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Alternative Finanzinstrumente im Lichte der AGB-Kontrolle - zivilrechtliche Zulässigkeit qualifizierter Nachrangdarlehen

RA Mag. Gernot Wilfling / Univ.-Ass. Mag. Michael Komuczky

Die strengen Anforderungen der AGB-Kontrolle machen auch vor den immer beliebter werdenden und vom Gesetzgeber geförderten alternativen Finanzinstrumenten nicht halt. Mit dem qualifizierten Nachrangdarlehen ist jüngst die zivilrechtliche Zulässigkeit einer für KMU praktisch besonders bedeutenden Investitionsform infrage gestellt worden. Diese soll daher beleuchtet werden.

1. Ausgangslage

In den letzten Jahren begannen immer mehr kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), sich abseits klassischer Bankkredite zu finanzieren. Teilweise wurden dafür simple Darlehenskonstruktionen gewählt: Ein Unternehmer lässt sich auf Basis standardisierter Verträge von einer Vielzahl an Personen Darlehen gewähren. Dafür zahlt er den Darlehensgebern (in der Folge "Investoren" oder "Anleger" genannt) Zinsen und am Laufzeitende zahlt der Unternehmer die Darlehensvaluta zurück.

Seit der VwGH dieses Vorgehen als Einlagengeschäft (§ 1 Abs 1 Z 1 zweiter Fall BWG) qualifiziert hat,1 ist die Praxis auf qualifizierte Nachrangdarlehen umgestiegen. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) beurteilt solche Instrumente bei entsprechender Ausgestaltung als nicht bankkonzessionspflichtig.2 Empfohlen wird etwa die folgende qualifizierte Nachrangklausel:

"Der Anleger erklärt hiermit gemäß § 67 Abs 3 Insolvenzordnung, dass bei der Prüfung einer rechnerischen Überschuldung der Gesellschaft Verbindlichkeiten gegen ihn aus diesem Nachrangdarlehensvertrag nicht zu berücksichtigen sind. Der Anleger erklärt weiters, dass er die Befriedigung seiner Forderungen aus diesem Nachrangdarlehensvertrag erst nach Beseitigung eines allfälligen negativen Eigenkapitals (§ 225 Abs 1 UGB) oder im Fall der Liquidation nach Befriedigung aller Gläubiger begehrt und dass wegen dieser Verbindlichkeiten kein Insolvenzverfahren eröffnet zu werden braucht. Zahlungen durch die Gesellschaft erfolgen daher nur, wenn und soweit unter Berücksichtigung der Forderungen sämtlicher (derzeitigen und zukünftigen) Gläubiger der Gesellschaft, deren Forderungen nachrangig gem § 67 Abs 3 Insolvenzordnung sind, ein positives Eigenkapital vorliegt und soweit die Auszahlung des jeweils fälligen Betrags keine Insolvenz der Gesellschaft bewirken würde."3

Die aufsichtsrechtlichen Vorgaben führen also dazu, dass nun am Markt Darlehensmodelle angeboten werden, die für Anleger nachteiliger sind als herkömmliche Darlehensverträge. Ihre Gläubigerstellung ist verschlechtert (nachrangige Befriedigung, die im Insolvenzfall regelmäßig zu Totalverlust führt) und sie haben keinen unbedingten Rückzahlungsanspruch mehr gegenüber dem Unternehmer (Aussetzung von Zahlungen bei drohender Insolvenz des Unternehmers). Das mag aus Anlegerschutzüberlegungen als unbefriedigend empfunden werden,4 sagt aber noch nichts über die zivilrechtliche Zulässigkeit aus. Diese soll im Folgenden ausführlich untersucht werden.

2. Anwendbarkeit der AGB-Prüfung

Für eine Vielzahl an Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Partei der anderen Partei bei Abschluss eines Vertrags stellt, gelten als allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) bzw "Vertragsformblätter" iSv § 864a und § 879 Abs 3 ABGB. Für diverse Wertpapieremissionsbedingungen hat der OGH dies bereits entschieden.5 Für Standard-Darlehensverträge, auf deren Basis das alternative Finanzinstrument "qualifiziertes Nachrangdarlehen" begeben wird, würde der OGH wohl gleich entscheiden.6 Sie müssen daher dem Prüfungs-Regime für AGB standhalten.7


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3. Geltungskontrolle

Gem § 864a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in AGB dann nicht Vertragsbestandteil, wenn sie für die andere Partei nachteilig sind und diese nicht mit einer solchen Bestimmung zu rechnen brauchte. Es müssen also kumulativ drei Voraussetzungen vorliegen: (1) die Bestimmung ist ungewöhnlich; (2) sie benachteiligt den Anleger und (3) der Anleger musste nicht mit ihr rechnen (überraschende Bestimmung).

Ob eine Klausel ungewöhnlich ist, muss grundsätzlich objektiv geprüft werden.8 Objektiv gewöhnliche Klauseln können nur ausnahmsweise wegen subjektiver Ungewöhnlichkeit unter die Geltungskontrolle fallen, wenn der Anleger aus Sicht eines redlichen Verkehrsteilnehmers in einem konkreten Fall nicht mit einer solchen Klausel rechnen musste.9

Die Prüfung, ob eine Bestimmung objektiv unüblich ist, hat sich daran zu orientieren, was bei dem jeweiligen Vertragstyp verkehrsüblich ist.10 Das qualifizierte Nachrangdarlehen ist ein eigenständiger Vertragstyp, der nicht nur praktisch weit verbreitet ist, sondern jüngst auch in das Gesetz Eingang gefunden hat (siehe § 2 Z 2 AltFG).11 Diesem Vertragstyp mangelt es an dispositivem Recht, seine Ausgestaltung ist im Rahmen der Vertragsautonomie den Parteien überlassen.12

