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Zu ausgewählten Fragen bei der Tätigkeit als Stiftungsprüfer

Kammer der Wirtschaftstreuhänder

Fachgutachten des Fachsenats für Unternehmensrecht und Revision (beschlossen in der Sitzung des Fachsenats für Unternehmensrecht und Revision am 29. 6. 2010 als Fachgutachten KFS/PE 21, überarbeitet im September 2014)

1. Vorbemerkungen und Anwendungsbereich

(1)Der österreichische Gesetzgeber hat die Vorschriften für Privatstiftungen in einem eigenen Gesetz, dem Privatstiftungsgesetz (PSG), geregelt. In diesem Gesetz sind auch Vorschriften hinsichtlich der Rechnungslegung und der Prüfung von Privatstiftungen enthalten. Obwohl der Gesetzgeber in einigen Bereichen auf die Vorschriften des UGB verweist, sind bestimmte Bereiche selbstständig geregelt. Bei der Auslegung des PSG ist daher nicht zwangsläufig auf die entsprechenden Regelungen des UGB zurückzugreifen, sondern in erster Linie auf das PSG selbst und die dazu ergangenen Erläuternden Bemerkungen. Hinsichtlich der Prüfung können sich Fragen ergeben, die aus dem Gesetz nicht eindeutig ableitbar sind. Die Beantwortung dieser Fragen ist Ziel dieses Fachgutachtens; insbesondere gilt dies für die Besonderheit, dass der Stiftungsprüfer Organ der Privatstiftung ist.
(2)Dieses Fachgutachten ist anwendbar auf die Tätigkeit als Stiftungsprüfer nach dem PSG. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses Fachgutachten nur Fragen behandelt, die sich aus den Besonderheiten der Privatstiftung ergeben, und daneben bei der Prüfung alle anderen relevanten Fachgutachten, Richtlinien und Stellungnahmen sinngemäß zu beachten sind.

2. Auftragsannahme/-bestätigung

2.1. Auswahl und Beauftragung des Stiftungsprüfers

(3)Der Stiftungsprüfer ist vom Gericht oder, falls ein solcher eingerichtet ist, vom Aufsichtsrat zu bestellen. Diese Bestellung kann auf bestimmte oder unbestimmte Zeit erfolgen.
(4)Der Stiftungsprüfer ist gemäß § 14 Abs 1 PSG Organ der Privatstiftung. Die Funktion des Stiftungsprüfers ist somit untrennbar mit seiner Organstellung verbunden. Endet die Funktionsperiode als Stiftungsprüfer, ist damit auch die Organstellung beendet. Eine Privatstiftung kann nur einen Stiftungsprüfer haben. Wird ein neuer Stiftungsprüfer bestellt, bevor die Funktionsperiode des vorhandenen Stiftungsprüfers beendet ist, beginnt seine Stellung als Organ und Stiftungsprüfer demnach erst mit dem Ablauf der Funktionsperiode des Vorgängers.
(5)Der Stiftungsprüfer hat vor Annahme des Auftrags zu prüfen, ob Ausschlussgründe gemäß § 20 Abs 3 PSG vorliegen. Die im UGB enthaltenen Unabhängigkeitsregeln der §§ 271 und 271a kommen mangels eines Verweises des PSG für Privatstiftungen nicht zur Anwendung. Der Stiftungsprüfer hat neben den Regelungen gemäß § 20 Abs 3 PSG die berufsrechtlichen Vorschriften zur Unabhängigkeit (§ 88 WTBG und § 21 WT-ARL) zu beachten. Zusätzlich wird auf die Ausführungen in der Stellungnahme des Instituts Österreichischer Wirtschaftsprüfer zu Einzelfragen zu den Unabhängigkeitsvorschriften nach dem UGB idF URÄG 2008 (IWP/PE 19) verwiesen. Da es sich bei der Stiftungsprüfung um eine gesetzliche Abschlussprüfung handelt, hat der Stiftungsprüfer auch über eine aufrechte Bescheinigung nach dem A-QSG zu verfügen.
(6)Im Falle des Vorliegens von Ausschlussgründen ist das Gericht bzw der Aufsichtsrat umgehend zu informieren. In diesem Fall ist der Stiftungsprüfer von der Prüfung ausgeschlossen. Bei mehrjähriger Bestellung zum Stiftungsprüfer ist das Vorliegen von Ausschlussgründen regelmäßig zu prüfen, und im Falle des Eintretens von Ausschlussgründen sind ebenfalls das Gericht bzw der Aufsichtsrat sowie der Stiftungsvorstand umgehend zu informieren; der Auftrag ist zurückzulegen (siehe Abschnitt 6.2.1.). Keine Informationspflicht besteht gegenüber Beiräten, auch wenn diese aufsichtsratsähnliche Funktionen haben.
(7)Der Abschluss eines schriftlichen Vertrags über die Abschlussprüfung ist geboten. Sowohl im Fall der Bestellung durch den Aufsichtsrat als auch bei gerichtlicher Bestellung wird der Vertrag über die Abschlussprüfung mit der Stiftung, vertreten durch den Stiftungsvorstand, abgeschlossen. Bei mehrjährigen Bestellungen kann der Vertrag über die Abschlussprüfung auch für mehrere Jahre abgeschlossen werden. Treten jedoch Änderungen auf, so sind diese durch einen neuen Vertrag oder Ergänzungen zum bestehenden Vertrag festzuhalten.

