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Bildungskarenz: Erfolgsnachweis bei Wechsel der Ausbildung

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

AlVG § 26 Abs 1

Absolviert ein Arbeitnehmer während seiner Bildungskarenz ein Studium, hat er nicht die Teilnahme an Lehrveranstaltungen, sondern den Erfolg durch positive Ablegung von Prüfungen oder anderweitige Bestätigung nachzuweisen. Diese Nachweisobliegenheit besteht auch für den Fall, dass ein Wechsel von einem Studium zu einer anderen Ausbildung (bei der nach § 26 Abs 1 Z 1 AlVG die Teilnahme nachzuweisen ist) oder umgekehrt von einer solchen Ausbildung zu einem Studium stattfindet.

Hat daher ein Arbeitnehmer als Weiterbildungsmaßnahme zunächst ein Universitätsstudium und anschließend eine andere Ausbildung (hier: einen Kurs beim Wirtschaftsförderungsinstitut) absolviert, hat er nach Ablauf von sechs Monaten einerseits gemäß § 26 Abs 1 Z 5 AlVG für das Studium einen aliquoten Erfolgsnachweis zu erbringen und andererseits gemäß § 26 Abs 1 Z 1 AlVG die Teilnahme an dem Ausbildungskurs im gesetzlich geforderten zeitlichen Ausmaß nachzuweisen. Kann er einen der beiden Nachweise nicht erbringen, führt dies zum Verlust des Anspruchs auf Weiterbildungsgeld.

VwGH 14. 9. 2016, Ra 2015/08/0210

Sachverhalt

Eine Arbeitnehmerin vereinbarte mit ihrem Arbeitgeber für die Zeit vom 1. 6. 2014 bis zum 30. 4. 2015 Bildungskarenz und beantragte beim Arbeitsmarktservice die Gewährung von Weiterbildungsgeld, das ihr zunächst bis 30. 11. 2014 gewährt wurde. Die Arbeitnehmerin hat im Rahmen der Bildungskarenz ein (bereits ab dem 1. 3. 2014 inskribiertes) Universitätsstudium betrieben, dann aber ab 8. 11. 2014 die Ausbildung gewechselt und einen Kurs beim Wirtschaftsförderungsinstitut belegt und diesen später auch erfolgreich abgeschlossen.

Da die Arbeitnehmerin dem AMS keinen Erfolgsnachweis für die Zeit des Studiums vorlegen konnte, insbesondere die geforderten ECTS-Punkte nicht nachweisen konnte, stellte das AMS das Weiterbildungsgeld mit 1. 12. 2014 ein. Über Beschwerde der Arbeitnehmerin sprach ihr das Bundesverwaltungsgericht das Weiterbildungsgeld über diesen Zeitpunkt hinaus weiter zu.

Der VwGH teilt die Ansicht des BVwG nicht. Er hat die Revision des AMS zugelassen, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des § 26 Abs 1 Z 5 AlVG vorliege. Der Revision wurde auch Folge gegeben und die Einstellung des Weiterbildungsgeldes mit 30. 11. 2014 durch das AMS mit folgender (zusammengefassten) Begründung bestätigt:

Entscheidung

Dauer der Ausbildung

Nach § 26 Abs 1 Z 1 AlVG hat eine Person, die eine Bildungskarenz gemäß § 11 AVRAG in Anspruch nimmt, die Teilnahme an einer „im Wesentlichen der Dauer der Bildungskarenz entsprechenden“ Weiterbildungsmaßnahme nachzuweisen, wobei das Ausmaß der Weiterbildung mindestens 20 – bei Betreuungspflicht für ein Kind bis zu sieben Jahren – 16 Wochenstunden zu betragen hat.

Der OGH betonat, dass die Dauer der Ausbildung (mit dem notwendigen Ausmaß an Wochenstunden) grundsätzlich der Dauer der Bildungskarenz bzw des Weiterbildungsgeldbezugs entsprechen müsse. Ein Abweichen sei nur insoweit zulässig, als einerseits berücksichtigungswürdige Gründe (wie etwa erforderliche und übliche Vorlauf- bzw Nachlaufzeiten oder unvermeidliche maßnahmenbedingte Unterbrechungen) vorliegen müssen, andererseits dürfe ein Abweichen nur verhältnismäßig kurze Zeiträume umfassen.