Aus Sicht des Unternehmers erfüllt das qualifizierte Nachrangdarlehen den Zweck, eine leicht verständliche und administrierbare alternative Finanzierungsmöglichkeit zu nutzen, die auch nicht unter die konzessionspflichtigen Bankgeschäfte fällt. Für Anleger erweitert sich damit die am Markt verfügbare Palette an Finanzprodukten und es tut sich eine zusätzliche Möglichkeit auf, eine spürbare Verzinsung zu generieren; dies meist bei gleichzeitigem Unterstützen regionaler Unternehmer oder zumindest Investieren in als besonders nachhaltig empfundene Geschäftszweige (etwa regenerative Energien). Die qualifizierten Nachrangdarlehen führen daher regelmäßig zu "Win-win-Situationen". Für diesen Vertragstyp ist die qualifizierte Nachrangklausel aber gerade wesensstiftend und kann daher wohl kaum als objektiv unüblich bezeichnet werden.13

Ein anderes Ergebnis wäre nur denkbar, wenn im konkreten Fall die objektive Unüblichkeit nicht am Vertragstyp "qualifiziertes Nachrangdarlehen", sondern anhand eines anderen Vertragstyps zu beurteilen wäre (etwa dem einfachen Darlehen). Das hängt davon ab, was von den Parteien gewollt ist. Die Bestimmung der Ungewöhnlichkeit kann daher nicht immer streng von den übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 864a ABGB getrennt werden. Welchen Vertragstyp die Parteien gewollt haben, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Ist ein Vertrag aber - wie praktisch der Regelfall - bereits als qualifizierter Nachrangdarlehensvertrag bezeichnet, ist der Fall klar. Auch wenn sich sonst aus den Umständen, etwa durch besondere Hervorhebung oder Erläuterung der qualifizierten Nachrangklausel ergibt, dass beide Parteien bewusst diesen Vertragstyp gewählt haben, ist vom beiderseitigen Willen zum Abschluss eines qualifizierten Nachrangdarlehens auszugehen und es liegt keine ungewöhnliche Bestimmung vor.

Ob die qualifizierte Nachrangklausel zusätzlich nachteilig oder für den Anleger überraschend ist, spielt daher für die Geltungskontrolle keine Rolle mehr. Ersteres ist jedoch für die Inhaltskontrolle (4.) relevant. Überraschend können qualifizierte Nachrangklauseln im Übrigen wohl kaum sein, wenn die qualifizierte Nachrangigkeit bereits aus dem Titel hervorgeht oder die Klausel besonders hervorgehoben ist (etwa durch Fettdruck oder Blockbuchstaben).14

4. Inhaltskontrolle

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 864a ABGB wurde die qualifizierte Nachrangklausel Vertragsbestandteil und unterliegt der Inhaltskontrolle. Dafür sind zwei Bestimmungen relevant: § 879 Abs 1 ABGB (Sittenwidrigkeit; 4.1.) und § 879 Abs 3 ABGB (gröbliche Benachteiligung; 4.2.).

4.1. Sittenwidrigkeit

Nach § 879 Abs 1 ABGB ist ein Vertrag nichtig, wenn er gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Ob der gesamte Vertrag, oder aber nur die unerlaubte Vertragsbestimmung nichtig ist, hängt vom Zweck der die Unerlaubtheit begründenden Norm ab.15

Ein ausdrückliches gesetzliches Verbot qualifizierter Nachrangklauseln kennt die österreichische Rechtsordnung nicht.

Ein Verstoß gegen die guten Sitten liegt dann vor, wenn die Vereinbarung zwar nicht gegen ein ausdrückliches Verbot verstößt, sie aber trotzdem offenbar rechtswidrig ist.16 Die guten Sitten sind also unter Zuhilfenahme des österreichischen positiven Rechts zu konkretisieren.17

Das österreichische Recht kennt kein Gebot der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung.18 Es steht jedem frei, auch erhebliche Nachteile in Kauf zu nehmen.19 Äquivalenzstörungen


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sind in den §§ 934 und 879 Abs 2 Z 4 ABGB abschließend geregelt.20 Lediglich bei Hinzutreten weiterer Elemente kann eine Äquivalenzstörung im Einzelfall sittenwidrig sein.21 Der Fall, dass Äquivalenzstörung und verdünnte Willensfreiheit zusammentreffen und Sittenwidrigkeit begründen, wurde nunmehr in § 879 Abs 3 ABGB geregelt22 und soll unten separat behandelt werden (siehe 4.2).

In Lehre23 und Rsp24 werden Fälle genannt, in denen eine grobe Unausgewogenheit in den Rechtspositionen allein die Sittenwidrigkeit begründen kann. Dies ist aber jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn das Gesetz nicht die Ungültigkeit der Vereinbarung verlangt.25

In Bezug auf die Vereinbarung eines qualifizierten Nachrangs finden sich Regelungen im Gesetz. So erwähnt § 67 Abs 3 IO die Erklärung eines qualifizierten Nachrangs durch den Gläubiger ausdrücklich und geht von deren Gültigkeit aus. § 2 Z 2 AltFG wiederum anerkennt qualifizierte Nachrangdarlehen ausdrücklich als alternative Finanzinstrumente. Der Gesetzgeber geht also von deren grundsätzlicher Zulässigkeit aus. Der Zusatz in § 2 Z 2 letzter Satz AltFG, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Unwirksamkeit von Vertragsklauseln unberührt bleiben, kann daher nur bedeuten, dass der Gesetzgeber mit der Aufnahme von qualifizierten Nachrangdarlehen nicht im Einzelfall besonders intransparente Konstruktionen legitimieren wollte. Die dem Gesetzgeber bei Einführung des AltFG bekannten, typischen Vertragskonstruktionen muss er demgegenüber als zulässig erachten, sonst hätte er sie wohl nicht als alternative Finanzinstrumente ins Gesetz aufgenommen. Aus der Wendung in § 2 Z 2 letzter Satz AltFG abzuleiten, die Vereinbarung eines qualifizierten Nachrangs sei generell dermaßen inäquivalent, dass er sittenwidrig ist, wäre daher absurd. Außerdem würde auch die Privatautonomie massiv eingeschränkt (§ 879 Abs 1 ABGB gilt ja nicht nur gegenüber Kleinanlegern, sondern auch gegenüber institutionellen Investoren). Für eine solche Einschränkung gibt es keinen Grund.26

