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Die Anzeichen einer wirtschaftlichen Krise müssen für den späteren Anfechtungsgegner Anlass sein, mit zumutbaren Mitteln Erkundigungen einzuziehen. Ob das zutrifft, ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls. Im vorliegenden Fall hat das BerufungsG seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten (Bejahung der fahrlässigen Unkenntnis zu den vorgeworfenen Tatbeständen nach § 28 Z 2 und Z 3, § 30 Abs 1 Z 3 und § 31 Abs 1 Z 2 IO):
Im Zeitraum der angefochtenen Zahlungen hatte die Bekl aus früheren Bauprojekten gegen die Schuldnerin eine offene Forderung von rund 900.000 €, die die Schuldnerin trotz längst eingetretener Fälligkeit nicht bezahlt hatte. Dieser massive Insolvenzindikator hätte die Bekl zu eingehenden Nachforschungen verpflichtet, deren Unterbleiben ihr zur Last fällt. Allein die Einsicht in die Jahresabschlüsse 2013 und 2014 hätte das Bestehen von „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen“ von rund 1,4 bzw 1,7 Mio € ergeben – also zwar nicht unbedingt fällige, aber jedenfalls bestehende Forderungen von Subunternehmen und Lieferanten. Damit wären Zahlungsunfähigkeit und (in Bezug auf die Zahlungen an die Bekl) Begünstigungsabsicht indiziert gewesen und die Bekl hätte die Schuldnerin auffordern müssen, unter Vorlage geeigneter Belege die Höhe der fälligen Schulden bekanntzugeben und darzulegen, wie diese iSd E 3 Ob 99/10w (= RdW 2011/430) binnen drei Monaten beglichen werden könnten. Angesichts der seit Ende 2013 bestehenden materiellen Insolvenz kann nicht unterstellt werden, die Schuldnerin hätte im Jahr 2015 das Vorliegen einer bloßen Zahlungsstockung plausibel machen können.
Die Bekl kann sich weder auf die „faktische Unmöglichkeit“ der Einsicht in die Buchhaltung der Schuldnerin noch darauf berufen, dass ein Befragen des Geschäftsführers zu einem „Vertrauensverlust“ geführt hätte. Hätte der Geschäftsführer die Einsicht in die Buchhaltung verweigert, wäre der massive Insolvenzindikator nicht entkräftet worden. Einen „Vertrauensverlust“ hätte die Bekl angesichts ihrer offenen Forderung von 900.000 € und des akuten Insolvenzverdachts hinnehmen müssen.
Auf eine Bonitätsauskunft von März 2014 durfte sich die Bekl im zweiten Halbjahr 2015 schon deshalb nicht verlassen, weil diese offenkundig falsch war. Denn trotz der hohen fälligen Forderung der Bekl und anderer Gläubiger hieß es darin, dass Zahlungen „im Rahmen der Fristen und Konditionen“ erfolgten und „Zahlungsanstände nicht bekannt“ seien.
Entscheidung
Soweit die Bekl mit fehlender Nachteiligkeit der angefochtenen Zahlungen argumentiert, übersieht sie, dass eine Deckungsanfechtung vorliegt. Angefochten wird hier nicht das Rechtsgeschäft, sondern die Zahlung der offenen Forderung. Da die Gegenleistung schon erfolgt war, verminderte die Zahlung jedenfalls die Quote und benachteiligte daher unabhängig vom Wert der Gegenleistung die Gläubiger. Der von der Bekl insofern genannte § 41 IO steht dem nicht entgegen, da bei der Deckungsanfechtung nur eine Insolvenzforderung entsteht und die Gegenleistung – anders als bei Anfechtung (auch) des Titelgeschäfts – gerade nicht herausverlangt werden kann (Bollenberger in KLS § 41 Rz 1; König, Anfechtung5 Rz 16/22 ff).