Nachruf

Herbert Kofler - Abschied von einem besonderen Menschen

Gudrun Fritz-Schmied / Sabine Kanduth-Kristen / Sabine Urnik

o. Univ.-Prof. i.R. Mag. Dr. Herbert Kofler, Steuerberater, ist am 14. März 2019, viel zu früh, zu seiner letzten Reise aufgebrochen.

Herbert Kofler war ein besonderer Mensch. Er hat dies in seinen vielfältigen Rollen als Universitätslehrer, Wissenschaftler, Berater, Kollege, Mentor immer wieder unter Beweis gestellt. Auch in der zu seinem 60. Geburtstag im Jahr 2009 erschienenen Festschrift trat die Wertschätzung gegenüber seiner Person nicht nur im fachlichen Bereich, sondern auch auf persönlicher Ebene in den Würdigungen der Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft, Praxis und Finanzverwaltung eindrucksvoll zutage. Seinen 70. Geburtstag am 14. Mai 2019 durfte Herbert Kofler nicht mehr erleben.

Wir haben Herbert Kofler als Universitätslehrer an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt kennen und schätzen gelernt, der Interesse und Begeisterung an komplexen Themen der Rechnungslegung und betrieblichen Steuerlehre wie kaum ein anderer vermitteln konnte und den Berufsweg von vielen Studierenden geprägt hat. Seine didaktische Herangehensweise, das Extrahieren von Problemstellungen und Erarbeiten von systematischen, prinzipienbasierten Lösungsstrategien waren einzigartig. Herbert Kofler ermunterte die Studierenden, sich im Sinne von Kant (Was ist Aufklärung?, 1784), "ihres eigenen Verstandes zu bedienen". Er begeisterte sie gleichermaßen durch seine fachlichen Fähigkeiten wie auch durch seine menschliche Wärme. Er begegnete uns allen mit Respekt und Wertschätzung, förderte eigenständige und kreative Denkansätze und motivierte zur Skizzierung von Forschungsfragen, für deren Beantwortung eine methodische Vielfalt erlaubt war. Herbert Kofler machte seinen Studierenden bereits in der ersten Stunde klar, dass die Besonderheit einer universitären Ausbildung grundlegend nicht in einem bloßen Wissenstransfer, sondern in der Vermittlung einer kritischen Grundhaltung liegt, die an der Maxime einer prinzipienbasierten Gestaltung des geltenden Rechts auszurichten ist und ein stetes, von höchster Objektivität geprägtes Bemühen um normative Überlegungen zur Verbesserung des bestehenden Normengefüges verlangt.

Die wohlbegründet kritische, stets nach Neuem strebende Denkhaltung von Herbert Kofler findet sich in seinem breiten wie auch gleichsam tiefen wissenschaftlichen Oeuvre wieder, wozu zahlreiche Monographien, Herausgeberschaften und unzählige Fachbeiträge zählen. Die Besonderheit seiner brillanten und im Kernbereich der Rechnungslegung und betriebswirtschaftlichen Steuerlehre angesiedelten Abhandlungen liegt in einer methodischen Herangehensweise, die keinen einseitigen, isolierten Blick auf die analysierte Materie zulässt, sondern neben einem steuerrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Zugang zentrale andere Bezüge etwa zum Unternehmens-, Gesellschafts-, Sozialversicherungs- oder Arbeitsrecht inkludiert.

Seine Weitsicht in der Konzeption von Forschungsfragen bestätigt sich in vielen länderübergreifenden Schriften, welche die Einbettung von Themen der nationalen Besteuerung in das internationale Steuerrecht bzw Unionsrecht diskutieren, und spiegelt sich gleichermaßen in der vorgenommenen Fokussierung auf die Funktionsbereiche der Betriebswirtschaftslehre, wie beispielsweise die Finanzierung


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und Kostenrechnung, wider. Seine steuerlichen Analysen beschränken sich keineswegs auf ausgewählte Einzelsteuern, sondern erstrecken sich in bemerkenswerter Breite von Themenstellungen aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer bis hin zu Fragen der (mittlerweile abgeschafften) Erbschafts- und Schenkungssteuer und zeigen in eindrucksvoller Weise die mannigfachen Anknüpfungspunkte des von Herbert Kofler angestellten kritischen Diskurses. Fragen der Unternehmensbesteuerung haben auf Herbert Kofler stets eine besondere Anziehung ausgeübt. Seine Forschungsergebnisse sind in der Fachwelt richtungsweisend und haben etwa auch zu etlichen Rufen an in- und ausländische Universitäten sowie zur Verleihung einer Honorarprofessur an der Universität Rijeka geführt.

Zentral und auszugsweise soll in diesem Zusammenhang auf seine Abhandlungen zur unternehmens- und steuerrechtlichen Behandlung von Personengesellschaften verwiesen werden, deren Lebenszyklusphasen eine umfassende Untersuchung erfahren haben. Lösungen von Fragen zur Betriebsaufgabe und des damit verbundenen Wechsels der Gewinnermittlungsart oder etwa zu steuerrechtlichen Problemstellungen im Rahmen der Unternehmenssanierung basieren grundlegend ebenso auf Ausführungen von Herbert Kofler. Ob der von ihm angestellten ganzheitlichen Perspektive hat er sich stets auch eingehend mit Fragestellungen der Rechnungslegung beschäftigt, wovon das dem Fachpublikum vertraute Handbuch Bilanz- und Abschlussprüfung zeugt. Hohe Relevanz genießt das gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen der österreichischen Steuerlehre-Lehrstühle herausgegebene Handbuch der österreichischen Steuerlehre, welches sowohl in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung als auch in der einschlägigen Berufspraxis eine Pflichtlektüre darstellt.