4.2. Gröbliche Benachteiligung

Gem § 879 Abs 3 ABGB sind Bestimmungen in AGB, die nicht die Hauptleistungspflichten betreffen, nichtig, wenn sie den Vertragspartner des AGB-Verwenders gröblich benachteiligen. Im Rahmen dieser Bestimmung setzt sich das die Nichtigkeit begründende Unwerturteil aus dem Zusammenspiel der inhaltlichen Äquivalenzstörung einerseits und der verdünnten Willensfreiheit des Vertragspartners andererseits zusammen.27 Beide Elemente sollen im Rahmen eines beweglichen Systems im Sinne Wilburgs28 berücksichtigt werden.29

Zu klären ist zunächst, ob § 879 Abs 3 ABGB auf die qualifizierte Nachrangklausel überhaupt anwendbar ist, also "nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt" (4.2.1.). In der Folge wäre zu prüfen, ob sie im Lichte der ratio von § 879 Abs 3 ABGB (4.2.2.) oder der Natur des Vertrages (4.2.3.) als gröblich benachteiligend qualifiziert werden kann und ob der Investor durch den Wegfall der Klausel überhaupt bessergestellt werden würde (4.2.4.).

4.2.1. Anwendbarkeit von § 879 Abs 3 ABGB

§ 879 Abs 3 ABGB soll nicht der Prüfung der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung dienen.30 Allerdings wird der Begriff der Hauptleistung eng verstanden,31 nur die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der gegenseitigen Leistungen soll erfasst sein, nicht hingegen allgemeine Bestimmungen, die die Preisberechnung oder die vertragstypischen Leistungen generell näher umschreiben oder Zeit und Ort der Erfüllung regeln.32

Die qualifizierte Nachrangklausel dient zwar nicht der ziffernmäßigen Umschreibung einer Leistungspflicht. Allerdings ist die qualifizierte Nachrangklausel gerade jene Vertragsbestimmung, die den Vertrag zu dem macht, was er ist. Sie definiert den Rückzahlungsanspruch des Anlegers, ein bei diesem Finanzprodukt ganz zentraler Aspekt, und wie oben aufgezeigt das wesensbegründende Element des Vertragstyps. Ohne diese Bestimmung würde ein gewöhnliches Darlehen zustande kommen, das noch dazu aufsichtsrechtlich (ohne Bankkonzession) regelmäßig unzulässig wäre (zu den zivilrechtlichen Konsequenzen siehe unten 4.2.4.).

Auch in Deutschland sind grundsätzlich nur die Bestimmungen der Hauptleistungspflichten von der Inhaltskontrolle ausgenommen.33 Gerade in Bezug auf Finanzprodukte nimmt die deutsche Lehre allerdings eine entscheidende Erweiterung dieser Ausnahme vor. So sollen neben den essentialia negotii auch jene Bestimmungen des Vertrages nicht der Inhaltskontrolle unterliegen, die als "Produktmerkmal" des jeweiligen Finanzprodukts zu qualifizieren sind.34 Dies wird damit begründet, dass solche Vertrags-


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bestimmungen, die die Produktmerkmale definieren und für das jeweilige Finanzprodukt gerade identitätsstiftend sind, bereits von Beginn an Gegenstand der Aufmerksamkeit der Vertragsparteien seien und deshalb die typischen Gefahren für den Vertragspartner des AGB-Verwenders nicht vorlägen. Es sei deshalb systemwidrig, solche Bestimmungen einer Inhaltskontrolle zu unterziehen35 bzw seien die Produktmerkmale insoweit den essentialia negotii gleichzusetzen und damit von der Inhaltskontrolle auszunehmen.36

Der BGH hat im Zusammenhang mit Genussrechten ausgesprochen, dass deren Inhalt im Einzelnen mangels gesetzlicher Regelung vertraglich festzulegen ist und die frei gestalteten Hauptleistungen (und dazu gehörte auch die Frage, ob es sich im konkreten Fall um Eigen- oder Fremdkapital handelte) nicht der AGB-Kontrolle unterliegen.37 Der qualifizierte Nachrang verschiebt Darlehen von Fremdkapital zu Mezzaninkapital und kann daher nicht anders behandelt werden.38

UE gilt auch für Österreich, dass solche Vertragsbestimmungen, die den von den Parteien gewollten Vertragstyp definieren - wie das durch die qualifizierte Nachrangklausel geschieht -, nicht der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegen. Der von den Parteien abgeschlossene Vertrag würde ohne die qualifizierte Nachrangklausel in seinem Wesen vollständig geändert. Es handelt sich also um eine Bestimmung, die den abgeschlossenen Vertrag entscheidend definiert. Ohne sie wäre der Abschluss des Vertrages überdies aufsichtsrechtlich unzulässig. Nur dieser Klausel ist es daher zu verdanken, dass sich ein Anleger überhaupt für dieses Finanzprodukt entscheiden kann.

Der Vertrag als Ganzes ist auch auf die Natur der Vereinbarung als qualifiziertes Nachrangdarlehen ausgerichtet. Bei Wegfall (ausschließlich) der qualifizierten Nachrangklausel würde die von den Parteien als richtig empfundene Äquivalenz gestört, da das Investitionsrisiko des Anlegers grundsätzlich geändert würde. Eine Äquivalenzkontrolle als solche war aber gerade nicht Sinn und Zweck von § 879 Abs 3 ABGB.39 Bei der qualifizierten Nachrangklausel handelt es sich also um eine Klausel, die Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegt, nicht jedoch um eine, die bloß das eigentliche Leistungsversprechen einschränkt.40 Dies deshalb, da die qualifizierte Nachrangklausel das Risiko bei der Vermögenshingabe durch den Anleger konkretisiert. Das qualifizierte Nachrangdarlehen ist wie erwähnt mezzanines Finanzprodukt, das gegebene Kapital Eigenkapitalsurrogat.41 Durch den Entfall der qualifizierten Nachrangklausel würde aus der Leistung des Anlegers ein Aliud, das eigentlich intendierte Eigenkapitalsurrogat würde auf einen Schlag zum Fremdkapital, das Risiko des Anlegers verminderte sich drastisch, während die Vorzüge aus dem Vertrag erhalten blieben.42