2.2. Versicherungsschutz und Haftungsbeschränkung

(8)Vor Auftragsannahme, und bei mehrjähriger Bestellung regelmäßig, hat sich der Prüfer zu vergewissern, dass ein ausreichender Versicherungsschutz besteht. Da § 21 Abs 2 PSG für die Verantwortlichkeit und Haftung des Stiftungsprüfers auf § 275 UGB verweist, ist durch den darin enthaltenen Verweis auf die Größenklassen des § 221 UGB die sich daraus ergebende Haftungsbeschränkung maßgeblich.

3. Spezifische Prüfungshandlungen bei Privatstiftungen

3.1. Prüfungshandlungen betreffend Buchführung und Jahresabschluss

3.1.1. Buchführung

(9)Es ist zu prüfen, ob die Rechnungslegung gemäß § 18 PSG nach den unternehmensrechtlichen Grundsätzen erfolgt. Da eine Stiftung idR Einkünfte erzielt, die für steuerliche Zwecke nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip zu ermitteln sind, ist zu prüfen, ob eine den unternehmensrechtlichen Erfordernissen entsprechende Buchführung eingerichtet ist. Oft werden im Rahmen von Vermögensverwaltungsverträgen Aufzeichnungen von Banken oder von Hausverwaltern geführt. Diese Aufzeichnungen können als Nebenbücher betrachtet und zusammengefasst in die Buchhaltung der Stiftung übernommen werden. Diese Aufzeichnungen und deren Übernahme in das Rechnungswesen der Privatstiftung sind ebenfalls Gegenstand der Stiftungsprüfung.
(10)Es ist zu prüfen, ob die Stiftung über ein angemessenes rechnungslegungsbezogenes IKS - abhängig von der Größe der Stiftung und der Komplexität des Vermögens - verfügt.

3.1.2. Jahresabschluss und Stiftungsvermögen

(11)Die Vollständigkeit, die Bewertung und der Ausweis des gestifteten Vermögens und der Zuwendungen sind zu prüfen. Es ist zu prüfen, ob bei der Gliederung des Jahresabschlusses der Grundsatz der Klarheit zur Vermittlung eines möglichst getreuen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eingehalten worden ist.

3.1.3. Steuerliche Aspekte

(12)In der Stellungnahme KFS/RL 18 wird die Behandlung der Zwischenkörperschaftsteuer gemäß § 22 Abs 3 (nunmehr: Abs 2) KStG behandelt. Daraus ergibt sich das Erfordernis der Prüfung der richtigen Berechnung der Zwischenkörperschaftsteuer durch eine Plausibilitätskontrolle der Steuerbemessungsgrundlage, der richtigen Führung des Evidenzkontos gemäß § 24 Abs 5 Z 5 KStG und der der Höhe nach richtigen und rechtzeitigen Abfuhr der Kapitalertragsteuer von Zuwendungen. Im Rahmen der Prüfung der richtigen Berechnung der Zwischenkörperschaftsteuer ist zu beachten, dass die Rechnungslegung gemäß § 18 PSG nach den im UGB enthaltenen Bestimmungen für Kapitalgesellschaften zu erfolgen hat, während die Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens nach den Sondervorschriften für Privatstiftungen gemäß § 13 KStG erfolgt.
(13)Zu prüfen ist, ob die Stiftungsurkunde und eine allfällige Zusatzurkunde dem Finanzamt gegenüber offengelegt sowie die Meldung gemäß § 5 PSG (Meldung zu den Begünstigten) durchgeführt worden sind. Weiters zu prüfen ist im Falle von Zu- oder Nachstiftungen die korrekte Berechnung, Meldung und Abfuhr der Stiftungseingangssteuer. Sofern die Stiftung steuerlich vertreten ist, kann auf die Angaben und Informationen des betrauten Steuerberaters zurückgegriffen werden. Der Steuerberaterbrief sollte insbesondere auf die vorerwähnten Sachverhalte eingehen.

3.1.4. Anhang

(14)Bei der Prüfung des Anhangs sind die stiftungsspezifischen Besonderheiten und Vorschriften des § 18 PSG zu beachten. Insbesondere ist der Anhang auf Richtigkeit und Vollständigkeit sowie auf die Erfüllung der Generalnorm des § 222 Abs 2 UGB zu prüfen.

3.2. Prüfungshandlungen betreffend den Lagebericht

(15)Der Stiftungsvorstand hat im Lagebericht auch auf die Erfüllung des Stiftungszwecks einzugehen (§ 18 zweiter Satz PSG). Zu prüfen ist daher, ob im Lagebericht auch auf die Erfüllung des Stiftungszwecks eingegangen und dargestellt wird, wie der Stiftungszweck im abgelaufenen Geschäftsjahr erfüllt worden ist und wie seine Erfüllung in Zukunft beabsichtigt ist. Im Rahmen der Einklangsprüfung muss der Stiftungsprüfer demgemäß prüfen, ob der Lagebericht mit dem Jahresabschluss auch hinsichtlich der Erfüllung des Stiftungszwecks in Einklang steht und ob der Lagebericht nicht hinsichtlich der Erfüllung des Stiftungszwecks eine falsche Vorstellung von der Lage der Privatstiftung erweckt. Weiters ist die Übereinstimmung der Angaben im Lagebericht zur Erfüllung des Stiftungszwecks mit den im Jahresabschluss ausgewiesenen Zuwendungen zu prüfen.

