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BAGS-KV: Nachweis von Vordienstzeiten

Bearbeiter: Manfred Lindmayr / Bearbeiter: Barbara Tuma

BAGS-KV: § 32

§ 32 Abs 4 des Kollektivvertrages der Sozialwirtschaft Österreich (vormals BAGS-KV) sieht vor, dass Vordienstzeiten ab dem der „Vorlage bei der Arbeitgeberin folgenden Monatsersten“ angerechnet werden. Dabei gilt die Notwendigkeit eines entsprechenden Nachweises nach der klar erkennbaren Regelungssystematik für die Anrechnung aller Vordienstzeiten (facheinschlägige/nicht facheinschlägige Vordienstzeiten, Zeiten einer selbstständigen/unselbstständigen Tätigkeit) und nicht nur für selbstständige facheinschlägige Tätigkeiten, für die auch eine besondere Bestätigung über Inhalt, Ausmaß und Zeitdauer der Tätigkeit erforderlich ist.

Hat ein Arbeitnehmer die Vordienstzeiten dem Arbeitgeber erst nach der Beendigung des Dienstverhältnisses nachgewiesen, sind diese nicht mehr zu berücksichtigen.

OGH 27. 9. 2016, 8 ObA 59/16h

Sachverhalt

Die Klägerin war vom 14. 4. 2014 bis 31. 3. 2015 beim beklagten Arbeitgeber als Sozialtrainerin beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis gelangte der Kollektivvertrag der Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe (BAGS-KV) idF 2014 zur Anwendung (nunmehr: Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich). Bei Begründung des Dienstverhältnisses wurde die Klägerin aufgrund des Versicherungsdatenauszugs vom 24. 3. 2014 eingestuft. Nach dieser Einstufung wurden die Gehaltsabrechnungen vorgenommen.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin nun die Differenz aus Gehalts- und Sonderzahlungsdifferenzen aufgrund einer höheren Einstufung wegen angeblich nicht berücksichtigter facheinschlägiger (1,21 Jahre) und nicht facheinschlägiger (3,59 Jahre) Vordienstzeiten, die sie gegenüber dem Arbeitgeber – auf Basis eines neuen Versicherungsdatenauszugs vom 7. 4. 2015 – erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses geltend gemacht hatte. Dabei steht sie auf dem Standpunkt, dass nach § 32 BAGS-KV eine „Vorlage“ für die Anrechnung von Vordienstzeiten nur für selbständige Tätigkeiten bestehe; facheinschlägige Vordienstzeiten aus unselbständiger Tätigkeit seien bedingungslos anzurechnen.

Der OGH ließ die ordentliche Revision zu, weil er bisher noch nie die Frage beantwortet hat, ob für die Anrechnung von Vordienstzeiten nach § 32 Abs 4 BAGS-KV ein Nachweis des Arbeitnehmers erforderlich ist. Rechtlich teilt er die Rechtsansicht der Klägerin nicht:

Maßgebliche KV-Bestimmung

Im Anlassfall stellt sich die Frage, ob für die Anrechnung von Vordienstzeiten deren Nachweis gegenüber dem Dienstgeber erforderlich ist. Die einschlägigen Regelungen für die Anrechnung von Vordienstzeiten (für Gehalt) finden sich in § 32 BAGS-KV. Im Anlassfall ist der Kollektivvertrag idF 2014 anzuwenden. Schon seit der Fassung 2004 betrifft

-Abs 1 die Anrechnung facheinschlägiger Vordienstzeiten, wobei für selbstständige Tätigkeiten eine besondere Bestätigung über Inhalt, Ausmaß und Zeitdauer der Tätigkeit vorgesehen ist,
-Abs 2 die Anrechnung nicht facheinschlägiger Vordienstzeiten, wobei nicht zwischen unselbstständigen und selbstständigen Tätigkeiten (Vordienstzeiten) unterschieden wird, und
-Abs 5 (KV idF 2004 und 2008) bzw Abs 4 (ab 2008) den Nachweis der Vordienstzeiten und den Zeitpunkt, ab wann deren Anrechnung erfolgt.

Der Regelungsgehalt dieser Bestimmungen wurde – abgesehen vom Zeitpunkt, zu dem die Anrechnung erfolgt – im Grundsatz unverändert beibehalten.

Nachweis für alle Vordienstzeiten erforderlich

Nach einer Darstellung der Entstehungsgeschichte des § 32 BAGS-KV kommt der OGH zum Schluss, dass sich der Begriff der „Vorlage“ in § 32 Abs 4 BAGS-KV von Anfang an auf einen Nachweis der Vordienstzeiten bezog. Mit dem Begriff „Vorlage“ werde normiert, dass Nachweise zu den Vordienstzeiten vorgelegt werden müssen. Die Notwendigkeit der „Vorlage“ gilt nach der klar erkennbaren Regelungssystematik für die Anrechnung aller Vordienstzeiten (vgl dazu auch Löschnigg/Resch, BAGS-KV 2014/15, 256: „Kann ein Arbeitnehmer bzw eine Arbeitnehmerin facheinschlägige Tätigkeiten nachweisen, dann sind sie voll anzurechnen, unabhängig davon, wo sie erbracht wurden und wie das Arbeitsverhältnis beendet wurde.“).

Die in Abs 1 vorgesehene Bestätigung über Inhalt, Ausmaß und Zeitdauer von facheinschlägigen selbstständigen Vordienstzeiten soll die Beurteilung ermöglichen, ob die selbstständigen Tätigkeiten die erforderliche Sach- bzw Tätigkeitsbezogenheit aufweisen, diese also einschlägig sind. Dabei handelt es sich um eine spezielle Bestätigung, die nicht mit der „Vorlage“ nach Abs 4 identisch ist. Der Auslegung der Klägerin, wonach die Vorlage eines Nachweises iSd § 32 Abs 4 BAGS-KV nur für selbstständige facheinschlägige Tätigkeiten erforderlich sei, kann somit nach Ansicht des OGH nicht gefolgt werden.

Da die Klägerin die strittigen Vordienstzeiten dem Arbeitgeber erst nach der Beendigung des Dienstverhältnisses nachgewiesen hat, sind die Voraussetzungen für deren Anrechnung nicht gegeben. Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren damit zu Recht abgewiesen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22642 vom 21.11.2016