4.2.2. Mangelnde gröbliche Benachteiligung im Lichte der Ratio des § 879 Abs 3 ABGB

Eine Klausel ist nach § 879 Abs 3 ABGB unwirksam, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles den Partner des AGB-Verwenders gröblich benachteiligt. Grundsätzlich soll dabei das dispositive Recht als Maßstab gelten, wobei eine unangemessene Abweichung davon bereits gröblich benachteiligend ist.43 Es ist dabei eine umfassende Interessenkontrolle vorzunehmen.44

Nach der hier vertretenen Ansicht kommt eine solche Prüfung am dispositiven Recht schon deshalb nicht infrage, weil für das qualifizierte Nachrangdarlehen im Gesetz keine dispositiven Normen vorgesehen sind.45 Außerdem ist eine Prüfung der qualifizierten Nachrangklausel nach § 879 Abs 3 ABGB wegen der Ausnahme der Hauptleistungspflichten unzulässig (siehe oben 4.2.1.). Doch selbst wenn man eine solche Prüfung zulässt, hält die qualifizierte Nachrangklausel stand.

Nach der Ratio von § 879 Abs 3 ABGB soll die Kombination zweier verwerflicher Elemente, die für sich allein nicht zur Nichtigkeit eines Vertrages ausreichen,46 das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit begründen:47 die durch die Verwendung von AGB typischerweise bedingte48 verdünnte Willensfreiheit des Vertragspartners und die Unausgewogenheit der Vertragspositionen zu seinen Lasten.

Diese beiden Elemente wurden in einem beweglichen System verbunden. Liegt also eines besonders gravierend vor, so muss das andere nur in geringer Intensität vorliegen.49 Umgekehrt bedeutet dies aber auch: Liegt eines der beiden Elemente nur in geringem Maße vor, so muss das andere umso intensiver gegeben sein.

Im Falle eines qualifizierten Nachrangdarlehens kann jedoch gerade nicht vom typischen Fall einer verdünnten Willensbildung durch die Verwendung von AGB gesprochen werden. Von beiden Parteien wird der Abschluss eines qualifizierten Nachrangdarlehens gewollt (andernfalls wäre bereits die wirksame Einbeziehung der qualifizierten Nachrangklausel in den Vertrag fraglich, § 864a ABGB). Der Anleger hat sich aus freien Stücken dazu entschlossen, einen solchen Vertrag abzuschließen. Trotz der Vielzahl an Finanzprodukten am Markt hat er sich freiwillig für ein qualifiziertes Nachrangdarlehen entschieden. Wie von der deutschen Lehre betont,50 stand damit die qualifizierte Nachrangigkeit von Beginn an im Fokus beider Parteien, also auch des Anlegers, wodurch die typischerweise durch AGB geschaffene Ungleichgewichtslage im


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Falle der qualifizierten Nachrangklausel nicht gegeben ist. Dem Anleger wurde die qualifizierte Nachrangklausel nämlich nicht durch die Übermacht des Unternehmers diktiert.51

Ist aber das Element der verdünnten Willensfreiheit nicht gegeben, so müsste das Element der Äquivalenzstörung in einem solchen Maß vorliegen, dass es die Sittenwidrigkeit schon für sich allein begründet. Wie bereits oben (siehe 4.1.) dargelegt, ist dies jedoch gerade nicht der Fall. Von einer gröblichen Benachteiligung durch die qualifizierte Nachrangklausel kann uE deshalb nicht gesprochen werden.52 Wie bereits ausgeführt, belegt die Aufnahme des qualifizierten Nachrangs durch den Gesetzgeber in § 67 Abs 3 IO und § 2 Z 2 AltFG dies deutlich.

Eine solche Einschränkung der Privatautonomie wäre der österreichischen Rechtsordnung auch fremd. Der Gesetzgeber maßt sich eben nicht an, dem Einzelnen jegliche Form von für ihn nachteiligen Verträgen zu verbieten.53 Geht der Anleger den Vertrag aus freien Stücken und ausreichend informiert ein, so soll er dies auch dürfen. Diese Willensfreiheit wird im gegebenen Kontext von § 864a ABGB sichergestellt.

4.2.3. Mangelnde gröbliche Benachteiligung aufgrund der Natur des Vertrages

Der Ministerialentwurf zu § 879 Abs 3 ABGB54 enthielt eine deutlich ausführlichere Bestimmung, die allerdings dem Justizausschuss zu kompliziert schien55 und deshalb vereinfacht wurde. Nach dem Ministerialentwurf konnte die "unangemessene Verschiebung der Rechtslage zu Ungunsten eines Teils" dadurch gerechtfertigt werden, dass diese durch die Natur des Geschäfts gerechtfertigt war. Auch wenn dies nicht in der Form in die geltende Fassung von § 879 Abs 3 ABGB übernommen wurde, ist in Lehre56 und Rsp57 anerkannt, dass die Natur des jeweiligen Rechtsgeschäfts bei der Bestimmung, ob eine gröbliche Benachteiligung vorliegt, mit einzubeziehen ist.

Wie bereits mehrfach betont, entspricht die qualifizierte Nachrangigkeit der Forderungen des Anlegers allerdings gerade der Natur eines qualifizierten Nachrangdarlehens. Ohne diese Klausel läge eben ein gänzlich anderer Vertrag vor (siehe dazu oben 4.2.1.). Die qualifizierte Nachrangklausel ist also denklogische Bedingung für die Natur des von den Parteien abgeschlossenen Rechtsgeschäfts. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann nicht von einer gröblichen Benachteiligung durch die qualifizierte Nachrangklausel gesprochen werden.58

Daher muss man das sogenannte Preisargument gar nicht mehr heranziehen.59 Darunter versteht man, dass dem Vertragspartner des AGB-Verwenders eine nachteilige Nebenbestimmung durch das Gewähren einer attraktiveren Hauptleistung (also entweder niedrigerer Preis oder höhere Zinsen für den Vertragspartner) "abgekauft" wird.60 Im gegenständlichen Fall handelt es sich ja wie oben gezeigt ohnehin nicht um eine Nebenabrede.