Nachweispflicht auch bei Ausbildungswechsel

Nach § 26 Abs 1 Z 5 AlVG hat eine Person, die eine Bildungskarenz in Anspruch nimmt, bei der Weiterbildung in Form eines Studiums (an einer im § 3 StudFG genannten Einrichtung) unabhängig vom Wechsel des Studiums oder der Einrichtung nach jeweils „sechs Monaten (nach jedem Semester)“ bei sonstigem Verlust des weiteren Anspruchs einen Erfolgsnachweis über die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Umfang von vier Semesterwochenstunden bzw acht ECTS-Punkten oder einen anderen geeigneten Erfolgsnachweis (zB Ablegung der Diplomprüfung) zu erbringen.

Zu dieser Regelung verweist der OGH auf die Materialien (ErläutRV 2150 BlgNR 24. GP, 14), die ua betonen, dass in den Medien kritisiert worden sei, dass das Weiterbildungsgeld von Studierenden als eine Art von unverbindlichem „Sabbatical“ missbraucht werde.

Für die Weiterbildung in Form eines Studiums sei daher nicht (wie nach § 26 Abs 1 Z 1 AlVG) die Teilnahme an Lehrveranstaltungen, die in der Regel nicht erfasst werde und in vielen Fällen auch kaum erfassbar wäre, sondern der Erfolg durch positive Ablegung von Prüfungen oder anderweitige Bestätigung nachzuweisen. Diese Nachweisobliegenheit bestehe auch für den Fall, dass es zu einem Wechsel des Studiums kommt. Der Grundsatz müsse aber ebenso gelten, wenn ein Wechsel von einem Studium zu einer anderen Ausbildung (bei der nach § 26 Abs 1 Z 1 AlVG die Teilnahme nachzuweisen ist) oder umgekehrt von einer solchen Ausbildung zu einem Studium stattfindet, könnte doch andernfalls die Obliegenheit zum Erfolgsnachweis leicht umgangen und der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck (Verhinderung eines Missbrauchs) vereitelt werden. Der Erfolgsnachweis sei nach Ablauf von jeweils sechs Monaten (nach jedem Semester) zu erbringen, wobei die Nachweisobliegenheit immer dann besteht, wenn in den sechsmonatigen Zeitraum (das jeweilige Semester) die auch nur zeitweise Absolvierung eines Studiums als Weiterbildungsmaßnahme fällt. Der Erfolgsnachweis könne freilich nur verhältnismäßig (aliquot) für jenen Zeitraum, in dem tatsächlich ein Studium betrieben wurde, verlangt werden, würde doch andernfalls ein Nachweis für eine nicht stattgefundene Weiterbildung gefordert.

Nachweise nicht erbracht

Der OGH leitet aus der Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall ab, dass die Arbeitnehmerin ihrer Nachweisobliegenheit nicht entsprochen und daher den weiteren Anspruch auf Weiterbildungsgeld verloren hat:

Die Arbeitnehmerin habe als Weiterbildungsmaßnahme vom 1. 6. bis zum 7. 11. 2014 ein Universitätsstudium und anschließend eine andere Ausbildung (Kurs beim Wirtschaftsförderungsinstitut) absolviert. Sie hätte daher nach Ablauf von sechs Monaten einerseits gemäß § 26 Abs 1 Z 5 AlVG für das Studium einen aliquoten Erfolgsnachweis über abgelegte Prüfungen im Umfang von zumindest dreieinhalb Semesterwochenstunden oder sieben ECTS-Punkten oder einen sonstigen geeigneten Erfolgsnachweis erbringen müssen; andererseits hätte sie gemäß § 26 Abs 1 Z 1 AlVG die Teilnahme an dem genannten Ausbildungskurs im erforderlichen Ausmaß von 16 Wochenstunden – da sie unstrittig ein Kind unter sieben Jahren betreut – nachweisen müssen.

Die Arbeitnehmer habe zwar die Kursteilnahme im gebotenen Stundenausmaß nachgewiesen, für das vorangehende Universitätsstudium aber keinen Erfolgsnachweis auf die soeben angeführte Weise erbracht. Sie habe daher insoweit ihrer Nachweisobliegenheit nicht entsprochen und daher den Anspruch auf Weiterbildungsgeld für die weitere mögliche Bezugsdauer über den 30. 11. 2014 hinaus verloren.

Das Verwaltungsgericht habe der Beschwerde zu Unrecht stattgegeben.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22453 vom 14.10.2016