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Betriebsrat: Keine gesonderte Entlohnung bei Teilzeit

Bearbeiter: Manfred Lindmayr / Bearbeiter: Barbara Tuma

ArbVG: § 115 Abs 3, § 116

Das Mandat des Betriebsratsmitglieds ist ein Ehrenamt, das grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen ist und unentgeltlich zu erfolgen hat. Nur für Betriebsratstätigkeiten, die außerhalb der Arbeitszeit unmöglich oder nur unverhältnismäßig erschwert ausgeübt werden können, besteht Anspruch auf (bezahlte) Freistellung von der Arbeitspflicht während der Arbeitszeit.

Es stellt auch keine unzulässige mittelbare Diskriminierung von Frauen dar, wenn Betriebsratstätigkeiten, die unvermeidlich in die üblichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft fallen, bei teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitgliedern häufiger in ihre Freizeit fallen (und daher nicht entlohnt werden).

OGH 30. 10. 2018, 9 ObA 72/18f

Entscheidung:

BR-Tätigkeit als Ehrenamt

Gemäß § 115 Abs 1 ArbVG ist das Mandat des Betriebsratsmitglieds ein Ehrenamt, das, soweit nicht anderes bestimmt wird, neben den Berufspflichten auszuüben ist.

Nach § 116 ArbVG ist den Mitgliedern des Betriebsrats, unbeschadet einer Bildungsfreistellung nach § 118 ArbVG, die zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten erforderliche Freizeit unter Fortzahlung des Entgelts zu gewähren. Die Bestimmung berücksichtigt, dass eine Mandatsausübung nicht stets außerhalb der Arbeitszeit möglich ist und gewährt daher einen Anspruch des BR-Mitglieds auf Freistellung von der Arbeitspflicht während der Arbeitszeit, wenn und soweit dies für die Erfüllung der Obliegenheiten erforderlich ist. Der Anspruch auf Arbeitsfreistellung unter Entgeltfortzahlung setzt voraus, dass es sich um eine Tätigkeit handelt, die zu den Aufgaben des Betriebsrats zählt und deren Ausübung während der Arbeitszeit erfolgen muss (zweckgebundener Freizeitanspruch). Erfasst sind somit nur jene BR-Tätigkeiten (Mandatsausübungshandlungen), die außerhalb der Arbeitszeit unmöglich oder nur unverhältnismäßig erschwert ausgeübt werden können. Ob dies der Fall ist, dh für die Frage, ob Tätigkeiten der Belegschaftsorgane während der Arbeitszeit erfolgen können, ist eine Interessenabwägung erforderlich (vgl etwa OGH 10. 7. 1991, 9 ObA 133/91, ARD 4287/11/91, oder Resch in Jabornegg/Strasser, ArbVG § 116 Rz 20).

Für den die Zeit der Freistellung betreffenden Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist das Ausfallsprinzip maßgeblich. Die Höhe des fortzuzahlenden Entgelts richtet sich danach, was das BR-Mitglied verdienen hätte können, wenn es während der Freistellung in vollem Umfang gearbeitet hätte. Die Regelung verwirklicht damit einerseits das Beschränkungs- und Benachteiligungsverbot, andererseits das Privilegierungsverbot.

Damit unterscheidet sich die österreichische auch von der deutschen Rechtslage: Nach § 37 Abs 3 dt BetrVG hat das BR-Mitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Einen solchen Ausgleich für Mandatstätigkeiten außerhalb der Arbeitszeit sieht das österreichische ArbVG jedoch nicht vor, womit der Grundsatz der Ehrenamtlichkeit noch mehr in den Vordergrund tritt. Die Freistellung bleibt daneben die Ausnahme.

Keine unzulässige mittelbare Diskriminierung

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die Klägerin im Ausmaß ihrer Teilzeitbeschäftigung (30 Stunden-Woche) zur Gänze bezahlt wurde und sie die Mandatsarbeit daneben, dh in ihrer arbeitsfreien Zeit, geleistet hat.

Aus § 116 ArbVG lässt sich dafür kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung ableiten.

Die Klägerin behauptet jedoch weiters eine unzulässige mittelbare Diskriminierung von Frauen und verweist für ihr Begehren auf EuGH 4. 6. 1992, C-360/90, Bötel, ARD 4392/11/92. In jenem Fall wendeten teilzeitbeschäftigte BR-Mitglieder für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen die gleiche Stundenzahl auf wie die vollzeitbeschäftigten BR-Mitglieder, erhielten jedoch eine niedrigere Vergütung. Der EuGH bejahte in jenem Fall eine mittelbare Diskriminierung.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedoch nicht einmal ansatzweise vorgebracht, warum ihre Situation mit der Ausgangslage in jener Rechtssache vergleichbar wäre. Wie dargelegt, sieht die österreichische Rechtslage – anders als die deutsche – keinen Anspruch auf entgeltpflichtigen Freizeitausgleich für BR-Tätigkeiten in der Freizeit vor. Darüber hinaus hat die Klägerin auch nicht behauptet, dass die BR-Tätigkeiten, für die sie Entgelt begehrt, solche gewesen wären, die bei vollzeitbeschäftigten BR-Mitgliedern sehr wohl zu einer Lohnfortzahlung geführt hätten. Derartiges steht auch nicht fest. Auf ihre allgemeinen Überlegungen zu einer mittelbaren Diskriminierung ist danach nicht weiter einzugehen. Andere Rechtsgründe wurden von ihr nicht geltend gemacht.

Im Übrigen hielt der EuGH in der Folge in der Rs EuGH 6. 2. 1996, C-457/93, Lewark, ARD 472824/96, fest, dass der Wille des deutschen Gesetzgebers, durch das Prinzip der Unentgeltlichkeit des Betriebsratsamts die Unabhängigkeit der Betriebsrats höher zu bewerten als wirtschaftliche Anreize für die Ausübung des Betriebsratsamts, ein legitimes sozialpolitisches Ziel darstelle, das für sich genommen nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun habe. Die Ungleichbehandlung müsse allerdings zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sein, was das vorlegende Gericht zu prüfen habe. Die Eignung und Erforderlichkeit der Ungleichbehandlung wurde in der Folge vom deutschen Bundesarbeitsgericht bejaht (BAG 5. 3. 1997, 7 AZR 581/92, ARD 4887/15/97).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 26587 vom 03.01.2019