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Arbeitsrechtliche Fragen rund um die EURO 2016

Am 10. Juni 2016 beginnt die Fußball-Europameisterschaft 2016 (UEFA EURO 2016) in Frankreich. Angesichts der Teilnahme Österreichs wird das Fußballfieber große Teile der Bevölkerung erfassen und wird auch am Arbeitsplatz nicht ganz zu ignorieren sein. Welche arbeitsrechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang auftreten können, wird im folgenden Beitrag kurz erörtert, wobei die Lösungen natürlich auch auf andere sportliche Großereignisse, wie zB die Olympischen Spiele im Sommer 2016, übertragbar sind.

1. Mitverfolgen eines Matches am Arbeitsplatz

Schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Dienstvertrag ab, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, innerhalb der vorgesehenen Arbeitszeit dem Arbeitgeber für die Erbringung der vereinbarten Dienste zur Verfügung zu stehen. Aus diesem Grund ist es während der Dienstzeit grundsätzlich nicht erlaubt, arbeitsfremden Tätigkeiten nachzugehen (zB fernzusehen).

Ausnahmen können insbesondere im Falle von Tätigkeitsbereichen bzw Zeiträumen bestehen, in denen bloße Arbeitsbereitschaft vorliegt (zB Portier) oder wenn vorab für den TV-Konsum am Arbeitsplatz die Erlaubnis des Arbeitgebers eingeholt wurde. Wird in diversen Lokalen und Wettbüros das Fernsehen während der Arbeitszeit generell gestattet, muss vorab keine weitere Zustimmung des Arbeitgebers eingeholt werden.

In der heutigen Zeit erfolgt das "Fernsehen" häufig nicht mehr über das klassische TV-Gerät. Im Internetzeitalter besteht die Möglichkeit, ein Match via Livestream im Internet zu verfolgen - sei es über den PC, Laptop, ein Tablet oder auch das Smartphone. Im Folgenden wird nun zunächst unterstellt, dass Arbeitnehmer über dienstliche Geräte ein Fußballmatch verfolgen.

Ob die private Nutzung des dem Arbeitgeber gehörenden Internetanschlusses zulässig ist, hängt primär davon ab, ob im Unternehmen - sei es im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder mittels Weisung - eine entsprechende Regelung getroffen wurde oder nicht. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Privatnutzung ausdrücklich untersagt wurde, ausdrücklich erlaubt wurde oder ob keine Regelungen über die Privatnutzung des Internetanschlusses bestehen.

1.1. Ausdrückliches Internetverbot

Arbeitgeber können die private Nutzung des Internets generell verbieten. Ist das der Fall, ist die Nutzung des Internets nur in Notfällen erlaubt, insbesondere bei Vorliegen wichtiger Dienstverhinderungsgründe (zB Erledigung behördlicher Angelegenheiten oder Vereinbarung von Arztterminen). Bei ausdrücklichem Internetverbot könnte schon das kurze Abrufen von Ergebnissen und umso mehr das Verfolgen von Spielen im Internet via Livestream problematisch sein und zu weitreichenden Konsequenzen führen.

1.2. Keine Regelung

Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass das private Internetsurfen bei Fehlen eines ausdrücklichen Verbots vom Arbeitgeber - ähnlich wie privates Telefonieren - insoweit zu dulden ist, als es nicht ein bestimmtes zeitliches Ausmaß überschreitet (vgl OLG Wien 7. 5. 2003, 8 Ra 45/03a, ARD 5461/9/2003). Es ist daher davon auszugehen, dass eine für den Arbeitgeber zumutbare private Internetnutzung erlaubt ist. Eine geringfügige und in zeitlicher Hinsicht maßvolle Privatnutzung wird daher in der Praxis als üblich anzusehen sein. Was für den Arbeitgeber noch als üblich anzusehen ist, richtet sich dabei insbesondere nach den betrieblichen Interessen und Erfordernissen. Durch privates Internetsurfen darf keinesfalls eine Vernachlässigung der Dienstpflichten oder eine sonstige Beeinträchtigung des Arbeitsablaufes erfolgen. Den entscheidenden Maßstab bildet dabei die arbeitsrechtliche Treuepflicht.