Zumal der unternehmens- und steuerrechtliche Normenbestand häufigen Änderungen ausgesetzt ist, hat sich Herbert Kofler auch stets zeitlich unmittelbar und ausführlich mit Reformen beschäftigt und aktiv an Steuerreformüberlegungen gearbeitet. Dies schlägt sich neben vielen Fachbeiträgen mit hohem Aktualitätsbezug in bedeutenden, unmittelbar nach ihrer Gesetzwerdung veröffentlichten Kommentierungen nieder, welche Herbert Kofler zum Rechnungslegungsgesetz sowie zu geänderten steuerrechtlichen Normen im normativ-analytischen sowie optimierenden Bezug verfasst hat.

Das in höchstem Maße systematische Vorgehen von Herbert Kofler, das im Sinne einer normativen Steuerlehre auch die Konzeption von wohlbegründeten Änderungsvorschlägen an den Gesetzgeber umfasst hat, hat ihn auch im Rahmen der Ausübung seiner vielfältigen universitären und außeruniversitären Funktionen und Tätigkeiten charakterisiert. Ohne eine Auflistung der von ihm zahlreich ausgeübten Aufsichtsratsfunktionen, seiner beratenden und entscheidenden Tätigkeiten in öffentlich-rechtlichen Gremien wie auch privatwirtschaftlichen Unternehmen vornehmen zu wollen, soll seine äußerst aktive Rolle in den Steuerreformkommissionen hervorgehoben werden, die stets von seinem aufrichtigen Bemühen um ein gerechtes und prinzipienbasiertes Steuersystem geprägt war. In all seinen beruflichen Funktionen war Herbert Kofler geschätzter Experte, willkommener Diskussionspartner und Denker mit Weitsicht.

Ungeachtet des immensen beruflichen Einsatzes von Herbert Kofler war er auch ein sehr liebevoller Familienmensch, der mit seiner Gattin Margit viel gereist ist, seinen beiden sehr erfolgreichen Söhnen ein toller Papa, Freund und Berater gewesen ist und dessen Augen stets ein ganz besonderes Funkeln angenommen haben, wenn er über seine drei Enkelkinder erzählt hat. Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt seiner Familie, die ihm das Wertvollste gewesen ist.

Lieber Herbert, deine viel zu früh angetretene letzte Reise hinterlässt eine große Lücke, die zu füllen nicht gelingen wird. Wir bemühen uns redlich, die Grundsätze, die wir von dir als unserem Lehrer und Mentor sowohl im fachlichen wie auch im persönlichen Bereich lernen durften, weiterzutragen, und werden versuchen - im Sinne deiner legendären Sponsions- und Promotionsrede über die Lebensgestaltung der nach Weisheit strebenden Athener versus jener der plündernden Westgoten - deinem Vorbild als "Athener" gerecht zu werden.

"Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen der Mitmenschen." (Albert Schweitzer)

Artikel-Nr.
RWZ 2019/21

29.04.2019
Heft 4/2019
Autor/in
Gudrun Fritz-Schmied

Dr. Gudrun Fritz-Schmied ist ao. Universitätsprofessorin an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Institut für Finanzmanagement, Abteilung Finance und Accounting; sie ist Lektorin an der Paris-Lodron-Universität Salzburg, Mitglied des Fachsenats für Steuerrecht der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und der Forschungsgruppe anwendungsorientierte Steuerlehre (FAST).

Sabine Kanduth-Kristen

Dr. Sabine Kanduth-Kristen, LL.M., StB, ist Universitätsprofessorin am Institut für Finanzmanagement der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Abteilung für Betriebliches Finanz- und Steuerwesen und Mitglied der Forschungsgruppe anwendungsorientierte Steuerlehre (FAST).

Publikationen:
Jakom – EStG-Kommentar13 (2020; gemeinsam mit Marco Laudacher, Christian Lenneis, Ernst Marschner und Hermann Peyerl), Internationales Steuerrecht2 (2019), Bilanzposten-Kommentar (2017; Herausgeberschaft gemeinsam mit Gudrun Fritz-Schmied), Rechtsformgestaltung2 (2016; Herausgeberschaft gemeinsam mit Petra Hübner-Schwarzinger), Insolvenz und Steuern2 (2000; gemeinsam mit Herbert Kofler) sowie weitere Bücher und zahlreiche Aufsätze in Sammelbänden und Fachzeitschriften.

Sabine Urnik

Univ.-Prof. Mag. Dr. Sabine Urnik ist Universitätsprofessorin für Steuerlehre und Rechnungslegung am Fachbereich für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Paris-Lodron-Universität Salzburg sowie am dortigen WissensNetzwerk Recht, Wirtschaft und Arbeitswelt. Ferner ist sie Mitglied des Fachsenats für Steuerrecht der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie in der Forschungsgruppe für anwendungsorientierte Steuerlehre (FAST).