3.3. Prüfungshandlungen betreffend die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und der Stiftungserklärung1

3.3.1. Gesetzliche Vorschriften

(16)Jedenfalls ist die Einhaltung der Vorschriften des PSG zu prüfen. Dazu gehören:
(17) Erfüllung des Stiftungszwecks: Insbesondere ist zu prüfen, ob die von der Stiftung getätigten Zuwendungen ihrer Art und Höhe nach der Stiftungserklärung entsprechen und die Empfänger Begünstigte im Sinne der Stiftungserklärung sind. Konkrete in der Stiftungserklärung enthaltene Verpflichtungen zu Zuwendungen sind auf ihre Erfüllung zu prüfen. Es besteht keine Verpflichtung des Stiftungsprüfers, die Gebarung der Stiftung in Bezug auf wirtschaftliche, zweckmäßige und sparsame Verwaltung des Stiftungsvermögens zu prüfen. Wenn allerdings eine grobe Pflichtverletzung vorliegt oder eine Gefährdung des Stiftungszwecks eintritt (was auch bei einem gravierenden Verstoß gegen das Gebot der Sparsamkeit gegeben sein kann), hat der Stiftungsprüfer auf den Stiftungsvorstand einzuwirken, den Grund für die Beanstandung zu beseitigen. Wenn dies zu keinem Erfolg führt, ist der Stiftungsprüfer verpflichtet, bei Gericht eine Sonderprüfung zu beantragen (§ 31 Abs 1 PSG).
(18) Zuwendungssperre (§ 17 Abs 2 zweiter Satz PSG): Nach dieser Bestimmung dürfen Leistungen an Begünstigte nur dann und insoweit vorgenommen werden, als dadurch Ansprüche von Gläubigern nicht geschmälert werden. Insbesondere bei aufzehrenden Stiftungen hat diese Bestimmung Relevanz.
(19) Insichgeschäfte (§ 17 Abs 5 PSG): Es ist zu prüfen, ob bei Insichgeschäften von Mitgliedern des Stiftungsvorstands die Voraussetzungen gemäß § 17 Abs 5 PSG eingehalten worden sind. Verfügt die Privatstiftung über einen Aufsichtsrat, so ist das Insichgeschäft vom Aufsichtsrat zu genehmigen. Dieser vertritt die Privatstiftung bei Rechtsgeschäften mit den Mitgliedern des Stiftungsvorstands. Das Prüfungserfordernis erstreckt sich in diesem Fall auf die Prüfung, ob sämtliche betroffenen Rechtsgeschäfte dem Aufsichtsrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Ist ein Aufsichtsrat nicht eingerichtet, so ist die Genehmigung durch alle übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands zu erteilen und in der Folge dem Gericht zur Genehmigung vorzulegen.
(20) Vergütung der Mitglieder des Stiftungsvorstands (§ 19 PSG): Die rechtliche Zulässigkeit einer Vergütung an die Mitglieder des Stiftungsvorstands ist zu prüfen. Ist in der Stiftungserklärung die Vergütung ausreichend konkret festgelegt, ist es nicht erforderlich, die in Rz 19 angeführten Prüfungshandlungen durchzuführen. Fehlt eine derartige Festlegung, so ist die Vergütung bei Vorhandensein eines Aufsichtsrats durch diesen zu beschließen; ist ein Aufsichtsrat nicht eingerichtet, so ist die Vergütung vom Gericht festzulegen. Eine Überprüfung der Angemessenheit der Vergütung ist nicht erforderlich, da durch eine ausreichend konkrete Regelung in der Stiftungserklärung oder durch das für Insichgeschäfte vorgegebene Verfahren Missbräuche ohnedies hintangehalten werden. Wird in der Stiftungserklärung eine Aussage des Stiftungsprüfers im Prüfungsbericht über die Angemessenheit der Vergütung verlangt, ist es geboten, im Prüfungsergebnis eine derartige Feststellung zu treffen. Vorrangig wird bei der Beurteilung der Angemessenheit auf den Umfang und die Komplexität der Vorstandstätigkeit abzustellen sein.