Das kurze Abrufen von Spielergebnissen bzw des Spielstandes wird demnach im Regelfall kein Problem darstellen und keine negativen Konsequenzen für den Arbeitnehmer nach sich ziehen. Das Verfolgen eines ganzen Fußballspiels im Livestream, das sich im Regelfall über 90 Minuten erstreckt, wird hingegen auch ohne Regelung der privaten Internetnutzung problematisch sein und stellt objektiv einen Verstoß gegen die Dienstpflichten dar.

1.3. Ausdrückliche Erlaubnis

Sofern eine Erlaubnis zur privaten Internetnutzung vorliegt, besteht im Regelfall eine noch weiterreichende Nutzungsbefugnis. Aus der den Arbeitnehmer treffenden arbeitsvertraglichen Treuepflicht darf jedoch auch durch erlaubtes privates Surfen keinesfalls eine Vernachlässigung der Dienstpflichten oder eine sonstige Beeinträchtigung des Arbeitsablaufes erfolgen. Das Verfolgen eines ganzen Fußballspiels im Livestream kann auch bei ausdrücklicher Erlaubnis der privaten Internetnutzung problematisch sein.

Praxistipp

Praxistipp: Arbeitgeber sollten den konkreten Umfang der Internetnutzung durch den Arbeitnehmer mittels Regelungsvereinbarung oder Richtlinie bestimmen und die Nutzungsregelung so präzise wie möglich formulieren. Eine Regelung kann auch im Arbeitsvertrag direkt oder durch Weisung erfolgen.

1.4. Internetnutzung mittels privaten Smartphones

Heutzutage kann das Internet auch über Tablets oder Smartphones abgerufen werden. Es ist daher naheliegend, ein Fußballmatch etwa über das private Smartphone zu verfolgen.

Auch wenn sich dieses im Privateigentum des Arbeitnehmers befindet und dem Arbeitgeber keine Kosten verursacht, kann das Fußballschauen mittels Smartphone zu einer potenziellen Verletzung der Dienstpflicht führen, da der Arbeitnehmer ja für die Erbringung der vereinbarten Dienste zur Verfügung stehen muss.

Grundsätzlich sind daher dieselben Grundsätze, die bei der Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses gelten, auch im Fall der Nutzung privater Smartphones während der Arbeitszeit heranzuziehen. Die arbeitsvertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers dürfen aufgrund des Internetsurfens nicht beeinträchtigt werden. Das Problem für den Arbeitgeber wird jedoch die Beweisbarkeit einer das zumutbare Ausmaß überschreitenden Internetnutzung mittels privaten Smartphones darstellen.

1.5. Übertragung eines Matches im Radio

Ob das Verfolgen eines Fußballmatches im Radio zulässig ist, richtet sich danach, ob Radiohören am Arbeitsplatz vom Arbeitgeber gestattet wurde. Ist es generell erlaubt, wird es auch zulässig sein, dass ein Fußballmatch im Hintergrund läuft. Die Arbeit darf natürlich während einer Radioübertragung nicht vernachlässigt werden und es darf auch niemand anderer (Kollegen, Kunden usw) durch die Radioübertragung gestört werden.

1.6. Konsequenzen bei Pflichtenverstoß

1.6.1. Entlassung

Wenn trotz Internetverbots ein Arbeitnehmer beim Fußballschauen erwischt wird oder im Fall einer fehlenden Regelung im Betrieb (im Ausnahmefall sogar bei Erlaubnis) das zumutbare Ausmaß der privaten Internetnutzung überschritten wird, so ist zu klären, ob dieses Verhalten womöglich den Ausspruch der Entlassung rechtfertigen kann. Dies hängt natürlich von den Umständen des Einzelfalls ab (zB Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des Arbeitnehmers, Verwarnung, Dringlichkeit der zu leistenden Arbeit etc).

Eine Entlassung ist im Wesentlichen dann berechtigt, wenn der Arbeitnehmer ein Verhalten gesetzt hat, das dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist objektiv unzumutbar macht.

Im Regelfall wird ein einmaliges Fehlverhalten eine Entlassung noch nicht rechtfertigen. Aber auch wiederholte Verstöße nach erfolgter Ermahnung müssen nicht zwingend eine Entlassung rechtfertigen, wenn die einzelnen Verstöße von ganz geringem Ausmaß sind.

