Artikelrundschau / Arbeitsrecht

Kovács, Das Ende der grundlosen Kündigung? ASoK 2024, 130

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

In der Rs C-715/20 hat der EuGH aus Art 47 Grundrechte-Charta (Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf) das Recht des Arbeitnehmers abgeleitet, vom Arbeitgeber über den Kündigungsgrund informiert zu werden. Die fehlende Information des Arbeitnehmers über den Kündigungsgrund erschwert es ihm erheblich, eine fundierte Entscheidung über die Erhebung einer Klage zu treffen. Die Mitteilung sei erforderlich, damit der Arbeitnehmer den genauen Kündigungsgrund kennt und die Chancen eines Anfechtungsverfahrens abschätzen kann. Die Auswirkungen des Art 47 GRC auf den österreichischen Kündigungsschutz sind allerdings begrenzt, da er nur auf solche nationalen Vorschriften anzuwenden ist, die Unionsrecht umsetzen. Da nach österreichischer Rechtslage befristet beschäftigte Arbeitnehmer bei der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses nicht schlechter gestellt sind als unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, kommt Art 47 GRC über § 4 der Rahmenvereinbarung [über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG] auf befristete Arbeitsverhältnisse nicht zur Anwendung. Dennoch gerät die fehlende Begründungspflicht bei Kündigungen, die im europäischen Rechtsraum eine Ausnahme darstellt, nach Ansicht der Autorin zunehmend unter unionsrechtlichen Druck. Weitere potenzielle Verstöße gegen Art 47 GRC sieht sie im Verfahrensrecht durch zu kurze und unklare Klagefristen. Die 14-tägige Klagefrist des Arbeitnehmers bei Anfechtung wegen verpönter Motive, Sozialwidrigkeit oder Diskriminierung sei nicht nur rechtsvergleichend auffällig kurz, sondern auch im Hinblick auf Art 47 GRC fragwürdig, da sie dem Arbeitnehmer zu wenig Zeit einräumt, die Erfolgsaussichten einer Klage zu prüfen und seine Ansprüche geltend zu machen. Bei potenziell diskriminierenden Kündigungen kann diese Frist direkt gegen Art 47 GRC verstoßen.

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Artikel-Nr.
ARD 6905/21/2024

26.06.2024
Heft 6905/2024