4.2.4. Keine Besserstellung des Investors bei Wegfall der qualifizierten Nachrangklausel

Fraglich ist weiters, welche Rechtspositionen die Parteien bei Nichtigkeit der qualifizierten Nachrangklausel hätten.

Der Unternehmer würde - Gewerbsmäßigkeit vorausgesetzt - einen Verstoß gegen § 1 Abs 1 Z 1 BWG begehen, wenn bloß die qualifizierte Nachrangklausel wegfallen würde. Er wäre damit gem § 98 BWG verwaltungsstrafrechtlich zu belangen. Nachdem es sich hierbei um ein Dauerdelikt handelt,61 gehen Verwaltungsstrafen in der Praxis regelmäßig mit Unterlassungsverfügungen der FMA einher. Von der öffentlich-rechtlichen Seite her wäre der Unternehmer also verpflichtet, zunächst vermeintlich über qualifizierte Nachrangdarlehen eingeworbene Gelder unverzüglich zurückzuzahlen.

Ob der Unternehmer allerdings dazu berechtigt ist, dem Investor das Kapital zurückzuzahlen, ist eine zivilrechtliche Frage. Regelmäßig sehen die Verträge die Fälligkeit des Kapitals erst für das Ende der Laufzeit vor und enthalten keine ordentliche Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers. Nachdem die Aufrechterhaltung des Vertrages aber die Verwirklichung eines Dauerdelikts nach dem BWG darstellt, wäre hier (auch aufgrund des öffentlichen Interesses an der Einhaltung des BWG) wohl Gesamtnichtigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB anzunehmen oder dem Unternehmer zumindest ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender wichtiger Grund zuzugestehen. § 100 Abs 1 BWG wäre nicht einschlägig.62 In beiden Fällen würde der Anleger wohl - ohne Anspruch auf die bis zum Laufzeitende noch zustehenden Zinsen - den Vertrag verlieren. Das will er regelmäßig nicht, sonst hätte der Anleger wohl kaum den ursprünglichen Nachrangdarlehensvertrag abgeschlossen. Er wäre also durch die Nichtigkeit der Nachrangklausel nicht bessergestellt.63 Auch aus diesen Überlegungen heraus kann nicht von einer gröblichen Benachteiligung durch die qualifizierte Nachrangklausel gesprochen werden.

5. Konsumentenschutzrechtliche Bestimmungen

Qualifizierte Nachrangdarlehen werden regelmäßig auch Konsumenten iSd KSchG angeboten, weshalb auch die diesbezüglichen


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Vorgaben zu beachten sind. Der Vertrag muss daher transparent formuliert iSd § 6 Abs 3 KSchG sein (5.1.). Außerdem darf keine Bestimmung der Abs 1 und 2 des § 6 KSchG verletzt werden (5.2.).

5.1. Das Transparenzgebot

Das Transparenzgebot in § 6 Abs 3 KSchG soll dafür sorgen, dass dem Verbraucher ausreichend Information gegeben wird, sodass dieser seine Interessen eigenverantwortlich wahrnehmen kann.64 Dabei reicht formelle Textverständlichkeit nicht aus, vielmehr müssen Inhalt und Tragweite der AGB-Bestimmungen für den Verbraucher durchschaubar sein.65 Allerdings ist etwa bei juristischen Texten ein gewisses Maß an Mindestkundigkeit beim Verbraucher vorauszusetzen, da sonst ganze Branchen ihre juristische Kommunikationsfähigkeit verlieren würden.66 Es kann nämlich nicht angehen, dass in AGB keine termini technici mehr verwendet werden dürfen.67 Auch bei einem Verweis auf Gesetzesbestimmungen ist es dem Verbraucher grundsätzlich zuzumuten, sich Kenntnis vom Inhalt der Normen zu verschaffen.68 Wird alles Wesentliche in den AGB selbst bereits erläutert, so ist ein zusätzlicher Verweis auf Gesetzesbestimmungen jedenfalls unschädlich.69

Dem Anleger muss daher aus der Vertragskausel heraus jedenfalls klar sein, dass er ein qualifiziertes Nachrangdarlehen gewährt und was die rechtlichen Konsequenzen sind. Eine rechtliche Nachhilfestunde muss ihm dabei aber nicht erteilt werden70 und er hat sich über Rechtsbegriffe, wie etwa die Vereinbarung eines Rangrücktritts, zu informieren, falls sie ihm nicht geläufig sind.71

Die eingangs angeführte qualifizierte Nachrangklausel erfüllt diese Voraussetzungen ohne Zweifel, weil termini technici auf das Notwendigste reduziert und die mit der Klausel verbundenen Konsequenzen erläutert werden.

5.2. Prüfung der Nachrangklausel im Lichte weiterer KSchG-Bestimmungen

5.2.1. § 6 Abs 1 Z 5 und Abs 2 Z 3 KSchG auf qualifizierte Nachrangklauseln anwendbar?

Die Bestimmungen des KSchG über einseitige Änderungen der Leistung des Konsumenten (§ 6 Abs 1 Z 5 KSchG) und des Unternehmers (§ 6 Abs 2 Z 3 KSchG) sind auf qualifizierte Nachrangklauseln nicht anwendbar.72 Beide Bestimmungen zielen auf einseitige Leistungsänderungen durch den Unternehmer ab und sollen den Verbraucher vor unternehmerischer Willkür schützen sowie das Prinzip pacta sunt servanda aufrechterhalten.73 Bei qualifizierten Nachrangklauseln kann allerdings schon begrifflich nicht von einseitiger Änderung gesprochen werden. Die Zahlungspflicht des Unternehmers ist nur unter ganz genau umschriebenen Umständen (vorübergehend) ausgesetzt, die genau vordefiniert sind und nicht in der Diskretion des Unternehmers liegen. Dass Zahlungspflichten bei Insolvenzeröffnung ausgesetzt werden, ergibt sich im Übrigen bereits aus der IO.