Im Falle eines Fehlverhaltens des Arbeitnehmers ist es wichtig, ihn aufzufordern, sofort wieder seinen dienstlichen Pflichten nachzugehen. Es ist eine Verwarnung auszusprechen, vor allem wenn zu befürchten ist, dass sich das Verhalten des Arbeitnehmers wiederholen könnte. Eine Verwarnung sollte schriftlich erfolgen; dies dient auch der Beweissicherung, wenn es bei einem erneuten Fehlverhalten unter Umständen darum geht, den Arbeitnehmer fristlos zu entlassen.

Als Entlassungsgrund kommt vor allem die beharrliche Pflichtenvernachlässigung iSd § 27 Z 4 AngG bzw § 82 lit f GewO 1859 in Betracht. Als beharrlich ist eine Pflichtenvernachlässigung anzusehen, wenn in ihr die Nachhaltigkeit, Unnachgiebigkeit oder Hartnäckigkeit des auf die Verletzung der Pflichten gerichteten Willens zum Ausdruck kommt. Sie liegt vor, wenn sie sich wiederholt ereignet oder so schwerwiegend ist, dass mit Recht auf die Nachhaltigkeit der Willenshaltung des Dienstnehmers geschlossen werden kann.

Ein einmaliger Pflichtenverstoß wird zB dann eine Entlassung rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer zur sofortigen Rückkehr an den Arbeitsplatz aufgefordert wird, sich aber vehement weigert und weiter das Match verfolgt oder eine Tätigkeit eine ganz besondere Konzentration erfordert (zB Fluglotse).

In der fallweisen Nutzung des Internets liegt im Regelfall ohne vorangehende Verwarnung noch kein Grund für eine fristlose Entlassung. Im Falle der wiederholten Missachtung eines ausdrücklichen Nutzungsverbots kann allerdings der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit oder der beharrlichen Pflichtverletzung gegeben sein (vgl OLG Wien 28. 3. 2003, 7 Ra 16/03d, ARD 5461/10/2003). Das OLG Linz hat etwa entschieden, dass die private Internetnutzung von täglich durchschnittlich 1,5 Stunden während der Arbeitszeit verbunden mit dem Download umfangreicher Film- und Musikdateien (auch im Falle einer generellen Erlaubnis der Privatnutzung) in eklatanter Weise gegen die Arbeitspflicht verstößt und zur Entlassung berechtigt (vgl OLG Linz 21. 6. 2011, 11 Ra 43/11i, ARD 6185/1/2011).

Davon ausgehend kann zusammenfassend wohl gesagt werden, dass zwar nicht die einmalige, jedoch die mehrmalige Verfolgung einer Fußballübertragung im Internet - eventuell sogar im Fall der erlaubten privaten Internetnutzung - eine Entlassung rechtfertigen kann, dies umso eher, wenn der Arbeitnehmer bereits zuvor verwarnt wurde und/oder dringende Arbeiten zu erledigen gewesen wären. Maßgeblich sind aber immer die Umstände des Einzelfalls!

1.6.2. Kürzung des Entgelts

Die Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Leistung erbringt bzw im Fall der Nichterbringung der Leistung dafür ein rechtfertigender Grund vorliegt (Urlaub, Krankenstand usw). Wenn ein Arbeitnehmer nun ein ganzes Match oder größere Teile eines Fußballspiels im TV bzw Internet während der Arbeitszeit verfolgt, so verliert er für

die Dauer der Dienstversäumnis seinen Anspruch auf das Entgelt. Das Entgelt kann zu Recht gekürzt werden, wenn ein Fernsehverbot besteht, die Privatnutzung des Internets für private Zwecke untersagt ist bzw eine entsprechende Weisung des Arbeitgebers im Vorhinein ergangen ist.

2. Bekleidungsvorschriften und "Dekoration"

Mitunter kann auch die Frage auftauchen, ob der Arbeitnehmer im Dress einer Nation am Arbeitsplatz erscheinen darf.

Bekleidungsvorschriften im Betrieb fallen grundsätzlich unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers (vgl zB OGH 11. 2. 1999, 8 ObA 195/98d, ARD 5019/2/99). Gibt es im Unternehmen eine verbindliche Kleiderordnung oder Uniformpflicht, so sprechen vor allem diese betrieblichen Gründe gegen das Tragen eines Fußballtrikots. Ebenso kann die Beeinträchtigung des vertrauenswürdigen Erscheinungsbildes gegenüber den Kunden und Klienten (zB als Steuerberater, Rechtsanwalt, Bankmitarbeiter etc) die Weisung des Arbeitgebers rechtfertigen, kein Fußballdress zu tragen oder das Gesicht nicht rot-weiß-rot (oder in den Farben der jeweiligen Lieblingsmannschaft) zu bemalen.