3.3.2. Stiftungserklärung

(21)Stiftungserklärungen können direkt oder indirekt Veranlagungsrichtlinien, Bestimmungen für die Gewährung von Zuwendungen, Vorschriften über Rücklagenbildungen oder über den Erhalt des Stiftungsvermögens und ähnliche Regelungen vorsehen. Der Stiftungsvorstand ist gemäß § 17 Abs 1 PSG verpflichtet, die Bestimmungen der Stiftungserklärung einzuhalten; der Stiftungsprüfer hat deren Einhaltung zu prüfen.
(22)Wenn die Stiftungserklärung die Führung von zwei oder mehreren Rechnungskreisen für die jeweiligen Begünstigten bzw Begünstigtengruppen/-stämme vorsieht, sind diese im Rahmen der Prüfung der Erfüllung des Stiftungszwecks (Rz 17) sowie des internen Kontrollsystems (Rz 10) der Stiftung Gegenstand der Prüfung.
(23)Sieht die Stiftungserklärung vor, dass der Stiftungsvorstand den geprüften Jahresabschluss einem anderen Stiftungsorgan zur Feststellung (Genehmigung, Billigung) vorzulegen hat oder diese Feststellung selbst vorzunehmen hat, so ist die Einhaltung dieser Bestimmung Teil der Prüfung des Folgeabschlusses.
(24)Sieht die Stiftungserklärung über das Dargestellte hinausgehende Prüfungshandlungen vor (zB Wohlverhalten der Begünstigten, Gebarung des Stiftungsvorstands), so bedarf es dazu einer gesonderten Beauftragung.

3.4. Prüfungshandlungen betreffend Verhinderung von Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung

(25)Hinsichtlich der Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche sind die Vorschriften der §§ 98a ff sowie insbesondere des § 98b Abs 2 WTBG zu beachten.

3.5. Prüfungshandlungen betreffend Konzernabschluss und Konzernlagebericht

(26)Die Beurteilung, ob ein Konzernabschluss und ein Konzernlagebericht aufzustellen sind, obliegt in erster Linie dem Stiftungsvorstand. Der Stiftungsprüfer hat diese Beurteilung zu prüfen. Werden aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen ein Konzernabschluss und ein Konzernlagebericht aufgestellt, sind diese vom Stiftungsprüfer zu prüfen.

4. Berichterstattung

4.1. Rechtliche Grundlagen und Inhalt des Prüfungsberichts

4.1.1. Allgemeines

(27)Für den Prüfungsbericht gelten die Grundsätze und Regeln des KFS/PG 2. Der Prüfungsbericht muss daher den Grundsätzen der Unparteilichkeit, der Wahrheit, der Vollständigkeit und der Klarheit entsprechen.
(28)Um im Hinblick auf die möglichen rechtlichen Konsequenzen, die mit einer Qualifikation einer Privatstiftung als Unternehmen verbunden sein können, Missverständnisse zu vermeiden, ist auf eine korrekte Bezeichnung der Privatstiftung im Prüfungsbericht zu achten.
(29)Für den Bestätigungsvermerk sind die Vorschriften des KFS/PG 3 sinngemäß anzuwenden. Der Stiftungsprüfer ist gemäß § 21 Abs 1 PSG zur Prüfungsdurchführung innerhalb von drei Monaten ab Vorlage des Jahresabschlusses und des Lageberichts verpflichtet. Zwischen der Aufstellung dieser Unterlagen und dem Abschluss der materiellen Prüfung kann bei einer Privatstiftung daher ein zeitlicher Abstand sein. Das Datum des Bestätigungsvermerks liegt in diesen Fällen, ebenso wie das der Vollständigkeitserklärung, nach dem Datum der Unterzeichnung des Jahresabschlusses durch die gesetzlichen Vertreter. Es ist daher besonderes Augenmerk auf die Prüfung von Ereignissen zwischen der Aufstellung des Jahresabschlusses und dem Abschluss der materiellen Prüfung zu legen.
(30)Das PSG enthält für die Vorgangsweise bei einer Nachtragsprüfung weder eigene Vorschriften noch einen Verweis auf § 268 Abs 3 UGB. Zur Schließung dieser planwidrigen Regelungslücke ist daher die analoge Anwendung des § 268 Abs 3 UGB und der diesbezüglichen Vorschriften des KFS/PG 3 Rz 57 bis Rz 63 (idF vom März 2014) geboten.

4.1.2. Zusammenfassung des Prüfungsergebnisses

4.1.2.1. Feststellungen zu Buchführung, Jahresabschluss, Lagebericht, Konzernabschluss und Konzernlagebericht
(31)Im Bericht ist insbesondere festzuhalten, ob die Buchführung, der Jahresabschluss, der Lagebericht, der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht den gesetzlichen Vorschriften und den ergänzenden Bestimmungen der Stiftungserklärung entsprechen. Wenn die Stiftungserklärung dazu eine gesonderte Berichterstattung vorsieht, ist beispielsweise darauf einzugehen, ob getrennte Rechnungskreise vom Stiftungsvorstand ordnungsgemäß geführt werden oder die Vorstandsbezüge angemessen sind.
(32)Im Bericht ist auch festzustellen, ob der Lagebericht mit dem Jahresabschluss in Einklang steht, und zwar auch hinsichtlich der Erfüllung des Stiftungszwecks. Dies gilt analog für Konzernlagebericht und Konzernabschluss.
4.1.2.2. Erteilte Auskünfte
(33)Gemäß § 273 Abs 1 zweiter Satz UGB ist im Prüfungsbericht ausdrücklich festzuhalten, ob die nach PSG und Stiftungserklärung auskunftspflichtigen Personen die verlangten Aufklärungen und Nachweise erbracht haben. Dabei ist auch auf den Erhalt einer schriftlichen Vollständigkeitserklärung einzugehen. Zu einer Vorlage für eine Vollständigkeitserklärung wird auf das gesonderte Muster einer Vollständigkeitserklärung für Prüfungen von Jahresabschlüssen von Privatstiftungen hingewiesen.
4.1.2.3. Nachteilige Veränderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und wesentliche Verluste
(34)Verluste, die das Jahresergebnis nicht unwesentlich beeinflusst haben und/oder die Erreichung des Stiftungszwecks gefährden, sind im Prüfungsbericht anzuführen und zu erläutern.

