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1. Ist der Schuldner eine juristische Person, eine Personengesellschaft oder ein sonstiges parteifähiges Gebilde, gelten die Mitglieder des Leitungs- oder Aufsichtsorgans gem § 32 Abs 2 Z 1 IO als nahe Angehörige des Schuldners. Als Begründung für die Aufnahme der Mitglieder des Leitungs- oder Aufsichtsorgans in den Kreis der nahen Angehörigen ist den Gesetzesmaterialien zum GIRÄG 2003 (BGBl I 2003/92) zu entnehmen, dass auch ihnen Insiderstellung zukomme (ErläutRV 124 BlgNR 22. GP 15).
Der faktische hat gleich dem rechtlichen Geschäftsführer „Insiderstellung“, maW eine „besondere Informationsmöglichkeit“ über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners. Dies rechtfertigt es, auch ihn als „Mitglied des Leitungsorgans“ iSd § 32 Abs 2 Z 1 IO zu qualifizieren. Den faktischen Geschäftsführer diesbezüglich gleich dem rechtlichen Geschäftsführer zu behandeln und damit Anfechtungsansprüche zu eröffnen, steht wertungsmäßig mit der Rsp des OGH im Einklang, die den faktischen Geschäftsführer in Hinsicht auf seine deliktische Haftung grds jenen Pflichten unterwirft, die den (formal) bestellten Geschäftsführer treffen. Die Subsumtion des faktischen Geschäftsführers unter § 32 Abs 2 Z 1 IO führt nicht dazu, dass hierdurch „Tür und Tor geöffnet“ würde und man konsequenterweise ebenso zB leitende Angestellte und letztlich alle Personen erfassen müsste, die aus welchen Gründen auch immer in den Besitz von Informationen gelangten.
Nach § 32 Abs 2 letzter Satz IO sind auch die in § 32 Abs 1 IO aufgezählten nahen Angehörigen – hierunter die Ehegatten – der zuvor in § 32 Abs 2 IO genannten Personen nahe Angehörige. Die Bekl war als Ehegattin (§ 32 Abs 1 IO) des faktischen Geschäftsführers und damit Mitglied des Leitungsorgans der Schuldnerin (§ 32 Abs 2 Z 1 IO) somit selbst nahe Angehörige der Schuldnerin.
2. Nach § 39 Abs 1 IO muss zur Insolvenzmasse geleistet werden, was durch die anfechtbare Handlung dem Vermögen des Schuldners entgangen oder daraus veräußert oder aufgegeben worden ist. Eine Deckelung des Anfechtungsanspruchs mit der Höhe der im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. Ziel des Anfechtungsanspruchs ist die Herstellung des Zustands, in dem sich die Masse befände, wenn die anfechtbare Rechtshandlung nicht vorgenommen worden wäre. Die Höhe des geschuldeten Wertersatzes orientiert sich maW an der Schmälerung des Befriedigungsfonds; zu ersetzen ist der objektive Wert, also der Erlös oder Ertrag, den der Masseverwalter hätte erzielen können, wenn sich die Sache noch in der Masse befunden hätte.
Für die Wertberechnung ist grds auf den Zeitpunkt der erfolgreichen Anfechtung abzustellen, also auf den Schluss der Verhandlung erster Instanz. Für den Anfechtungsgegner bedeutet dies, dass er insoweit das Risiko einer Wertsteigerung trägt.
Hinweis:
Die Klage hatte nicht der Insolvenzverwalter erhoben, sondern den Insolvenzanfechtungsanspruch an eine GmbH abgetreten. Im ersten Rechtsgang hat der OGH zu 17 Ob 6/19k (= RdW 2019/528) entschieden, dass eine solche Abtretung eines Insolvenzanfechtungsanspruchs gültig ist.
Das Verfahren im zweiten Rechtsgang diente nun der Klärung der inhaltlichen Berechtigung des abgetretenen Anfechtungsanspruchs. Dabei kam der OGH zum Ergebnis, dass die Bekl als Anfechtungsgegnerin für die – unstrittig nicht restituierbaren – Liegenschaften dem Anfechtungswerber unabhängig von der Höhe der im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen Wertersatz zu leisten hat, und zwar ausgehend vom Wert der Liegenschaften im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz.