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Befristetes Dienstverhältnis – Nichtverlängerung per E-Mail

Bearbeiter: Bettina Sabara / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 886

Im vorliegenden Fall enthielt der Dienstvertrag die Klausel, dass das befristete Dienstverhältnis an einem bestimmten Datum in ein unbefristetes Dienstverhältnis übergeht, sofern dies vorher nicht ausdrücklich schriftlich widerrufen wird. Ein solcher Widerruf (Auflösungsschreiben) wurde vom Arbeitgeber unterschrieben, eingescannt und dann als Anhang per E-Mail an den Arbeitnehmer übermittelt. Unter Bedachtnahme darauf, dass der E-Mail-Verkehr in geschäftlichen Angelegenheiten nicht nur allgemein, sondern besonders im Arbeitsverhältnis zwischen den Streitteilen üblich war und der Anhang eines E-Mails leicht ausgedruckt werden kann, ist das im Dienstvertrag vereinbarte Schriftformgebot bei der Übermittlung der Nichtverlängerungserklärung erfüllt.

OGH 24. 4. 2020, 8 ObA 5/20y

Entscheidung

Nach der Rechtsprechung ist grundsätzlich in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein Schriftformgebot (hier: vereinbart im Dienstvertrag) nach dem konkreten Formzweck auch dann eingehalten ist, wenn das eigenhändig unterfertigte Schriftstück bloß unter Einsatz elektronischer Medien übermittelt wird (vgl OGH 28. 10. 2015, 9 ObA 110/15i, ARD 6478/6/2015).

Schriftformgebot erfüllt

Im vorliegenden Fall hat schon das Berufungsgericht darauf Bedacht genommen, dass der E-Mail-Verkehr in geschäftlichen Angelegenheiten nicht nur allgemein, sondern besonders im Arbeitsverhältnis zwischen den Streitteilen üblich war und der Anhang eines E-Mails leicht ausgedruckt werden kann (anders als ein per WhatsApp übermitteltes Foto; 9 ObA 110/15i, ARD 6478/6/2015). Das Berufungsgericht ging daher davon aus, dass die Übermittlung des eingescannten Auflösungsschreibens als Anhang eines E-Mails die im Dienstvertrag vereinbarte Schriftform erfüllt hat.

Diese Beurteilung hält sich im Rahmen der zitierten Rechtsprechung. Die Vorgangsweise des Arbeitgebers trägt sowohl der Klarstellungs- als auch der Beweisfunktion des Formgebots Rechnung, zumal der klagende Arbeitnehmer hier schon nach einem vorangehenden Gespräch mit seiner Vorgesetzten keinen Zweifel über die Nichtfortsetzung des Dienstverhältnisses haben konnte. Selbst wenn der Kläger – wie er behauptet – nicht über einen eigenen Drucker verfügen sollte, erwächst ihm kein ersichtlicher Nachteil daraus, vom Arbeitgeber nicht unmittelbar eine „Hardcopy“ erhalten zu haben, weil der Anhang eines E-Mails problemlos (auch an allfällige Beratungsstellen) weitergeleitet werden kann.

Soweit sich der Kläger auf seine Schutzbedürftigkeit beruft, ist ihm entgegenzuhalten, dass er nach den Feststellungen bemüht war, jegliche Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber im „kritischen“ Zeitraum bewusst zu vereiteln.

Zugang an Firmen-E-Mail-Adresse

Nach § 12 Satz 1 ECG gelten elektronische Vertragserklärungen, andere rechtlich erhebliche elektronische Erklärungen und elektronische Empfangsbestätigungen als zugegangen, wenn sie die Partei, für die sie bestimmt sind, unter gewöhnlichen Umständen abrufen kann. Eine Kenntnisnahme dieser Erklärungen durch den Empfänger wird nicht vorausgesetzt; maßgeblich ist vielmehr die Möglichkeit der Kenntnisnahme „unter gewöhnlichen Umständen“ (vgl RS0123058).

Nach den Feststellungen war das E-Mail samt Anhang für den Kläger noch am Nachmittag des letzten Tages des befristeten Dienstverhältnisses abrufbar. Dass er es krankheitsbedingt nicht hätte abrufen können, behauptet der Kläger gar nicht. Dies stünde auch in Widerspruch zu den Feststellungen, dass er an diesem Tag seine Firmen-E-Mail-Adresse benutzte, um sich krank zu melden und um zwei berufliche Termine abzusagen, womit er seine Erreichbarkeit per E-Mail zu erkennen gab, bevor er am nächsten Tag wieder in den Büroräumlichkeiten des Arbeitgebers erschien und sich arbeitsbereit meldete.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29678 vom 17.09.2020