Judikatur OGH / Versicherungsrecht

Aktuelle versicherungsrechtliche Entscheidungen des OGH

Univ.-Prof. Dr. Michael Gruber

Erneut seien einige praktisch wichtige Entscheidungen des für das Versicherungsvertragsrecht zuständigen 7. Senats des OGH vorgestellt1.

Aus der Begründung des OGH: Nach § 16 Abs 1 hat der VN bei Abschluss des VV alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem VR anzuzeigen. Erheblich sind Gefahren und Umstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des VR, den Vertrag überhaupt oder zu einem vereinbarten Inhalt abzuschließen, Einfluss auszuüben (7 Ob 69/00y; 7 Ob 174/01s, jeweils mwN ua). Ein Umstand, nach welchem der VR ausdrücklich und schriftlich fragt, gilt im Zweifel als erheblich (§ 16 Abs 1 letzter Satz; 7 Ob 266/02x mwN; RIS-Justiz RS0080628). Zur Bejahung der Gefahrenerheblichkeit von Umständen ist es nicht erforderlich, dass der VR bei Kenntnis des wahren Sachverhaltes den Vertrag tatsächlich abgelehnt oder nicht zu den bestimmten Bedingungen geschlossen hätte. Es reicht aus, dass der vom VR nachgewiesene Umstand bei objektiver Betrachtung geeignet ist, einen solchen Entschluss des VR zu motivieren (RIS-Justiz RS0080637). Der Vte ist dafür beweispflichtig, dass auch die richtige Beantwortung der an ihn gestellten Frage nicht geeignet gewesen wäre, den Entschluss des VR zum Vertragsabschluss in irgendeiner Weise zu beeinflussen (RIS-Justiz RS0080787). Nach Lehre und Rechtsprechung sind an die vom VN bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuwendende Sorgfalt, insb dann, wenn die gestellten Fragen - wie hier - Individualtatsachen betreffen, ganz erhebliche Anforderungen zu stellen (7 Ob 174/01s, VersR 2001, 530 mwN; 7 Ob 266/02x; RIS-Justiz RS0080641). Für eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht genügt bereits leichte Fahrlässigkeit (RIS-Justiz RS0080572). Ist der Vorschrift des § 16 Abs 1 zuwider die Anzeige eines erheblichen Umstandes unterblieben, so kann der VR nach § 16 Abs 2 vom Vertrag zurücktreten. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung kann sich der VR aber auch ohne Vertragsauflösung auf Leistungsfreiheit berufen, wenn er von der Verletzung der betreffenden vorvertraglichen Obliegenheit (Anzeigepflicht) erst nach dem Versicherungsfall erfahren hat (7 Ob 14/93 VersE 1568 = VR 1994, 29 = VersR 1994, 627; 7 Ob 57/05s; 7 Ob 120/05f; 7 Ob 250/06z; RIS-Justiz RS0080523; GRUBMANN, VersVG5 § 16 E 60; Schauer, Versicherungsvertragsrecht3, 116).

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Artikel-Nr.
ZFR 2008/128

04.12.2008
Heft 6/2008
Autor/in
Michael Gruber

Univ. Prof. Dr. Michael Gruber lehrt Unternehmensrecht an der Universität Salzburg.