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben sowie Rechnungsabschlüsse, Berichte von Rechnungs- oder Wirtschaftsprüfern, Tätigkeits- oder Geschäftsberichte, Protokolle von Versammlungen oder Ähnliches als Nachweise dienen. Sind solche Aufzeichnungen nicht vorhanden, nicht vollständig oder nicht aussagekräftig, besteht die Gefahr, dass das Finanzamt die abgabenrechtlichen Begünstigungen versagt und infolge des Verlustes der Begünstigung die Abgabenbemessungsgrundlagen schätzt.

2.1.5. Steuerliche Folge für begünstigte Vereine

Ist der Verein, dessen Betrieb die Erfüllung des gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks bewirkt, gem §§ 34 ff BAO abgabenrechtlich begünstigt, unterliegt dieser nicht mehr der Körperschaftsteuer. Dieser Betrieb wird auch als "unentbehrlicher Hilfsbetrieb" bezeichnet und der Gewinn aus diesem Betrieb unterliegt nicht der 25%igen Körperschaftsteuer. Anders als beim unentbehrlichen


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Betrieb unterliegen die Überschüsse aus einem "entbehrlichen Betrieb" (Bsp: Überschüsse aus kleinen Vereinsfesten) oder die Überschüsse aus einem "begünstigungsschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb" (Bsp: Überschüsse aus großen Vereinsfesten) der Körperschaftsteuer. Jedoch wird nur jener Teil der Gewinne besteuert, der EUR 10.000 pro Jahr übersteigt ("Freibetrag"). Erzielt der Verein im Rechnungsjahr weniger als EUR 10.000, können unter gewissen Voraussetzungen die nicht verbrauchten Teile dieses Freibetrags auch vorgetragen werden, jedoch nur für maximal 10 Jahre.

Überschüsse aus der Vermögensverwaltung sind für steuerbegünstige Vereine gem § 5 Z 6 KStG iVm § 47 BAO körperschaftsteuerfrei. Unter die Vermögensverwaltung fallen vor allem die verzinsliche Anlage von Kapitalvermögen und die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen. Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen grundsätzlich der Kapitalertragsteuer. Diese wird von der Bank einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Dadurch kommt es in der Regel zu einer Endbesteuerung. Zinsen iZm Vereinsbetrieben können unter bestimmten Voraussetzungen KESt-frei behandelt werden.

Die Vereinseinnahmen bei begünstigten Vereinen aus dem unentbehrlichen und entbehrlichen Betrieb unterliegen nicht der Umsatzsteuer, somit steht dem Verein auch kein Vorsteuerabzug zu. Umsätze aus der Vermögensverwaltung unterliegen grundsätzlich für abgabenbegünstige Vereine auch der Umsatzsteuer, dabei sind dann die allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften zu beachten.

3. Kurz & Bündig

Aufgrund der zunehmenden Zahl der eingetragenen Vereine in Österreich gewinnt die Gemeinnützigkeit in der Praxis immer mehr an Bedeutung. Der Anreiz der abgabenrechtlichen Begünstigungen soll möglichst viele Menschen motivieren, sich in dem begünstigten Bereich zu engagieren, um daraus ein besseres Zusammenleben für unsere Gesellschaft zu schaffen. Die Voraussetzungen für die abgabenrechtliche Begünstigung des Vereins sind vielfältig und überblicksmäßig in der nachstehenden Tabelle nochmals für Sie auf einen Blick zusammengefasst:


Begünstigte Zwecke Ausschließlichkeit Unmittelbarkeit Statuten Tatsächliche Geschäftsführung
- Gemeinnützig:
Förderung der Allgemeinheit
Die Tätigkeit muss dem Gemeinwohl in geistiger, kultureller, sittlicher oder materieller Hinsicht nützen.
- Mildtätig:
Unterstützung materiell oder persönlich hilfsbedürftiger Personen
- Kirchlich:
Förderung einer in Österreich gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft
Ausschließliche Förderung der begünstigten Zwecke
Völlig untergeordneter Zweck bis zu 10 % der Gesamttätigkeit unschädlich, wenn dies in den Statuten vorgesehen ist
Selbsterfüllung der begünstigten Zwecke
Bedienung eines Erfüllungsgehilfen, wenn dessen Wirken wie eigenes gilt
1) Nicht auf Gewinn gerichtet
2) Anführen begünstigter Zwecke
3) "Ausschließlichkeit" und "Unmittelbarkeit"
4) Anführen ideeller und finanzieller Mittel
5) Vermögensbindung-Auflösungsbestimmungen
Sämtliche Aktivitäten müssen Deckung in den Statuten finden.

1

Siehe Höhne/Jöchl/Lummerstorfer, Das Recht der Vereine6 (2019) 6.


Artikel-Nr.
RWP 2022/8

19.04.2022
Heft 2/2022
Autor/in
QianQian Yang

StB Qian Qian Yang, MSc. ist als Steuerberaterin im Bereich Advisory-Tax der Steuer & Service Steuerberatungs GmbH in Wien tätig. Zu ihren Beratungsschwerpunkten zählen neben der Rechnungslegung nach UGB und IFRS und der steuerlichen Beratung von Kapital- und Personengesellschaften insbesondere die Beratung und Prüfung von gemeinnützigen Organisationen.