4.2. Redepflicht

4.2.1. Redepflicht gemäß § 273 Abs 2 UGB

(35)Gemäß § 21 Abs 3 erster Satz PSG ist für die Berichterstattung des Stiftungsprüfers § 273 UGB sinngemäß anzuwenden. § 273 Abs 2 UGB ist somit uneingeschränkt anzuwenden.
(36)Der Berichterstattungspflicht ist jedenfalls bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Stiftungserklärung nachzukommen, insbesondere bei solchen gegen Bestimmungen zur Erfüllung des Stiftungszwecks. Berichterstattungspflicht besteht auch bei Nichtaufstellung eines Konzernabschlusses und Konzernlageberichts trotz gesetzlicher Verpflichtung.
(37)Umstände, die zur Ausübung der Redepflicht nach § 273 Abs 2 UGB führen, können im Einzelfall auch Anlass für die Beantragung einer Sonderprüfung gemäß § 31 Abs 1 PSG bzw für einen Antrag gemäß § 27 Abs 2 PSG auf Abberufung eines Mitglieds oder mehrerer Mitglieder des Stiftungsvorstands geben.

4.2.2. Redepflicht gemäß § 273 Abs 3 UGB

(38)Der Verweis des § 21 Abs 3 erster Satz PSG bezieht sich auch auf § 273 Abs 3 UGB. Da nach dieser Bestimmung das Vorliegen eines Unternehmens Voraussetzung ist, betrifft sie nur unternehmerisch tätige Privatstiftungen. Demnach hat der Stiftungsprüfer bei unternehmerisch tätigen Privatstiftungen unverzüglich die Redepflicht auszuüben, wenn bei der Prüfung des Jahresabschlusses das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs festgestellt wird.
(39)Der Stiftungsprüfer muss sich im Einzelfall mit der Frage beschäftigen, ob eine unternehmerische Tätigkeit gegeben ist und ob daher die URG-Kennzahlen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs anzuwenden sind. In einem ersten Schritt ist der Stiftungsvorstand gefordert, sich zur Frage der Unternehmereigenschaft zu erklären. Dem Stiftungsprüfer obliegt die Prüfung, ob die Angaben des Stiftungsvorstands zutreffend sind.
(40)Ist das Vorliegen der Unternehmereigenschaft nicht eindeutig zu verneinen, so sind die Kennzahlen zu berechnen; ergibt sich daraus die Vermutung des Vorliegens eines Reorganisationsbedarfs, so wird die Ausübung der Redepflicht gemäß § 273 Abs 3 UGB empfohlen.

4.3. Ausfertigung und Vorlage des Prüfungsberichts

(41)Der Prüfungsbericht ist den Mitgliedern der übrigen Organe (obligatorische und weitere Organe gemäß § 14 Abs 2 PSG) der Privatstiftung vorzulegen.
(42)Die Stiftungserklärung kann weitere Personen bestimmen, denen der Prüfungsbericht vorzulegen ist. Dies ist Aufgabe des Stiftungsvorstands, sofern die Stiftungserklärung nicht explizit die Vorlage durch den Stiftungsprüfer vorsieht.
(43)Personen bzw Stiftungsgremien, denen keine Organstellung zukommt, ist der Prüfungsbericht nicht zu übermitteln. Begünstigte und der Stifter haben - soweit ihnen keine sonstigen Funktionen zukommen - keine Organstellung in der Stiftung. Begünstigte können die Einsichtnahme ua in den Prüfungsbericht im Wege des Auskunftsanspruchs des § 30 Abs 1 PSG begehren.

5. Zusätzliche Pflichten/Aufgaben des Stiftungsprüfers im Vergleich zum Abschlussprüfer aufgrund der Organstellung

5.1. Allgemeines

(44)Aufgrund seiner Organstellung sind dem Stiftungsprüfer weiter gehende Befugnisse eingeräumt, insbesondere aber auch weiter gehende Pflichten auferlegt als dem Abschlussprüfer (einer Kapitalgesellschaft). Die fehlende Überwachung und Lenkung durch einen am Vermögen beteiligten wirtschaftlichen Eigentümer erfordert es, die vom Gesetzgeber zum Ausgleich vorgesehenen Instrumente der Kontrolle zur Vermeidung von Fehlentwicklungen und Missbräuchen streng auszulegen.
(45)Den Stiftungsprüfer trifft die Obliegenheit, im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens von seinen mit der Organstellung verbundenen besonderen Rechten Gebrauch zu machen. Daher trifft ihn die Pflicht, bei Vorliegen eines begründeten Verdachts von Unredlichkeiten oder grober Pflichtverletzungen auf den Stiftungsvorstand einzuwirken, den Grund für die Beanstandung zu beseitigen. Wenn dies zu keinem Erfolg führt, ist der Stiftungsprüfer verpflichtet, bei Gericht eine Sonderprüfung (§ 31 Abs 1 PSG) bzw die Abberufung eines Mitglieds oder mehrerer Mitglieder des Stiftungsvorstands (§ 27 Abs 2 PSG) zu beantragen (vgl Rz 46 ff).