Die Anwendung dieser Bestimmungen auf die qualifizierte Nachrangklausel widerspräche auch deren Zweck. Es soll der Verbraucher davor geschützt werden, dass er etwas anderes bekommt als erwartet74 oder mehr leisten muss als vereinbart.75 § 6 Abs 2 Z 3 KSchG bezieht sich dabei auf die Beschaffenheit der Hauptleistung an sich76 und nicht darauf, ob unter gewissen Umständen die Leistung (vorübergehend) verweigert werden kann. Durch die qualifizierte Nachrangklausel muss der Verbraucher aber weder mehr zahlen, noch etwas anderes entgegennehmen als vereinbart. Diese Klausel konkretisiert lediglich das Investitionsrisiko des Verbrauchers näher.

Aus diesen Gründen bedarf es auch keiner Prüfung der sachlichen Rechtfertigung für die qualifizierte Nachrangklausel.

5.2.2. Gebot einer Abwicklungstransparenz?

Die Lehre von der Abwicklungstransparenz wurde zu § 6 Abs 1 Z 5 KSchG entwickelt.77 Diese Bestimmung regelt den Fall, dass sich der Unternehmer vorbehält, unter festgelegten Bedingungen den zu zahlenden Preis zu ändern, und ist daher mit qualifizierten Nachrangdarlehen nicht vergleichbar. Grundgedanke ist, dass der Verbraucher nur dann über seine Rechte und Pflichten informiert ist, wenn er überprüfen kann, ob die Voraussetzungen einer späteren Preisänderung auch tatsächlich vorliegen. In Anlehnung daran meint man mit Abwicklungstransparenz Folgendes: Über das Transparenzgebot (§ 6 Abs 3 KSchG) hinaus, welches grundsätzlich nur auf Abschlusstransparenz zielt, soll der Verbraucher auch im Fall des Schlagendwerdens einer Klausel, die eine Abänderung seiner Leistungspflicht erlaubt, überprüfen können, ob die Voraussetzungen der Klausel tatsächlich eingetreten sind. Für Preisänderungsklauseln dürfte wohl weitgehend anerkannt sein, dass der Unternehmer im Falle des Eintretens der Bedingungen, die eine Preisänderung bewirken, dem Verbraucher darüber die notwendigen Informationen zukommen zu lassen hat, um diesem eine Plausibilitätsprüfung zu ermögli-


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chen.78 Der Unternehmer habe dem Verbraucher bei jeder Berufung auf die Änderungsklausel darzutun, warum sich welche Änderungsfaktoren wie bewegt hätten.79 Dies folge aus den Grundsätzen des Transparenzgebotes, wobei eine Plausibilitätskontrolle ausreiche und kein detaillierter Beweis erforderlich sei.

Wie erwähnt, ist die qualifizierte Nachrangklausel kein Anwendungsfall des § 6 Abs 1 Z 5 (oder des § 6 Abs 2 Z 3) KSchG und die dazu entwickelte Lehre von der Abwicklungstransparenz auch nicht anwendbar. Mangels Diskretion des Unternehmers wären derartig weitgehende Pflichten deutlich überschießend. Ein redlicher Vertragspartner wird dennoch nicht nur auf den Eintritt der Bedingung verweisen, sondern sollte (in Anlehnung an die von der Lehre zu § 6 Abs 1 Z 5 KSchG aufgestellten Anforderungen)80 die Voraussetzungen für eine vorübergehende Zahlungsverweigerung auch belegen. Dabei wären uE die zur Beurteilung erforderlichen Bilanzpositionen offenzulegen.

Schon aus den vorgenannten Gründen ist es auch für die Wirksamkeit der qualifizierten Nachrangklausel nicht erforderlich, eine entsprechende Informationspflicht bei Vertragsabschluss ausdrücklich zu vereinbaren.81 Dies wird nicht einmal für Preisanpassungsklauseln nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG vertreten.

Die Vereinbarung der Informationspflicht als Gültigkeitsvoraussetzung wäre aber für den Anleger auch nicht hilfreich: Wäre diese Vereinbarung nämlich Gültigkeitsvoraussetzung, so würde dem Verbraucher das von ihm gewählte Finanzprodukt genommen (siehe 4.2.4.). Verweigert der Unternehmer seine Zahlung aber ohne Begründung, so nützt es ihm nichts, wenn die qualifizierte Nachrangklausel mangels vereinbarter Informationspflicht ungültig ist. Liegen nämlich die Voraussetzungen zur Zahlungsverweigerung tatsächlich vor, so dringt der Verbraucher aufgrund der Insolvenz des Unternehmers nicht mit seiner Klage durch. Liegen sie nicht vor, dringt er zwar mit seiner Klage durch, verliert aber gleichzeitig die Zinsen für die Zukunft, da der Vertrag als Ganzes unwirksam wäre. Würde die mangelnde Vereinbarung der Informationspflicht im Verbandsprozess aufgegriffen werden, so würde man dem Verbraucher abermals einen von ihm gewollten Vertrag nehmen und in seine Privatautonomie eingreifen.

Hat sich der Unternehmer hingegen zur Information verpflichtet, kommt er dieser Verpflichtung aber erst nach Klage des Verbrauchers nach und sind die Voraussetzungen der Zahlungsverweigerung auch tatsächlich gegeben, so wäre die Klage mangels Fälligkeit der Forderung abzuweisen. Auch wenn die Klausel daher im Verbandsprozess standhalten würde, wäre der Verbraucher nicht bessergestellt als ohne sie. Sind die Voraussetzungen der qualifizierten Nachrangklausel allerdings nicht gegeben, so wird der Verbraucher in jedem Fall mit seiner Klage durchdringen.

