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Bildungsteilzeit für Alleingeschäftsführer?

Bearbeiter: Manfred Lindmayr / Bearbeiter: Barbara Tuma

AlVG: § 26a

GmbH: § 25 Abs 4

In-sich-Geschäfte, die ein Geschäftsführer zwischen sich selbst und der GmbH abschließt, können – bei Fehlen einer Zustimmung oder nachträglichen Genehmigung durch die GmbH – ausnahmsweise zulässig sein, wenn keine Interessenkollision droht und zusätzlich der Abschlusswille derart geäußert wird, dass die Erklärung unzweifelhaft feststeht und nicht unkontrollierbar zurückgenommen werden kann.

Schließt nun der einzige und alleinvertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführer einer GmbH zwischen sich (als Dienstnehmer) und der GmbH (als Dienstgeberin) eine Bildungsteilzeitvereinbarung ab, ist in der vorgesehenen Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit von bisher 40 Stunden auf künftig 20 Stunden (Halbierung der bisherigen Arbeitsleistung als Geschäftsführer) jedenfalls eine drohende Gefährdung der Interessen der GmbH zu erblicken. Ohne Zustimmung der GmbH (bzw bei Fehlen eines Aufsichtsrates und weiterer Geschäftsführer durch die Gesellschafter) ist die Bildungsteilzeitvereinbarung somit nicht wirksam.

VwGH 14. 4. 2020, Ro 2016/08/0010

Ausgangsfall

Der Revisionswerber ist einziger und alleinvertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH, er ist zudem bei der GmbH (als Geschäftsführer) angestellt und an der GmbH mit 20 % der Geschäftsanteile beteiligt; die weiteren Anteile werden von seiner Tochter gehalten. Für die GmbH besteht kein Aufsichtsrat, auch ein Prokurist ist nicht bestellt.

Am 1. 7. 2013 beantragte der Revisionswerber beim Arbeitsmarktservice Bildungsteilzeitgeld gemäß § 26a AlVG. Er berief sich dabei auf eine Vereinbarung zwischen der GmbH (als Dienstgeberin) und ihm (als Dienstnehmer) über Bildungsteilzeit für den Zeitraum vom 1. 7. 2013 bis zum 30. 6. 2015 zur Durchführung eines Doktoratsstudiums (unter Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit von zuletzt 40 Stunden auf künftig 20 Stunden). Er legte auch eine diesbezügliche schriftliche „Bescheinigung“ der GmbH vom 28. 6. 2013 vor, die er als Geschäftsführer ausgestellt hatte.

Das AMS sah die Anspruchsvoraussetzungen (zunächst) als erfüllt an und zahlte das Bildungsteilzeitgeld ab dem 1. 7. 2013 aus. Nach einer nochmaligen Prüfung der Anspruchsberechtigung im Februar 2014 kam das AMS aber zu dem Schluss, dass der Revisionswerbers keinen Anspruch auf Bildungsteilzeitgeld habe: Ein angestellter Alleingeschäftsführer könne eine Bildungsteilzeit nicht mit sich selbst vereinbaren; eine andere befugte Person (etwa ein Prokurist) sei auf Seiten der Gesellschaft nicht eingeschritten und eine Bildungsteilzeit sei daher nicht wirksam vereinbart worden.

Das Verwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung des AMS, ließ aber die Revision zu, weil noch keine Rechtsprechung des VwGH zur Frage vorliege, ob ein alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer einer GmbH mit sich selbst eine Bildungsteilzeit wirksam vereinbaren könne.

Entscheidung

Ein In-sich-Geschäft wäre hier wirksam, wenn eine Zustimmung oder nachträgliche Genehmigung durch die GmbH erfolgt wäre. Da kein Aufsichtsrat bestellt und der Revisionswerber einziger Geschäftsführer ist, käme vorliegend eine solche Einwilligung nur durch die Gesellschafter selbst in Betracht. Da der Revisionswerber bei einer solchen Abstimmung kein Stimmrecht hätte, könnte eine Einwilligung ausschließlich durch die einzige Mitgesellschafterin (Tochter des Revisionswerbers) erfolgen.

Der Revisionswerber behauptete zwar in der Beschwerde, die Bildungsteilzeitvereinbarung sei als Ergänzung zum Geschäftsführervertrag von den Gesellschaftern der GmbH „bewilligt“ bzw „genehmigt“ worden. Er erstattete dazu jedoch kein näheres Vorbringen und legte auch keine Beweise dafür vor. AMS und Verwaltungsgericht führten keinerlei diesbezügliche Erhebungen durch – obwohl von einer unstrittigen Tatsachenbehauptung keine Rede sein kann – und trafen auch keinerlei diesbezügliche Feststellungen. Im Hinblick darauf kann – derzeit – nicht beurteilt werden, ob eine Einwilligung der Gesellschafter zur Bildungsteilzeitvereinbarung erfolgt ist oder nicht.

Das Verwaltungsgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren – nach allfälliger Ergänzung des Tatsachenvorbringens durch den Revisionswerber – die erforderlichen Beweisaufnahmen durchzuführen und auf deren Grundlage die notwendigen Feststellungen zu treffen haben. Erst im Anschluss daran wird beurteilt werden können, ob die Bildungsteilzeitvereinbarung als ein rechtswirksames In-sich-Geschäft zu erachten ist und als taugliche Grundlage für die Zuerkennung von Bildungsteilzeitgeld nach § 26a AlVG iVm § 11a AVRAG dienen kann.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29422 vom 23.07.2020