Artikelrundschau / Arbeitsrecht

Gerhartl, Reichweite des Motivkündigungsschutzes, ecolex 2023, 604

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

Beim Kündigungsanfechtungsgrund des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG geht es darum, dass der Arbeitgeber nach Meinung des Arbeitnehmers bestehende Ansprüche nicht erfüllt, dass der Arbeitnehmer diese nicht erfüllten Ansprüche dem Arbeitgeber gegenüber geltend macht und dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen dieser Geltendmachung kündigt. Gerhartl ortet in der Rechtsprechung Tendenzen, die Voraussetzungen für das Bestehen dieses Motivkündigungsschutzes einschränkend auszulegen, und hegt dagegen Bedenken. So müsse etwa kraft Größenschlusses der Motivkündigungsschutz auch dann greifen, wenn der Arbeitnehmer einem Verlangen des Arbeitgebers nicht entspricht, bei dem der Arbeitgeber nicht einmal behauptet, dass eine rechtliche Verpflichtung des Arbeitnehmers dazu besteht. Äußert der Arbeitgeber also etwa (bloß) einen Wunsch oder eine Bitte oder erteilt er dem Arbeitnehmer eine Empfehlung, so komme dadurch zum Ausdruck, dass er selbst der Auffassung ist, sein Begehren nicht rechtlich durchsetzen zu können. Umso mehr müsse es dem Arbeitnehmer aber unbenommen bleiben, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, ohne dem Ansinnen des Arbeitgebers nachzukommen. Der vom Arbeitnehmer geltend gemachte Anspruch bestehe daher in diesem Fall darin, das Arbeitsverhältnis unter den bisherigen Rahmenbedingungen weiterzuführen.

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Artikel-Nr.
ARD 6868/13/2023

04.10.2023
Heft 6868/2023