Aufsätze

Zum Vorrang des Anfechtungsrechts gegenüber den Regeln der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung

Dr. Reinhard Rebernig / Dr. Gerald Schmidsberger M.B.L.-HSG

Anmerkungen zu OGH 3 Ob 51/10m1

In der jüngst ergangenen Entscheidung des OGH 3 Ob 51/10m beschäftigt sich das Höchstgericht erstmals mit der Frage, ob den Regeln des insolvenzrechtlichen Anfechtungsrechts der Vorrang gegenüber den Regeln der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung zukommt.

Im entscheidungsgegenständlichen Sachverhalt ging es im Wesentlichen darum, dass der spätere Gemeinschuldner zur notwendigen Verbesserung der Liquidität der GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftführer er war, den noch offenen Teil der von ihm übernommenen Stammeinlage in Höhe von 17.500 € beglich. Dies tat er, obwohl er einer weiteren Gläubigerin, seiner geschiedenen Ehegattin, aus einem Scheidungsverfahren eine Ausgleichszahlung schuldete und er zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig war. Der in weiterer Folge bestellte Masseverwalter focht diese Einzahlung auf die Stammeinlage des Gemeinschuldners an die GmbH mit dem Vorbringen an, dass die Zahlung innerhalb von 6 Monaten vor Konkurseröffnung erfolgt und der spätere Gemeinschuldner zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig gewesen sei. Die GmbH sei durch diese Zahlung gegenüber den anderen Gläubigern, sprich der Ehegattin, begünstigt worden. Darüber hinaus habe der Schuldner diese Zahlung in der Absicht vorgenommen, andere Gläubiger zu benachteiligen. Im erstinstanzlichen Verfahren wendete die beklagte GmbH ein, die Zahlung der offenen Stammeinlage sei aus wirtschaftlichen Gründen unbedingt erforderlich gewesen, um die Zahlungsunfähigkeit der GmbH abzuwenden. Der Schuldner habe nach § 25 GmbHG als Geschäftsführer der Gesellschaft die Verpflichtung gehabt, sorgfältig zu handeln, darüber hinaus sei er zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen den Bestimmungen des GmbHG und des Gesellschaftsvertrags Stammeinlagen oder Nachschüsse an Gesellschafter gänzlich oder teilweise zurückgegeben würden, wie dies der Fall wäre, wenn die einbezahlte Stammeinlage an die Konkursmasse des Schuldners zurückbezahlt würde. Die Anfechtungsbestimmungen der KO seien auf die Einzahlung der Stammeinlage nicht anzuwenden.

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Artikel-Nr.
ZIK 2010/242

05.11.2010
Heft 5/2010
Autor/in
Reinhard Rebernig

Dr. Reinhard Rebernig ist Richter am Landesgericht Wels. Laufend Fachvorträge und Publikationen insb im Bereich des Anfechtungsrechts.

Gerald Schmidsberger

Dr. Gerald Schmidsberger, M.B.L.-H.S.G. ist Partner und Rechtsanwalt der Kanzlei Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH (SCWP Schindhelm) in Linz und Wels und hat zahlreiche Funktionen in Aufsichtsräten und Stiftungsvorständen übernommen. Dr. Schmidsberger ist Autor und Universitätslektor.

Publikationen (Auswahl):
Schmidsberger, Gestaltung von GmbH-Verträgen² (2020); Schmidsberger/Duursma, Kommentierung der §§ 1-4, in Gruber/Harrer (Hrsg), GmbHG Kommentar² (2018).