5.2. Einzelfragen

5.2.1. Muss der Stiftungsprüfer bei von ihm festgestellten Unredlichkeiten oder groben Pflichtverletzungen, die Grundlage der Abberufung aller oder einzelner Mitglieder des Stiftungsvorstands sein können, das Gericht informieren und gegebenenfalls den Antrag stellen oder anregen, dass alle oder einzelne Mitglieder des Stiftungsvorstands wegen grober Pflichtverletzung abberufen werden?

(46)Wie der Stiftungsprüfer aufgrund seiner Organstellung iVm § 29 PSG verpflichtet ist, gemäß § 31 Abs 1 PSG bei Vorliegen bestimmter Umstände eine Sonderprüfung zu beantragen, ist er ebenso verpflichtet, bei groben Pflichtverletzungen der Mitglieder des Stiftungsvorstands gemäß § 27 Abs 2 PSG die Abberufung der dafür verantwortlichen Mitglieder bei Gericht zu beantragen - jedenfalls wenn auf seinen Hinweis auf Unredlichkeiten oder grobe Pflichtverletzungen vom Stiftungsvorstand oder anderen Kontrolleinrichtungen wie Aufsichtsrat und Beirat nicht entsprechend reagiert wird. Dabei ist zu beachten, dass die Entscheidung über die Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstands in der Stiftungserklärung auch an ein anderes Organ (va an den Aufsichtsrat) übertragen werden kann.
(47)Die Verschwiegenheitspflicht des Stiftungsprüfers ergibt sich einerseits aufgrund der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des § 91 WTBG und andererseits in analoger Anwendung der Bestimmung des § 275 Abs 1 UGB. Von Gesetzes wegen (gemäß § 21 Abs 2 PSG) gilt diese Verschwiegenheitspflicht lediglich gegenüber den anderen Stiftungsorganen und den in der Stiftungserklärung mit Prüfungsaufgaben betrauten Personen nicht. Aus seiner Organstellung ergibt sich jedoch, dass der Stiftungsprüfer bei Wahrnehmungen im Bereich der "erweiterten Redepflicht" auch gegenüber dem Gericht (welches kein Organ der Privatstiftung ist) nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Eine Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Gericht wäre mit der Kontrollfunktion des Stiftungsprüfers nicht zu vereinbaren.

5.2.2. Inwieweit hat der Stiftungsprüfer die Erfüllung des Stiftungszwecks in die Prüfung einzubeziehen?

(48)Der Stiftungsprüfer hat aufgrund seiner Organstellung zur Wahrung des Stiftungszwecks beizutragen. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, muss die Erfüllung des Stiftungszwecks in die Prüfung einbezogen werden. Der Stiftungsprüfer hat insbesondere zu prüfen, ob die Stiftungserklärung hinsichtlich des Stiftungszwecks eingehalten worden ist, ob der Lagebericht mit dem Jahresabschluss auch hinsichtlich der Erfüllung des Stiftungszwecks in Einklang steht und ob der Lagebericht nicht hinsichtlich der Erfüllung des Stiftungszwecks eine falsche Vorstellung von der Lage der Privatstiftung erweckt.
(49)Wesentliche Feststellungen sind zunächst mit dem Stiftungsvorstand zu erörtern. Dem Stiftungsvorstand soll dies die Möglichkeit bieten, seine Beurteilung darzulegen. Die Ausübung der Redepflicht und gegebenenfalls die Einschaltung des Gerichts obliegen dem pflichtgemäßen Ermessen des Stiftungsprüfers.
(50)Aufgrund seiner aus der Organstellung ableitbaren besonderen Treuebindung ist der Stiftungsprüfer dann, wenn keine anderen Maßnahmen zur Verfügung stehen, verpflichtet, die Abberufung eines Stiftungsorgans oder die Einleitung einer Sonderprüfung zu betreiben, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks ansonsten gefährdet ist. Daher hat der Stiftungsprüfer bei der Wahrnehmung von Unredlichkeiten oder groben Verletzungen des Gesetzes oder der Stiftungserklärung bei Gericht eine Sonderprüfung (§ 31 Abs 1 PSG) bzw die Abberufung eines Mitglieds oder mehrerer Mitglieder des Stiftungsvorstands (§ 27 Abs 2 PSG) zu beantragen. Allerdings besteht keine Verpflichtung, auf der Sonderprüfung zu beharren, wenn dem Stiftungsprüfer gemäß § 31 Abs 3 PSG eine Sicherheitsleistung aufgetragen wird.