Aus all dem ergibt sich, dass eine vertragliche Pflicht zur Information die Transparenz in keiner Weise erhöht. Das immer bestehende Risiko, dass ein Vertragspartner vertragswidrig handelt, kann auch Verbraucher-Anlegern nicht zu 100 % abgenommen werden.

6. Resümee

Qualifizierte Nachrangklauseln sind jedenfalls gültig, wenn dem Investor klar ist, welche Art von Vertrag er abschließt. Für den Gestalter von Verträgen über qualifizierte Nachrangdarlehen ist es deshalb ratsam, bereits im Namen des Vertrages deutlich zu machen, dass es sich um ein qualifiziertes Nachrangdarlehen handelt. Auch die qualifizierte Nachrangklausel selbst sollte im Vertragstext hervorgehoben werden, etwa indem sie fett gedruckt oder in Blockbuchstaben geschrieben ist. Aus dem Text der qualifizierten Nachrangklausel muss ein Investor auch herauslesen können, was der qualifizierte Nachrang bedeutet.

Die qualifizierte Nachrangklausel ist auch nicht sittenwidrig oder gröblich benachteiligend. Andernfalls würde die Privatautonomie zu stark eingeschränkt werden; die österreichische Rechtsordnung will informierte Investitionsentscheidungen (seien sie von Unternehmern oder Verbrauchern) nicht verbieten.

Muss der Unternehmer seine Zahlungen aufgrund der qualifizierten Nachrangklausel einstellen, sollte er dies als redlicher Vertragspartner gegenüber dem Verbraucher-Anleger entsprechend begründen. Eine entsprechende Verpflichtung im Vertrag vorzusehen, ist für die Wirksamkeit der qualifizierten Nachrangklausel nicht erforderlich, könnte aber im Sinne einer "Best Practice" in Erwägung gezogen werden.

1

VwGH 29. 11. 2013, 2013/17/0242, der medial heiß diskutierte "Fall Staudinger".


2

Allgemeine Information der Finanzmarktaufsicht (FMA) zu Bürgerbeteiligungsmodellen für Verbraucher 6.


3

Bachner/Wittmann in Pöltner/Horak, Crowdfunding und Crowdinvesting - Neue Wege der Unternehmensfinanzierung für Start-ups und KMU plus Fallbeispiele 36.


4

Siehe etwa Haghofer, Zur Wirksamkeit qualifizierter Nachrangklauseln, VbR 2015/27; für Deutschland siehe Fußwinkel, Qualifzierte Nachrangklauseln: Alles oder Nichts - Risiken für Anleger im grauen Kapitalmarkt, abrufbar unter www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2014/fa_bj_1408_qualifizierte_nachrangklauseln.html (letzter Aufruf am 26. 2. 2016).


5

Siehe die Übersicht bei Schrank/Wilfling, Änderung von Emissionsbedingungen, ÖBA 2011, 883 f.


6

Ähnlich Schrank/Wilfling, ÖBA 2011, 884.


7

Schrank/Wilfling, ÖBA 2011, 884.


8

RIS-Justiz RS0014627; Graf in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 864a ABGB Rz 40 (Stand 19. 5. 2015, rdb.at); Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 864a ABGB Rz 19 (Stand 1. 11. 2014, rdb.at); Riedler in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar (2014) IV4 § 864a ABGB Rz 35.


9

Siehe Rummel in Rummel/Lukas § 864a ABGB Rz 19 und Graf in Kletečka/Schauer § 864a ABGB Rz 41 f, jeweils mwN aus der Rsp; die subjektive Ungewöhnlichkeit spielt hier uE keine Rolle und wird nicht weiter erörtert.


10

RIS-Justiz RS0014627; Rummel in Rummel/Lukas § 864a ABGB Rz 19; Riedler in Schwimann/Kodek § 864a ABGB Rz 35.


11

Alternativfinanzierungsgesetz BGBl I 2015/114.


12

Vgl für Genussrechte ebenso BGH 5. 10. 1992, II ZR 172/91 NJW 1993, 57 (59).


13

AA Haghofer, VbR 2015, 45.


14

Rummel in Rummel/Lukas § 864a ABGB Rz 26 mwN.


15

Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 514 mwN.


16

Riedler in Schwimann/Kodek § 879 Teil 1 ABGB Rz 8.


17

Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 51 mwN.


18

Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 51 mwN; zust Graf in Kletečka/Schauer § 879 ABGB Rz 111.


19

Krejci in F. Bydlinski/Krejci et al (Hrsg), Das Bewegliche System im geltenden und künftigen Recht (1986) 134.


20

Graf in Kletečka/Schauer § 879 ABGB Rz 111.


21

Graf in Kletečka/Schauer § 879 ABGB Rz 112 mwN.


22

Statt vieler Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 98 mwN.


23

Graf in Kletečka/Schauer § 879 ABGB Rz 112 mwN; Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 100.


24

OGH 11. 7. 1979, 6 Ob 622, 623/79 MietSlg 31.259; 6. 2. 1950, 2 Ob 151/49.


25

OGH 3. 2. 1967, 5 Ob 26/67 ImmZ 1968, 27, in diesem Fall sah das Gesetz andere Sanktionen wie Schadenersatz vor.


26

So wohl auch Haghofer, VbR 2015, 45 f, der die Nichtigkeit ausschließlich im Rahmen des § 879 Abs 3 ABGB wegen der Kombination aus Inäquivalenz und verdünnter Willensfreiheit durch AGB-Verwendung prüft.


27

ErläutRV 744 BlgNR 14. GP 46; Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 367.


28

Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems im bürgerlichen Recht (1950); siehe dazu Steininger in F. Bydlinski/Krejci et al 2 f; F. Bydlinski in F. Bydlinski/Krejci et al 27 ff.


29

RIS-Justiz RS0016914.



31

RIS-Justiz RS0128209; Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 374.


32

Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 374.


33

Wurmnest in Säcker/Rixecker et al (Hrsg), Münchner Kommentar zum BGB (2016) II7 § 307 BGB Rz 12 mwN.


