News

Auf Anregung der Insolvenzverwalterin ausgeschiedene Liegenschaft – Zurückziehung der Anregung?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

IO: § 119

ZPO: § 483

Gem § 119 Abs 5 IO kann von der Veräußerung von Forderungen, deren Eintreibung keinen ausreichenden Erfolg verspricht, und von der Veräußerung von Sachen unbedeutenden Wertes abgesehen werden und können diese Forderungen und Sachen dem Schuldner zur freien Verfügung überlassen werden.

Hat die Insolvenzverwalterin die Überlassung der Liegenschaft gem § 119 Abs 5 IO angeregt, liegt auch eine gleichgerichtete (aufrecht gebliebene) Anregung der Schuldnerin auf Ausscheidung der Liegenschaft vor und wird in der Folge die Liegenschaft auch vom ErstG ausgeschieden, so kann die Insolvenzverwalterin ihre Anregung nicht wieder zurückziehen. Für die analoge Anwendung der Regelung über die Klagsrückziehung nach § 483 Abs 3 ZPO besteht hier keine tragfähige Rechtsgrundlage. Die Durchführung einer bestimmten Verwertungshandlung ist im Unterschied zu einem Klagebegehren insoweit kein der Parteiendisposition unterliegender Anspruch.

OGH 16. 12. 2019, 8 Ob 81/19y

Sachverhalt

Sowohl die Schuldnerin als auch die Insolvenzverwalterin hatten einen „Antrag“ auf Ausscheiden einer Liegenschaft gestellt. Mit Beschluss vom 17. 3. 2017 schied das ErstG die Liegenschaft aus der Insolvenzmasse aus und überließ sie der Schuldnerin zur freien Verfügung. Trotz Veröffentlichung in der Ediktsdatei und intensiver Bemühungen der Insolvenzverwalterin habe kein Käufer gefunden werden können.

Das Rekursgericht wies die gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurse der Insolvenzverwalterin und einer Gläubigerin jeweils mangels Rechtsmittellegitimation zurück. Der OGH hob diesen Beschluss in Ansehung des Rekurses der Insolvenzverwalterin auf und trug dem Rekursgericht die Erledigung des Rechtsmittels unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf.

Noch vor der neuerlichen Entscheidung des Rekursgerichts zog die Insolvenzverwalterin mit Eingabe vom 22. 3. 2018 ihren Antrag auf Ausscheidung der Liegenschaft sowie ihren Rekurs zurück. Das Rekursgericht nahm die Rückziehung des Rechtsmittels zur Kenntnis und stellte den Akt an die erste Instanz zurück.

Das ErstG wies mit dem nunmehr gegenständlichen Beschluss vom 22. 1. 2019 „die Erklärung der Insolvenzverwalterin, den Antrag auf Ausscheidung der genannten Liegenschaft (…) zurückzuziehen“, zurück. Ein solcher Verfahrensschritt sei einseitig nicht mehr zulässig, weil auch die Schuldnerin bereits Rechte aus dem Beschluss vom 17. 3. 2017 erworben habe.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rechtsmittel der Insolvenzverwalterin Folge und hob den angefochtenen Beschluss ersatzlos auf.

Entscheidung

Die Durchführung einer bestimmten Verwertungshandlung ist im Unterschied zu einem Klagebegehren insoweit kein der Parteiendisposition unterliegender Anspruch. Die Entscheidung des Rekursgerichts lässt auch unberücksichtigt, dass die Insolvenzverwalterin ihren so bezeichneten „Antrag“ nicht erst nach der Entscheidung über den Revisionsrekurs zurückgenommen hat, sondern bereits mit der Erhebung des Rekurses, in dem sie einen entgegengesetzten, auf Abweisung des eigenen Begehrens zielenden Rechtsmittelantrag gestellt hat (vgl 8 Ob 86/17y).

Die ausdrückliche Wiederholung der Erklärung bewirkte allerdings noch nicht die Unzulässigkeit eines solchen Vorbringens und die Notwendigkeit seiner Zurückweisung.

Das ErstG hat die Zurückweisung auch erkennbar nur deswegen für notwendig erachtet, weil es so wie das Rekursgericht von der Annahme ausgegangen ist, eine Wirksamkeit der Antragsrücknahme würde dem Beschluss vom 17. 3. 2017 die Grundlage entziehen.

Dies trifft jedoch schon deswegen nicht zu, weil diese Entscheidung nicht allein über die zurückgezogene Anregung, sondern auch aufgrund der aufrecht gebliebenen Anregung der Schuldnerin ergangen ist. Die geänderte Position der Insolvenzverwalterin hat auf die Entscheidungsgrundlage daher keinen Einfluss. Nachdem sie ihren Rekurs zurückgezogen hat, ist der Beschluss vom 17. 3. 2017 in Rechtskraft erwachsen.

Daraus folgt, dass die Entscheidung des Rekursgerichts, wenn auch nur im Ergebnis, insoweit bestätigt werden konnte, als sie die ersatzlose Aufhebung der Zurückweisung der Rücknahme des Antrags der Insolvenzverwalterin ausgesprochen hat.

Im Übrigen war die Entscheidung des Rekursgerichts jedoch dahin abzuändern, dass der Ausspruch der Unwirksamkeit des Beschlusses vom 17. 3. 2017 zu entfallen hat.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28844 vom 01.04.2020