Will ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz mit Fanartikeln und der Nationalflagge "dekorieren", so wird diese Arbeitsplatzgestaltung auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers zulässig sein, wenn der Arbeitnehmer allein im Zimmer sitzt bzw seine Zimmerkollegen keine Einwände haben und der Arbeitsplatz nicht von Kunden oder Klienten betreten werden kann.

3. Fußball und Alkohol

3.1. Alkoholkonsum während Fußball-Schauen

Wenn nun ausnahmsweise das Fernsehen im Betrieb gestattet ist, darf in weiterer Folge nicht leichtfertig das eine oder andere Bier vor dem TV-Gerät oder PC konsumiert werden. Es ist zu hinterfragen, ob im Betrieb eine Vereinbarung betreffend den Umgang mit Alkohol am Arbeitsplatz getroffen wurde.

Der Umgang mit Alkohol kann in einer Betriebsvereinbarung nach § 97 Abs 1 Z 1 ArbVG (= allgemeine Ordnungsvorschriften betreffend das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb) geregelt sein. Wenn ein absolutes Alkoholverbot besteht, muss sich der Arbeitnehmer natürlich daran halten. Der Alkoholkonsum während der Arbeitszeit kann auch durch einseitige Weisung des Arbeitgebers untersagt sein, der Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer bedarf es dazu nicht. Eine solche Weisung sollte jedenfalls schriftlich erfolgen und den Arbeitnehmern nachweislich zur Kenntnis gebracht werden.

3.2. Alkoholisierung nach Siegesfeier

Während der EURO 2016 ist - insbesondere im Falle eines Sieges der österreichischen Nationalmannschaft - nicht auszuschließen, dass so mancher Arbeitnehmer nach einer im wahrsten Sinne des Wortes berauschenden Siegesfeier am folgenden Tag noch mit einem eindeutigen Restalkoholspiegel zur Arbeit erscheint. Unweigerlich stellt sich dann so mancher Arbeitgeber die Frage, ob das Erscheinen am Arbeitsplatz in betrunkenem Zustand eine fristlose Entlassung rechtfertigen kann.

Natürlich kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer sein Verhalten in der Freizeit nicht vorschreiben. Jedoch muss der Arbeitnehmer sein Verhalten auch während seiner Freizeit grundsätzlich darauf ausrichten, ab dem Zeitpunkt des Arbeitsantritts seine Pflichten ohne besondere Beeinträchtigung (zB durch vorherigen Alkoholgenuss) wahrnehmen zu können. Daher ist ein Alkoholkonsum vor Arbeitsantritt in einem Ausmaß, das eine Alkoholisierung auch noch während der Arbeitszeit wahrscheinlich macht, pflichtwidrig.

Ob ein Grund für eine Entlassung vorliegt oder nicht, hängt wiederum von den Umständen des Einzelfalls ab und wird insbesondere vom konkreten Tätigkeits- und Aufgabengebiet des Arbeitnehmers (insbesondere von der möglichen Gefährdung von Arbeitskollegen, Kunden etc durch Alkoholisierung), vom jeweiligen Ausmaß der Alkoholisierung und davon abhängen, ob der Arbeitnehmer bereits in der Vergangenheit einschlägige Verstöße begangen hat bzw deswegen verwarnt worden ist oder nicht. Als Entlassungsgrund kommen theoretisch in Betracht:

-Vertrauensunwürdigkeit (nur für Angestellte; § 27 Z 1 AngG)
-Dienstunfähigkeit (§ 27 Abs 2 AngG und § 82 lit b GewO 1859)
-Beharrliche Pflichtverletzung (§ 27 Z 4 AngG und § 82 lit f GewO 1859)
-Trunksucht (nur bei Arbeitern; § 82 lit c GewO 1859)
Hinweis

Hinweis: Es ist in jedem Einzelfall sehr genau zu prüfen, ob die jeweiligen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind und damit einer der vorgenannten Entlassungsgründe infrage kommt. So setzt etwa der Entlassungsgrund der Trunksucht bei Arbeitern wiederholte Trunkenheit voraus, die bereits einen Hang zum Alkoholismus erkennen lässt. Im Fall eines einmaligen Erscheinens am Arbeitsplatz in betrunkenem Zustand wird dieser Entlassungsgrund somit nicht erfüllt sein. Überhaupt wird ein einmaliges Erscheinen in alkoholisiertem Zustand wohl in den seltensten Fällen eine Entlassung rechtfertigen.

