Die Heidelberger Dissertation von Laukemann zu dem in Deutschland viel diskutierten Thema der Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters geht zutreffend davon aus, dass die gesellschaftliche Wirklichkeit von privaten wie beruflichen Beziehungsgeflechten durchwirkt ist, die absolute Unabhängigkeit im sozialen wie im verfahrensrechtlichen Kontext unmöglich machen (2). Die anschließende Darstellung der historischen Entwicklung zeigt, dass die erste ausdrückliche Normierung des Unabhängigkeitsgebotes im dt Recht in § 38 dVerglO, wonach zum Verwalter eine "von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige Person zu bestellen" ist, wohl aus dem österr Recht stammt (vgl BMJ, Entwurf einer [österr] Vergleichsordnung [1933] 46, wo es zum übereinstimmenden Vorschlag eines § 38 öVerglO heißt, dass die "Gesichtspunkte, nach denen die Auswahl des Vergleichsverwalters erfolgen soll, […] dem geltenden Recht" [§ 30 Abs 2 AO] entsprechen). Dann werden berufsrechtliche Rahmenbedingungen analysiert; de lege ferenda schlägt Laukemann eine "eigenständige Berufsordnung für Insolvenzverwalter" vor. Er geht in der Folge davon aus, dass sich fehlende Unabhängigkeit stets und ausschließlich aus einem Interessen- oder Pflichtenkonflikt des Verwalters ergibt. Die konfliktbedingte Befangenheitsvermutung stehe aber unter dem Vorbehalt spezifischer insolvenz- wie verfassungsrechtlicher Wertungsvorgaben. Nach einer rechtsvergleichenden Darstellung des Unabhängigkeitsverständnisses im englischen Recht entwickelt der Autor ein "verfahrensbezogenes Unabhängigkeitsmodell", in dem der gerichtlichen Konfliktverhütung der Vorrang vor privatautonomer Konfliktlegitimation zukommt. Im Anhang wird das Ergebnis einer empirischen Erhebung zu Fragen der Verwalterunabhängigkeit präsentiert. Interessant ist dabei auch, dass die befragten dt Insolvenzgerichte ganz überwiegend (teilweise sogar nur) Rechtsanwälte bestellen (433). Das sehr anspruchsvolle Buch wurde 2009 mit dem "Rolf und Lucia Serick Preis" der gleichnamigen Stiftung ausgezeichnet. Es liefert vielfältigste Denkanstöße zur (in der österr Praxis - soweit zu sehen - aber weitgehend problemlosen) Auslegung des § 80b IO.
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