5.2.3. Ist der Stiftungsprüfer verpflichtet, die ordnungsgemäße Besetzung der Stiftungsorgane zu prüfen?

(51)Der Stiftungsprüfer muss dann, wenn nach der Stiftungserklärung seine Bestellung nur befristet erfolgt und falls der Stiftungsvorstand bzw gegebenenfalls der Aufsichtsrat säumig ist, auf eine Neu- oder Wiederbestellung hinwirken, uU durch Kontaktaufnahme mit dem Gericht. Dies gilt auch dann, wenn ein Bestellungsbeschluss des Gerichts abweichend von der Stiftungserklärung keine Befristung enthält.
(52)Stellt der Stiftungsprüfer im Zuge der Prüfungshandlungen fest, dass Funktionsperioden von Mitgliedern anderer Organe im geprüften Zeitraum abgelaufen sind oder beendet wurden, so hat er auf eine Neu- oder Wiederbestellung hinzuwirken, falls der Stiftungsvorstand bzw gegebenenfalls der Aufsichtsrat säumig ist, weil der Privatstiftung erhebliche Nachteile erwachsen können, wenn eine Organfunktion durch Zeitablauf unbemerkt endet. Dies gilt sinngemäß auch für Fälle des § 27 Abs 2 Z 2 PSG.
(53)Das PSG sieht eine Reihe von Unvereinbarkeiten für die Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Aufsichtsrats vor (vgl §§ 15 Abs 2 bis 3a, 23 Abs 2 PSG). Die Rechtsprechung verlangt, dass darüber hinaus auch in aufsichtsratsähnlichen Beiräten die Begünstigten und deren Angehörige iSv § 15 Abs 2 PSG nicht die Mehrheit stellen dürfen. Ebenso sind Berater und Bevollmächtigte von Begünstigten uU von der Vorstandsfunktion ausgeschlossen. Es würde zu weit gehen, dem Stiftungsprüfer die Kontrolle von uU nicht leicht überschaubaren Verwandtschaftsverhältnissen oder von anderen Beziehungen aufzulasten. Vorrangig ist jeder, der eine Organfunktion übernimmt, selbst verpflichtet, zu prüfen, ob er von der Übernahme der Funktion ausgeschlossen ist oder nicht. Nur dann, wenn dem Stiftungsprüfer bekannt wird, dass zweifelsfrei eine Inkompatibilität vorliegt, hat er die Redepflicht auszuüben und gegebenenfalls das Gericht einzuschalten.

6. Beendigung des Mandats des Stiftungsprüfers

6.1. Allgemeines

(54)Regelungen über eine Amtsniederlegung durch den Stiftungsprüfer fehlen im PSG; eine dauerhafte Zwangsbindung ist aber weder im Interesse der Privatstiftung noch im Interesse einer ordnungsgemäßen Kontrolle gelegen. Auch Festlegungen (Obergrenzen) über die Funktionsperiode der Organe der Privatstiftung fehlen im PSG. Dem Stifter steht es frei, die Funktionsdauer festzulegen. Es können hierbei starre oder flexible Regelungen vorgesehen werden. An diese Anordnungen ist auch das Gericht gebunden. Ist in der Stiftungserklärung keine Funktionsdauer geregelt, steht es im Ermessen des Gerichts, ob eine zeitliche Befristung festgesetzt wird.

6.2. Einzelfragen

6.2.1. Beendigung wegen Wegfalls der Bestellungsvoraussetzungen

(55)Die Bestellung zum Stiftungsprüfer endet automatisch, wenn ein absolutes Bestellungshindernis (zB Unvereinbarkeit gemäß § 20 Abs 3 PSG) eintritt. Einer Abberufung bedarf es daher in einem solchen Fall nicht. Selbiges gilt, wenn der Stiftungsprüfer seine berufliche Qualifikation als Wirtschaftsprüfer (oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) verliert oder sobald eine Bescheinigung gemäß § 15 A-QSG nicht vorliegt, da darin ein unabdingbares Bestellungserfordernis zu sehen ist.
(56)Sobald dem Stiftungsprüfer Umstände bekannt werden, die zur Beendigung der Bestellung führen, hat er die Organe der Stiftung und das Gericht davon zu verständigen. Sofern die Zuständigkeit zur Bestellung bei einem Aufsichtsrat liegt, ist dieser zu verständigen.

6.2.2. Ende der Funktionsperiode

(57)Die Funktionsperiode des Stiftungsprüfers endet mit Zeitablauf, Abberufung oder Amtsniederlegung (Rücktritt).

6.2.3. Beendigung wegen Zeitablaufs

(58)Wird ein Stiftungsprüfer auf eine bestimmte Zeit bestellt, insbesondere weil die Stiftungsurkunde dies so vorsieht, hat er auf Basis der dazu ergangenen Beschlüsse der Firmenbuchgerichte im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen vorzugehen:
a)Sieht ein Beschluss vor, dass die Bestellung mit einem bestimmten Datum endet (zB "… wird bis zum 31. 12. 2014 zum Stiftungsprüfer bestellt"), endet die Funktion mit diesem Datum. Jahresabschlussprüfungen, die bis dahin nicht abgeschlossen sind, obliegen dem neuen Stiftungsprüfer.
b)Wird der Stiftungsprüfer zur Prüfung der Jahresabschlüsse einer bestimmten Periode bestellt ("… wird zur Prüfung der Jahresabschlüsse der Jahre 2010 bis einschließlich 2014 bestellt"), endet die Funktion mit dem Abschluss der Prüfung des letzten Jahresabschlusses, also mit dem Datum des Prüfungsberichts.
c)In allen anderen Fällen wird bei Zweifeln empfohlen, eine Abklärung mit dem Firmenbuchgericht herbeizuführen.

