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Begleiter von Sondertransporten unterliegen dem AZG

Bearbeiter: Manfred Lindmayr / Bearbeiter: Barbara Tuma

AZG: § 1

StVO: § 97

Beschäftigt ein Unternehmen Arbeitnehmer als „Transportbegleiter“ iSd § 97 StVO zur Begleitung von Sondertransporten, unterliegen diese Arbeitnehmer trotz der Übertragung hoheitlicher Aufgaben bei der Ausübung ihrer Tätigkeit den Bestimmungen des Arbeitzeitgesetzes. Daran ändert es nichts, dass das Weisungsrecht des Dienstgebers hinsichtlich der Modalitäten der Transportbegleitung eingeschränkt ist – so durch die Vorgaben in den Transportbewilligungsbescheiden bzw durch gesetzliche Vorschriften wie § 97 Abs 4 StVO hinsichtlich verkehrspolizeilicher Anordnungen der Transportbegleiter in ihrer Funktion als Organe der Straßenaufsicht. Trotz der Übertragung hoheitlicher Befugnisse liegt auch kein „Arbeitsverhältnis zu einer Gebietskörperschaft“ iSd Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 Z 1 AZG vor.

VwGH 18. 10. 2017, Ra 2016/11/0177

Sachverhalt

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts NÖ wurde der Revisionswerber (als vertretungsbefugtes Organ einer OG) schuldig erkannt, an näher bezeichneten Tagen Im Jahr 2014 insgesamt 12 Arbeitnehmer als „Transportbegleiter“ iSd § 97 StVO entgegen den Bestimmungen des AZG beschäftigt zu haben (Überschreitung der höchstzulässigen Einsatz-, Tages- bzw Wochenarbeitszeiten, keine Ruhezeiten und Ruhepausen).

Dem hielt der Revisionswerber entgegen, dass die Transportbegleitung Sondertransporte betreffe, die nur im Rahmen von bescheidmäßig erteilten Transportbewilligungen und unter bestimmten Auflagen durchgeführt werden dürften. Die Transportbegleiter würden in Ausübung ihrer Tätigkeit Organe der Straßenaufsicht und als solche gemäß § 97 Abs 2 StVO 1960 auf ihre Dienstpflicht vereidigt; sie seien somit nicht als Arbeitnehmer iSd § 1 Abs 1 AZG anzusehen.

Der VwGH ließ die Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehlt, ob für Transportbegleiter, die gemäß § 97 Abs 2 StVO auf ihre Dienstpflicht vereidigt sind, die Bestimmungen des AZG anwendbar seien. In der Sache bestätigte der VwGH die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts:

Entscheidung

Fraglich ist im vorliegenden Fall, ob die Transportbegleiter Arbeitnehmer iSd § 1 Abs 1 AZG waren und ob sie – soweit sie als Organe der Straßenaufsicht gemäß § 97 StVO tätig wurden – unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 1 AZG fallen (Arbeitsverhältnis zu einer Gebietskörperschaft).

Transportbegleiter – Arbeitnehmer iSd AZG

Nach Darstellung der Rsp zum Anwendungsbereich des AZG und zu den Merkmalen eines Dienstvertrags (va persönliche Abhängigkeit vom Dienstgeber), hält der VwGH für den vorliegenden Fall fest, dass die vom Revisionswerber vertretene Gesellschaft nach den Feststellungen ua die Transportbegleitung ausübt (vgl § 129 Abs 5 Z 1 GewO 1994 und § 130 Abs 3 GewO 1994) und dazu Transportbegleiter aufgenommen und bei der Sozialversicherung angemeldet hat. Zu den Transportbegleitungen werden sie vom Disponenten eingeteilt. Ihre Bezahlung erfolgt nach Stunden und für längere Fahrten erhalten sie Diäten. Schon vor diesem Hintergrund stimmt der VwGH dem VwG zu, das die Transportbegleiter als Arbeitnehmer der Gesellschaft eingestuft hat.

Daran ändert nichts, dass das (etwa bei der Diensteinteilung ausgeübte) Weisungsrecht des Revisionswerbers hinsichtlich der Modalitäten der Transportbegleitung eingeschränkt war, so durch die Vorgaben in den Transportbewilligungsbescheiden bzw durch gesetzliche Vorschriften wie § 97 Abs 4 StVO hinsichtlich verkehrspolizeilicher Anordnungen der Transportbegleiter in ihrer Funktion als Organe der Straßenaufsicht.

Kein Arbeitsverhältnis zu einer Gebietskörperschaft

Zu prüfen war hier weiters, ob aus dem Umstand, dass die Arbeitnehmer bei der Transportbegleitung gleichzeitig als bestellte Organe der Straßenaufsicht gemäß § 97 StVO tätig wurden, insoweit (auch) ein „Arbeitsverhältnis zu einer Gebietskörperschaft“ iSd Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 Z 1 AZG vorliegt.

Mit der Bestellung zum Organ der Straßenaufsicht gemäß § 97 StVO werden dem Betroffenen zweifellos hoheitliche Befugnisse übertragen, da er unter den Voraussetzungen der Abs 4 und 5 Anordnungen und Aufforderungen betreffend die Benützung der Straße erteilen kann.

Unbestritten ist auch, dass es sich bei dieser Übertragung hoheitlicher Aufgaben um eine Beleihung handelt und aus der funktionellen Organstellung des Beliehenen folgt, dass die Gebietskörperschaft, für die der Beliehene tätig wird, nach dem Amtshaftungsgesetz als Rechtsträger für die hoheitliche Aufgabenbesorgung des Beliehenen oder seiner Organwalter haftet.

Jedoch sind mit der Bestellung zum Straßenaufsichtsorgan (Beleihung) noch keine weiteren, durch Gesetz eingeräumte wirtschaftliche Rechte verbunden (vgl VwGH 12. 9. 2006, 2006/02/0147, ZfV 2007, 716). Ein privatrechtliches Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis des Straßenaufsichtsorganes läge daher nur im Falle eines Dienstvertrages mit der Gebietskörperschaft oder einer Ernennung vor. Dass dies der Fall wäre, wurde vom Revisionswerber nicht dargetan.

Das VwG hat daher zutreffend angenommen, dass die im Straferkenntnis bezeichneten Arbeitnehmer nicht in einem Arbeitsverhältnis zu einer Gebietskörperschaft iSd § 1 Abs 2 Z 1 AZG standen.

Hinweis: Erst nach dem gegenständlichen Tatzeitraum wurde mit der AZG-Novelle BGBl I 2015/152 § 15d Abs 2 AZG in das Gesetz eingefügt; danach sind für gemäß § 97 Abs 2 StVO beeidete und mit der Begleitung von Sondertransporten beauftragte Straßenaufsichtsorgane unter bestimmten Voraussetzungen „Abweichungen“ von näher genannten Bestimmungen des AZG (zB über die Lenkzeit oder die Lenkpausen) zulässig, wenn dies für die Sicherheit der Ladung des Sondertransports erforderlich ist. Auch dies spricht für die Ansicht des VwGH, dass Begleiter von Sondertransporten den Bestimmungen des AZG unterliegen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24751 vom 04.01.2018