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Urheberrechts-Novelle 2015 - BGBl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert werden (Urheberrechts-Novelle 2015 - Urh-Nov 2015)

BGBl I 2015/99, ausgegeben am 13. 8. 2015

Zur unverändert übernommenen RV siehe LN Rechtsnews 19695 vom 18. 6. 2015.

Geänderte wirtschaftliche, technische und rechtliche Rahmenbedingungen haben zu einer Reihe von Reformanliegen geführt, die die Regierungsparteien dazu veranlasst haben, eine Reform des Urheberrechts in das Arbeitsprogramm für die Jahre 2013 - 2018 aufzunehmen. In dessen Umsetzung greift die Novelle dieses Vorhaben - aufbauend auf Vorarbeiten der vorangegangenen Legislaturperiode - auf.

Hauptgesichtspunkte der Novelle

Filmwerke - Verwertungsrechte:

Aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchen des HG Wien hat der EuGH in seiner Entscheidung C-277/10 (= LN Rechtsnews 12517 vom 10. 2. 2012 = RdW 2012/164) die Ansicht vertreten, dass die gesetzliche Übertragung der Rechte des Hauptregisseurs als Filmurheber auf den Filmproduzenten („cessio legis“) dem Unionsrecht widerspricht und durch eine Vermutungslösung zu ersetzen wäre. Dies bedeutet zunächst nur, dass § 38 Abs 1 UrhG für den Hauptregisseur nicht mehr iS einer gesetzlichen Rechteeinräumung, sondern als widerlegbare Vermutungsregel zu interpretieren ist.

Dennoch wird nun die cessio legis des § 38 Abs 1 UrhG für alle Filmurheber überarbeitet und die deutsche Regelung einer widerlegbaren Vermutung verbunden mit dem Verbot einer Vorausabtretung übernommen.

Vergütungen für private Vervielfältigungen:

Das UrhG gestattet die Vervielfältigung von Werken zum eigenen und privaten Gebrauch und sieht dafür in § 42b zwei Vergütungsansprüche vor, die den Urhebern Einnahmen aus der privaten Vervielfältigung sichern sollen. Die „Leerkassettenvergütung“ wird auf Trägermaterial eingehoben und soll die Urheber für private Vervielfältigungen auf Bild- und Schallträgern (also für „Aufnahmen“) entlohnen. In Orientierung an der deutschen Rechtslage werden nun Speichermedien jeglicher Art in die „Leerkassettenvergütung“ einbezogen und anlässlich dessen wird § 42b UrhG auch in anderen Aspekten überarbeitet.

Eine Rückzahlung der Vergütung kommt nur mehr für Letztverbraucher in Betracht, die glaubhaft machen, dass sie die Speichermedien überhaupt nicht für Vervielfältigungen zum eigenen oder privaten Gebrauch nutzen oder nutzen lassen. Dafür wird nach den EB „idR wohl die Vorlage der Rechnung für die Speichermedien und die Ausfüllung eines von der Austro-Mechana auf ihrer Website angebotenen Formulars ausreichen“.

Dieser Rückzahlungsanspruch wird darüber hinaus iSd Praxis der Austro-Mechana sowie der Vorgaben der Entscheidungen des EuGH in den Rs C-467/08, Padawan (= LN Rechtsnews 9996 vom 22. 10. 2010 = RdW 2010/782), und C-521/11, Amazon (= LN Rechtsnews 15483 vom 12. 7. 2013 = RdW 2013/439), um eine Regelung ergänzt, nach der eine Vergütungspflicht von vornherein entfällt, wenn der Zahlungspflichtige glaubhaft macht, dass die Speichermedien weder von ihm selbst noch von Dritten für vergütungspflichtige Vervielfältigungen verwendet werden.

Mit der Neuregelung des Rückersatzanspruchs und der Ausnahme von der Vergütungspflicht werden auch sprachlich die Anforderungen umgesetzt, die der EuGH in der Rs C-521/11, Amazon, an ein System der Einhebung der Leerkassettenvergütung bei den Produzenten und Importeuren gestellt hat. Dabei wird ausdrücklich angeordnet, dass die Verwertungsgesellschaft auf ihrer Website einen einfachen Weg für die Geltendmachung des Rückersatzanspruchs und der Befreiung von der Zahlungspflicht anzubieten hat, der verständlich und für den durchschnittlichen Nutzer nachvollziehbar sein muss, eine wirksame Geltendmachung ermöglicht und mit keiner übermäßigen Erschwernis verbunden ist. Die Verwertungsgesellschaft hat daher bereits auf der Startseite ihrer Website ein leicht auffindbares Formular anzubieten, aus dem sich die Anforderungen ebenso ergeben wie die Stelle, bei der das Rückzahlungsbegehren einzubringen ist.