6.2.4. Beendigung wegen Abberufung des Stiftungsprüfers

(59)Der Stiftungsprüfer kann vom Gericht auf Antrag eines dazu Legitimierten oder von Amts wegen des Amtes enthoben werden, wenn die Stiftungserklärung dies vorsieht oder ein wichtiger Grund vorliegt, insbesondere Umstände eintreten, die das Vertrauen in die Verlässlichkeit des Stiftungsprüfers erschüttern. Sieht dies die Stiftungserklärung vor, kann die Abberufung auch durch einen Aufsichtsrat erfolgen.
(60)Die Aufzählung der Abberufungsgründe in § 27 Abs 2 PSG ist nicht abschließend. Auch alle anderen wichtigen Umstände, wie etwa eine Interessenkollision, kommen daher als Abberufungsgründe in Frage. Pflichtverletzungen sind insbesondere ein Verstoß gegen das PSG, die Stiftungserklärung sowie sonstige Pflichten, deren Verletzung dem Wohle der Privatstiftung abträglich sein kann.

6.2.5. Beendigung wegen Amtsniederlegung/Rücktritt des Stiftungsprüfers

(61)Für die Frage, ob ein Stiftungsprüfer zum einseitigen Rücktritt von seiner Funktion berechtigt ist und ob dieser Rücktritt wirksam erfolgt, sind folgende Konstellationen zu unterscheiden:
(62) Der Stiftungsprüfer wurde vom Gericht auf unbestimmte Zeit bestellt: Im Hinblick darauf, dass dem österreichischen Recht ewige Bindungen fremd sind, ist der Stiftungsprüfer zum einseitigen Rücktritt auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes berechtigt. Aus seiner Organstellung ergibt sich, dass der Rücktritt nicht überraschend (zur Unzeit) erfolgen darf, sondern der Privatstiftung ausreichend Zeit einzuräumen ist, um für eine Nachfolge Sorge zu tragen. Im Allgemeinen ist hier eine Vorankündigung von sechs bis acht Wochen als ausreichend anzusehen. Ein sofortiger Rücktritt ist nur aus wichtigem Grund zulässig. Meinungsverschiedenheiten mit dem Stiftungsvorstand über die Rechnungslegung und die Berichterstattung im Lagebericht stellen keinen wichtigen Grund dar, weil es gerade der Zweck der unabhängigen Stiftungsprüfung ist, in solchen Situationen dem Stiftungsvorstand entgegenzuwirken. Als wichtiger Grund können beispielsweise tiefgreifende persönliche Zerwürfnisse in Betracht kommen. Der Rücktritt ist gegenüber dem Gericht zu erklären und dem Stiftungsvorstand zur Kenntnis zu bringen. Er wird mit Zugang beim Gericht wirksam.
(63) Der Stiftungsprüfer wurde vom Aufsichtsrat auf unbestimmte Zeit bestellt: Hier gilt das vorangehend Ausgeführte ebenfalls. Der Rücktritt ist hier gegenüber dem Aufsichtsrat zu erklären und wird mit Zugang wirksam. Sollte aus der Stiftungserklärung nicht klar hervorgehen, dass der Aufsichtsrat nach außen vom Vorsitzenden vertreten wird, so ist die Übermittlung der Rücktrittserklärung an alle Mitglieder des Aufsichtsrats nachweislich vorzunehmen. Eine Verständigung des Gerichts ist nicht erforderlich.
(64) Der Stiftungsprüfer wurde vom Gericht für eine zeitlich begrenzte Periode bestellt: Durch die Annahme der Bestellung hat der Stiftungsprüfer die Verpflichtung übernommen, für die festgelegte Periode die Funktion auszuüben. Dies gilt auch dann, wenn bei der Bestellung durch das Gericht keine zeitliche Beschränkung in den Bestellungsbeschluss aufgenommen worden ist, sich diese aber aus der Stiftungserklärung ergibt. Hier ist ein Rücktritt ohne wichtigen Grund ausgeschlossen, weil die Ausübung der Funktion bis zum Ende der Bestellungsperiode zumutbar ist. Der Rücktritt aus wichtigem Grund bleibt unbenommen.
(65) Der Stiftungsprüfer wurde vom Aufsichtsrat für eine zeitlich begrenzte Periode bestellt: Hier gilt dasselbe wie bei einer befristeten Bestellung auf Grundlage eines Bestellungsbeschlusses des Gerichts.

7. Anwendungszeitpunkt

(66)Dieses Fachgutachten gilt in der überarbeiteten Fassung für die Tätigkeit als Stiftungsprüfer ab 1. 1. 2015. Eine frühere Anwendung wird empfohlen.
1

Wenn in der Folge von der Stiftungserklärung die Rede ist, sind damit Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde erfasst.


Artikel-Nr.
RWZ digital exklusiv 2015/6

30.03.2015