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Gemäß § 210 Abs 1 Z 8 IO obliegt es dem Schuldner, während der Rechtswirksamkeit der Abtretungserklärung keine neuen Schulden einzugehen, die er bei Fälligkeit nicht bezahlen kann. Die Fälligkeit richtet sich nach der allgemeinen Regel des § 904 ABGB. Verspricht der Verpflichtete die Erfüllung nur „nach Möglichkeit oder Tunlichkeit“ (§ 904 Satz 3 ABGB), kann der Gläubiger die Erfüllungszeit vom Richter nach Billigkeit festsetzen lassen. Die Vereinbarung, der Schuldner müsse nur nach Möglichkeit und Tunlichkeit leisten, kann sich (auch) erst aus den Begleitumständen ergeben, dh es ist eine schlüssige Vereinbarung der Erfüllung nach Möglichkeit und Tunlichkeit statthaft (bei Einhaltung des strengen Maßstabs des § 863 ABGB).
Hier gewährte eine langjährige Freundin dem Schuldner während und in Kenntnis des Abschöpfungsverfahrens Kredite (zum Kauf eines neuen Autos und zur Begleichung des Anwaltshonorars seiner Rechtsvertreter in einem Strafverfahren) mit der Vereinbarung, dass die Rückzahlung der Darlehen jedenfalls nicht vor der Beendigung des Abschöpfungsverfahren erfolgen und der Schuldner und die Darlehensgeberin nach der Beendigung des Abschöpfungsverfahrens eine Regelung über die Rückzahlungsmodalitäten treffen werden, wie etwa die Höhe der Rückzahlungsraten. Zumal der Schuldner selbstredend während sowie unmittelbar nach Beendigung des Abschöpfungsverfahrens praktisch vermögenslos ist und – aufgrund seines hohen Alters und seiner körperlichen Beeinträchtigungen – auch nicht mit Einkünften abseits von Pension und Pflegegeld zu rechnen (gewesen) ist, haben der Schuldner und seine Darlehensgeberin schlüssig vereinbart, dass die Rückzahlung der Darlehen nach Möglichkeit und Tunlichkeit iSd § 904 Satz 3 ABGB erfolgt. Der Schuldner ging durch die Aufnahme der Darlehen damit aber keine (Rückzahlungs-)Schuld ein, „die er bei Fälligkeit nicht bezahlen kann“ (§ 210 Abs 1 Z 8 IO). Durch § 904 Satz 3 ABGB ist nämlich gesichert, dass er nicht durch richterliche Fälligstellung zu Rückzahlungen verpflichtet werden kann, die ihm nicht möglich sind. Eine Verletzung der Obliegenheit nach § 210 Abs 1 Z 8 IO ist zu verneinen.
Entscheidung
Die antragstellende Insolvenzgläubigerin hatte dem Schuldner weiters eine Obliegenheitsverletzung durch – angeblich – nicht optimale Geltendmachung von Freibeträgen im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2021 vorgeworfen. Diese Obliegenheitsverletzung setzt jedoch voraus, dass dem Schuldner an ihr ein Verschulden traf (§ 211 Abs 1 Z 2 IO). Selbst wenn objektiv – was die Antragstellerin aber nicht iSd § 211 Abs 1 letzter Satz IO glaubhaft machte – eine höhere Steuergutschrift zu erzielen gewesen wäre, scheidet eine Beendigung des Abschöpfungsverfahrens schon aus, weil kein Verschulden des Schuldners ersichtlich ist, handelt es sich bei ihm doch um keinen insofern Sachkundigen, wie etwa einen Steuerberater. Dass auch unter Ansatz der Maßfigur eines steuerrechtlichen Laiens die Vorgangsweise des Schuldners fahrlässig war, ist zu verneinen.