34

Siehe zu den hier gegenständlichen qualifizierten Nachrangdarlehen Poelzig, Nachrangdarlehen als Kapitalanlage: Im "Bermuda-Dreieck" von Bankaufsichtsrecht, Kapitalmarktrecht und AGB-Recht, WM 2014, 923 f, und Primozic/Schaaf, AGB-Kontrolle und Rangrücktrittsvereinbarungen, ZInsO 2014, 1833 ff; siehe außerdem zu "ewigen Anleihen" Thomas, Die Unternehmensfinanzierung durch ewige Anleihen zwischen Gesellschaftsrecht und Bürgerlichem Recht, ZHR 2007, 695 f mwN.


35

Primozic/Schaaf, ZInsO 2014, 1835.


36

Poelzig, WM 2014, 923; Thomas, ZHR 2007, 696.


37

BGH 5. 10. 1992, II ZR 172/91 NJW 1993, 59.


38

Zweifelnd jedoch Poelzig, WM 2014, 922.



40

Siehe RIS-Justiz RS0016908 (T1 und T5); aA Haghofer, VbR 2015, 45.


41

Poelzig, WM 2014, 922 f.


42

Primozic/Schaaf, ZInsO 2014, 1834.


43

JA 1223 BlgNR 14. GP 5; RIS-Justiz RS0016914; Graf in Kletečka/Schauer § 879 ABGB Rz 279; Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 377.


44

Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 376.


45

Vgl die Ratio in BGH 5. 10. 1992, II ZR 172/91 NJW 1993, 57 (59) zu Genussrechten.


46

Krejci in F. Bydlinski/Krejci et al 135.


47

ErläutRV 744 BlgNR 14. GP 46; OGH 4. 5. 2006, 9 Ob 15/05d; Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 98 und 367; zur alten Rechtslage F. Bydlinski, Zur Einordnung der allgemeinen Geschäftsbedingungen im Vertragsrecht, in Festschrift Kastner (1972) 63.


48

Krejci in F. Bydlinski/Krejci et al 137.


49

Krejci in F. Bydlinski/Krejci et al 135 und 138.


50

Poelzig, WM 2014, 922 f.


51

Das wäre die typische Situation, die die Annahme verdünnter Willensfreiheit rechtfertigt, siehe Krejci in F. Bydlinski/Krejci et al 134.


52

In diesem Sinn für eine einfache Nachrangklausel BGH 20. 2. 2014, IX ZR 137/13; aA Haghofer, VbR 2015, 45 f.


53

Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 51 mwN; ders in F. Bydlinski/Krejci et al 134.




56

Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 380; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB (2010)3 § 879 ABGB Rz 23.


57

OGH 17. 12. 2012, 4 Ob 164/12i, 3.1.; 22. 12. 2010, 2 Ob 73/10i, 4.; 4. 5. 2006, 9 Ob 15/05d; 4. 5. 2005, 8 Ob 31/05z.


58

AA Haghofer, VbR 2015, 45 f.


59

Siehe dazu Haghofer, VbR 2015, 46.


60

ErläutRV 744 BlgNR 14. GP 47; siehe dazu statt vieler Krejci in Rummel/Lukas § 879 ABGB Rz 380.



62

Diese Bestimmung soll nur den Vertragspartner des ohne Bankberechtigung Darlehen vergebenden Teils schützen, ErläutRV 844 BlgNR 14. GP 38; Puck in Dellinger, Bankwesengesetz (3. Lfg; 2009) § 100 Rz 1.


63

AA Haghofer, VbR 2015, 45 f.


64

Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar (2015) Va4 § 6 KSchG Rz 88.


65

RIS-Justiz RS0122169.


66

RIS-Justiz RS0115217 (T21); Apathy in Schwimann/Kodek § 6 KSchG Rz 88; Krejci in Rummel, ABGB3 § 6 KSchG Rz 210 (Stand 1. 1. 2002, rdb.at).


67

RIS-Justiz RS0115217 (T21); Krejci in Rummel § 6 KSchG Rz 210.


68

Krejci in Rummel § 6 KSchG Rz 212.


69

Krejci in Rummel § 6 KSchG Rz 214.


70

RIS-Justiz RS0115217 (T21); Apathy in Schwimann/Kodek § 6 KSchG Rz 88; Krejci in Rummel § 6 KSchG Rz 210.


71

BGH 20. 2. 2014, IX ZR 137/13.


72

AA Haghofer, VbR 2015, 46 f.


73

Apathy in Schwimann/Kodek § 6 KSchG Rz 22 und 72; Krejci in Rummel § 6 KSchG Rz 72 ff.


74

Apathy in Schwimann/Kodek § 6 KSchG Rz 73.


75

Vgl Krejci in Rummel § 6 KSchG Rz 179: "Änderung" bedeutet Modifizierung in der Beschaffenheit, Abweichung ein Aliud.


76

Apathy in Schwimann/Kodek § 6 KSchG Rz 22.


77

Fenyves/Rubin, Vereinbarungen von Preisänderungen bei Dauerschuldverhältnissen und KSchG, ÖBA 2004, 358 f, unter Berufung auf die deutsche Lehre, sowie Krejci in Rummel § 6 KSchG Rz 86 und Wilhelm, Preisgleitklauseln am Vorabend der Liberalisierung der Energiemärkte, ecolex 2001, 505.


78

Fenyves/Rubin, ÖBA 2004, 359; so wohl auch Krejci in Rummel § 6 KSchG Rz 86.


79

Fenyves/Rubin, ÖBA 2004, 359.


80

Fenyves/Rubin, ÖBA 2004, 359.


81

AA Haghofer, VbR 2015, 46 f.


Artikel-Nr.
ZFR 2016/158

17.08.2016
Heft 8/2016
Autor/in
Michael Komuczky
Univ.-Ass. Mag. Michael Komuczky ist Universitätsassistent an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.
Gernot Wilfling

RA Mag. Gernot Wilfling ist Partner bei Müller Partner Rechtsanwälte. Er berät unter anderem im Kapitalmarkt- und Bankrecht, regelmäßig auch in streitigen Angelegenheiten gegenüber der FMA, der EZB und dem SRB.