4. Die EURO 2016 als Dienstverhinderungsgrund?

Erwirbt ein Arbeitnehmer eine Eintrittskarte zu einem Match der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich, so muss er sich dafür Urlaub oder allenfalls Zeitausgleich nehmen. Der Besuch eines sportlichen Großevents stellt keinen wichtigen persönlichen Dienstverhinderungsgrund iSd § 8 Abs 3 AngG bzw § 1154b Abs 5 ABGB dar, der den Arbeitgeber zur Fortzahlung des Entgelts verpflichtet.

Ebenso wenig liegt ein entgeltfortzahlungspflichtiger Dienstverhinderungsrund vor, wenn der Arbeitnehmer vorzeitig die Arbeit verlässt, um rechtzeitig zu Spielbeginn zu Hause vor dem Fernsehgerät zu sitzen. Besteht nicht ohnehin ein flexibles Arbeitszeitmodell, so muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber

um Erlaubnis fragen, will er früher gehen, bekommt aber für die "Minusstunden" kein Entgelt.

Theoretisch kann der Arbeitgeber den Mitarbeitern vor einem wichtigen Match einen freien Nachmittag oder einen früheren Dienstschluss "schenken" (dh Fortzahlung der Bezüge bzw kein Zeitabzug). Dabei sollte der Arbeitgeber jedoch, um gewohnheitsrechtliche Ansprüche für die Zukunft zu vermeiden, darauf hinweisen, dass es sich dabei um ein freiwilliges Entgegenkommen des Unternehmens handelt, das ohne jeglichen Rechtsanspruch für die Zukunft erfolgt.

Ein anderes Szenario ist jenes, dass ein Arbeitnehmer, der die EURO 2016 in Frankreich besucht, seinen Rückflug verpasst, weil er - trotz laufender Hinweise in den Medien, dass aufgrund erhöhter Terrorgefahr überall strenge Sicherheitskontrollen durchgeführt werden und man daher für alle Wege mehr Zeit als üblich einplanen sollte - zu spät zum Flughafen kommt, dadurch seinen Flug verpasst und daher am nächsten Tag nicht bei der Arbeit erscheint.

Auch diese Dienstverhinderung muss der Arbeitnehmer auf seine Kappe nehmen, hätte er doch mehr Zeit für den Weg zum Flughafen einplanen müssen. Da kein persönlicher Dienstverhinderungsgrund vorliegt, kann der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber für den nächsten Tag bzw die nächsten Tage weiteren Urlaub vereinbaren. Sollte kein Resturlaub mehr bestehen, besteht die Möglichkeit eines Urlaubsvorgriffs oder der Vereinbarung eines unbezahlten Urlaubs. Allenfalls kann Zeitausgleich vereinbart werden. Keinesfalls darf der Arbeitgeber einseitig weitere Urlaubstage vom Urlaubskonto abziehen.

5. Eintrittskarte als Belohnung

Erhält der Arbeitnehmer eine Eintrittskarte zur EURO 2016 als Belohnung oder als Prämie für besondere Leistungen, stellt dies einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis gemäß § 25 Abs 1 Z 1 EStG dar. Der lohnwerte Vorteil ist als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs 1 und 2 EStG zu versteuern.

Das EURO-Ticket ist hinsichtlich der Lohnnebenkosten sozialversicherungspflichtig, DB-, DZ- und kommunalsteuerpflichtig.

Artikel-Nr.
ARD digital exklusiv 2016/7

07.06.2016
Autor/in
Bettina Sabara

Mag. Bettina Sabara ist als Redakteurin in den Bereichen Arbeits- und Sozialrecht sowie Personalverrechnung tätig und war lange Jahre hindurch beim ARD-Fragekasten im Einsatz. Sie hat auch Fachbücher verfasst und an der Erstellung zahlreicher Lexis Briefings für Lexis 360® Personalrecht mitgewirkt.

Publikationen (Auswahl):
Ein Kind kommt (5. Auflage 2020); Betriebsrat und Arbeitgeber (2. Auflage 2012).