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Beglaubigung von Unterschriften durch Rechtsanwälte?

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

GBG § 31

AEUV Art 56

RA-Dienstleistungs-RL: Art 1

Anders als in Österreich sind in der Tschechischen Republik nicht nur Notare, sondern auch Rechtsanwälte befugt, die Echtheit von Unterschriften auf Urkunden zu beglaubigen. Der im Verhältnis zwischen Österreich und der Tschechischen Republik maßgebliche Staatsvertrag BGBl 1962/309 sieht jedoch lediglich die gegenseitige Anerkennung von notariellen Unterschriftenbeglaubigungen vor.

Vor diesem Hintergrund ersucht der OGH den EuGH um Vorabentscheidung, ob es mit dem Unionsrecht - insb mit der Rechtsanwälte-Dienstleistungs-RL 77/249/EWG und der Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 AEUV - vereinbar ist, Unterschriftenbeglaubigungen vom freien Dienstleistungsverkehr der Rechtsanwälte auszunehmen und eine von einem tschechischen Rechtsanwalt in seinem Heimatstaat rechtmäßig vorgenommene Beglaubigung in einem österreichischen Grundbuchverfahren nicht anzuerkennen.

OGH 19. 5. 2015, 5 Ob 21/15x

Vorlagefragen

1.Ist Art 1 Abs 1 zweiter Satz der Richtlinie zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte, RL 77/249/EWG, so auszulegen, dass es einem Mitgliedstaat möglich ist, die Vornahme von Beglaubigungen über die Echtheit von Unterschriften auf Urkunden, die für die Schaffung oder Übertragung von Rechten an Liegenschaften erforderlich sind, vom freien Dienstleistungsverkehr der Rechtsanwälte auszunehmen und die Ausübung dieser Tätigkeit den öffentlichen Notaren vorzubehalten?
2.Ist Art 56 AEUV dahin auszulegen, dass er einer nationalen Vorschrift des Registerstaats (Österreich) nicht entgegensteht, nach der die Vornahme von Beglaubigungen über die Echtheit von Unterschriften auf Urkunden, die für die Schaffung oder Übertragung von Rechten an Liegenschaften erforderlich sind, öffentlichen Notaren vorbehalten ist, und zwar mit der Wirkung, dass die von einem in der Tschechischen Republik ansässigen Rechtsanwalt in dessen Sitzstaat vorgenommene Erklärung über die Echtheit einer Unterschrift im Registerstaat nicht anerkannt wird, obwohl dieser Erklärung nach tschechischem Recht die Rechtswirkung einer amtlichen Beglaubigung zukommt,
insb weil,
a.die Frage der Anerkennung einer in der Tschechischen Republik von einem dort ansässigen Rechtsanwalt verfassten Erklärung über die Echtheit einer Unterschrift auf einem Grundbuchsgesuch im Registerstaat die inhaltliche Ausübung einer Dienstleistung durch einen Rechtsanwalt betrifft, die im Registerstaat ansässigen Rechtsanwälten nicht möglich ist, und die Verweigerung der Anerkennung einer solchen Erklärung daher nicht dem Beschränkungsverbot unterliegt oder
b.ein solcher Vorbehalt gerechtfertigt ist, um die Rechtmäßigkeit und Rechtssicherheit von Akten (Urkunden über Rechtsgeschäfte) sicherzustellen und daher zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient und zudem erforderlich ist, um dieses Ziel im Registerstaat zu erreichen?
Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19929 vom 24.07.2015