Letztlich ist eine Verpflichtung vorgesehen, in Rechnungen über die Veräußerung von Geräten und Speichermedien auf die Vergütung hinzuweisen. Dies soll die Durchsetzung des Rückersatzanspruchs erleichtern.

Neuregelung des Zitatrechts, freie Werknutzung für „unwesentliches Beiwerk“:

Das Zitatrecht wird großzügiger formuliert (§ 42f UrhG) und eine Ausnahme für „unwesentliches Beiwerk“ nach deutschem Vorbild geschaffen (§ 42e UrhG); danach dürfen Werke „vervielfältigt, verbreitet, durch Rundfunk gesendet, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und zu öffentlichen Vorträgen, Aufführungen und Vorführungen benutzt werden, wenn sie dabei nur zufällig oder beiläufig und ohne Bezug zum eigentlichen Gegenstand der Verwertungshandlung genutzt werden.“

Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen:

In § 42a UrhG wird klargestellt, dass der Versand von Kopien durch Bibliotheken auf Bestellung auch in digitaler Form möglich ist.

Darüber hinaus wird die freie Werknutzung der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch von Sammlungen geringfügig erweitert, um die Anfertigung von Sicherungskopien auf gesicherte Grundlagen zu stellen (§ 42 Abs 7 und 8 UrhG).

In § 42g UrhG wird eine Rechtsgrundlage für die Zuverfügungstellung von Lehrmaterialien in einem Intranet für Bildungszwecke geschaffen.

Um die Nutzung von Werken in Prüfungsaufgaben („Zentralmatura“) zu vereinfachen, wird § 59c UrhG um einen darauf Bezug nehmende Bestimmung ergänzt, die eine Verwertungsgesellschaftenpflicht mit Außenseiterwirkung vorsieht.

Zweitverwertung wissenschaftlicher Beiträge:

Zur Förderung von Zweitveröffentlichungen im Weg des Open Access wird für wissenschaftliche Urheber ein Zweitverwertungsrecht für die Ergebnisse hauptsächlich öffentlich-finanzierter Forschung eingeführt.

Formate für Menschen mit Behinderungen:

In vorweggenommener Umsetzung des WIPO-Marrakesch-Abkommens zur Erleichterung des Zugangs lesebehinderter Personen zu veröffentlichten Werken wird die freie Werknutzung nach § 42d UrhG zugunsten behinderter Menschen erweitert und auch sonst an die Vorgaben des Vertrags angepasst (Organisationen die zur öffentlichen Zurverfügungstellung berechtigt sind, Standards etc).

Ausübende Künstler und Veranstalter:

Der I. Abschnitt des II. Hauptstücks (§§ 66 bis 72 UrhG) über das verwandte Schutzrecht für die Leistungen der ausübenden Künstler und der Veranstalter wird sprachlich und systematisch modernisiert. Inhaltlich werden dabei aber nur die Persönlichkeitsrechte der ausübenden Künstler an die der Urheber angenähert.

Auflassung des „Urheberregisters“:

Um in den Genuss der Regelschutzfrist (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) zu kommen, müssen die Urheber anonym erschienener Werke innerhalb der für sie geltenden Schutzfrist (70 Jahre nach Erstveröffentlichung) in das Urheberregister eingetragen und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlicht werden. Die Revidierte Berner Übereinkunft und die Schutzdauerrichtlinie hingegen lassen hiefür die Offenbarung der Identität des Urhebers genügen.

Derzeit wird das Urheberregister so gut wie gar nicht genutzt. Das Urheberregister wird daher abgeschafft und nach den konventions- und gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für den Lauf der Regelschutzfrist nur noch die Offenbarung der Identität des Urhebers vorgesehen.

Inkrafttreten

Die Änderungen treten grds mit 1. 10. 2015 in Kraft.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20047 vom 13.08.2015