Artikelrundschau / Arbeitsrecht

Auer-Mayer, Keine unionsrechtlichen Auswirkungen auf die Verjährung des Urlaubsanspruchs nach § 4 Abs 5 UrlG?, DRdA 2020, 378

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

In der Entscheidung 8 ObA 62/18b (= ARD 6672/6/2019) hatte sich der OGH - ausgehend von der Klage eines "Scheinselbständigen" (ua) auf Urlaubsersatzleistung - mit der Frage der Verjährung des Urlaubsanspruchs nach Maßgabe des § 4 Abs 5 UrlG zu beschäftigen. Er gelangt dabei ua zum Ergebnis, dass ein Teil der vom Kläger begehrten Urlaubsersatzleistung wegen bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetretener Verjährung des Urlaubsanspruchs nicht zu Recht bestand. Die Autorin erachtet die Entscheidung unter Berücksichtigung der bisher ergangenen urlaubsrechtlichen Entscheidungen des EuGH im Ergebnis als falsch. So habe der EuGH in der Rs King (EuGH 29. 11. 2017, C-214/16, ARD 6594/13/2018) - ebenfalls zum Fall eines Scheinselbstständigen - ausgesprochen, dass auch die (bloße) Nichtgewährung bezahlten Urlaubs durch den Arbeitgeber als vom Willen des Arbeitnehmers unabhängigen Grund für die Unmöglichkeit eines zeitgerechten Urlaubskonsums anzusehen sei und Arbeitnehmern in einer Konstellation wie der des Ausgangsverfahrens daher nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine finanzielle Vergütung in Höhe des gesamten nicht verbrauchten Urlaubs zustehen müsse. Unabhängig davon sei die Entscheidung des OGH auch deshalb kritisch zu sehen, weil er sich nicht mit den für den konkreten Fall maßgeblichen Aussagen des EuGH in den Rs Kreuziger und Max-Planck-Gesellschaft und deren möglicher Bedeutung für Österreich auseinandergesetzt hat, jegliche Bedachtnahme auf die einschlägige Literatur unterlassen und kein Vorabentscheidungsersuchen gestellt hat. Für Auer-Mayer bestäkt all dies - auch in Zusammenschau mit den Entscheidungen des OGH zur Bemessung des Urlaubs bei Änderung des Arbeitszeitausmaßes - den Eindruck, dass der OGH eine Preisgabe der Grundsätze des nationalen Urlaubsrechts infolge unionsrechtlicher Vorgaben mit allen Mitteln verhindern möchte. Zwar mag dieses Ansinnen im Hinblick auf die Erhaltung eines gut funktionierenden Urlaubssystems nachvollziehbar sein. Aus rechtsdogmatischer Sicht sollten nach Ansicht der Autorin Entscheidungen wie die besprochene dennoch keine Vorbildfunktion für künftige Judikate entfalten.

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Artikel-Nr.
ARD 6724/23/2020

12.11.2020
Heft 6724/2020