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Insolvenzrecht: IRÄG 2017 - RV

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Bundesgesetz, mit dem die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden sollen (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 - IRÄG 2017)

RV 28. 3. 2017, 1588 BlgNR 25. GP

Gesetzwerdung bleibt abzuwarten.

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:

Änderungen im Privatinsolvenzrecht

-Die Frist im Abschöpfungsverfahren wird auf 3 Jahre reduziert, um eine rasche Rückkehr in eine produktive Berufssituation zu ermöglichen. (§ 199 Abs 2 IO)
-Weiters soll die derzeit geltende Mindestquote von 10 % im Abschöpfungsverfahren zur Gänze entfallen. Die Erleichterung der Entschuldung wird nicht nur für ehemalige Unternehmer, sondern auch für Privatpersonen vorgesehen. (§ 195a IO)
-Um die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auch bei Fehlen eines kostendeckenden Vermögens zu erreichen, muss ein privater Schuldner derzeit nicht nur die Voraussetzungen des § 183 Abs 1 IO erfüllen, sondern gem § 183 Abs 2 IO auch bescheinigen, dass ein außergerichtlicher Ausgleich gescheitert ist oder gescheitert wäre. Dies ist nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen meistens der Fall. Um den Arbeitsaufwand zu reduzieren, erscheint es daher zweckmäßig, auf das Erfordernis eines außergerichtlichen Ausgleichs zu verzichten. (Entfall des § 183 Abs 2 IO)

Internationale Insolvenzen

Die Neufassung der EuInsVO (VO (EU) 848/2015 über Insolvenzverfahren) gilt großteils ab 26. 6. 2017 und macht eine Überarbeitung des Zweiten Abschnitts des Siebenten Teils der IO erforderlich, der ergänzende Bestimmungen zur EuInsVO enthält. Neben Zitatanpassungen wird va Folgendes geregelt:

-Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§ 219 IO; zuständig ist das Gericht, das für die Eröffnung des Sekundärinsolvenzverfahrens zuständig ist; betreibt der Schuldner im Inland kein Unternehmen und hat er im Inland weder eine Niederlassung noch einen gewöhnlichen Aufenthalt oder Vermögen, so ist das Handelsgericht Wien zuständig);
-Bekanntmachung des Ausspruchs, ob es sich um ein Haupt-, Partikular- oder Sekundärverfahren handelt, wenn sich dies erst während des Insolvenzverfahrens herausstellt (§ 220 Abs 2 IO);
-Bekanntmachung und Registereintragung der Eröffnung von Insolvenzverfahren, die in anderen Mitgliedstaaten eröffnet wurden (§ 220a IO);
-ergänzende Bestimmungen über die vom Gläubigerausschuss genehmigte Zusicherung zur Vermeidung eines Sekundärverfahrens (§§ 220b bis 220i IO);
-Bekanntmachung der Bestellung eines einstweiligen Verwalters (§ 73 Abs 2 IO).

Die Neufassung der Begleitregelungen zur EuInsVO erfordert auch eine Anpassung der Bestimmungen über das internationale Insolvenzrecht jenseits der EuInsVO, insb über die Bekanntmachung (§§ 242 und 251 IO), um die derzeitige Rechtslage beizubehalten.

Angleichung an internationale Insolvenzen

Die Neufassung der EuInsVO lässt es weiters geboten erscheinen, Bestimmungen der IO an die Regelungen der EuInsVO anzupassen oder den Anwendungsbereich der EuInsVO auf Fälle ohne Auslandsbezug auszudehnen, um einen Wertungswiderspruch zu vermeiden. Dies betrifft

-den Inhalt des Insolvenzedikts (§ 74 Abs 2 IO);
-die Forderungsanmeldung (§ 103 IO);
-die Festlegung der Zuständigkeit für insolvenznahe Verfahren (§ 63a IO; außer wenn der Insolvenzverwalter in einen anhängigen Rechtsstreit eintritt, ist grds das Insolvenzgericht ausschließlich zuständig);
-die Zusammenarbeit und Koordination im Konzern (§§ 180b und 180c IO; bei Insolvenzeröffnung über das Vermögen von Mitgliedern einer Unternehmensgruppe sind die Regelungen über die Zusammenarbeit und Kommunikation nach Art 56 bis 60 EuInsVO und die Koordinierung nach Art 61 bis 77 EuInsVO anzuwenden).

Weitere Änderungen im Insolvenzrecht

Hinsichtlich der Zuständigkeit wird - ebenfalls mit Blick auf die EuInsVO - auch bei der örtlichen Zuständigkeit in Österreich ausdrücklich auf das im Zeitpunkt der Antragstellung zuständige Gericht abgestellt (§ 63 Abs 1 IO) und bei der sachlichen Zuständigkeit soll in Abkehr von der Rsp des OGH festgelegt werden, dass das BG den Insolvenzantrag an das zuständige LG zu überweisen hat, wenn die Voraussetzungen für das Schuldenregulierungsverfahren nicht gegeben sind (§ 182 Abs 2 IO).

Von der Praxis gewünscht und als zweckmäßig angesehen werden weiters Regelungen wie

-Möglichkeit der einvernehmlichen Verlängerung der Frist für die Einbringung einer Anfechtungsklage (§ 43 Abs 2 IO; Verlängerung darf nur einmal vereinbart werden und darf 3 Monate nicht übersteigen);
-Bekanntmachung des Beschlusses über die Ablehnung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person wegen Vermögenslosigkeit (§ 68 Abs 2 IO);
-Anhebung der Mindestentlohnung des Insolvenzverwalters auf € 3.000,- bzw € 1.000,- (§§ 82 Abs 1, 82a Abs 1 und 191 Abs 1 IO);
-Belohnung der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit Einverständnis der Gläubiger (§ 87a Abs 1 Z 1 IO);
-Verfahrensvereinfachungen bei Zustellung an eine unvertretene Kapitalgesellschaft (§ 258a IO):
Hat eine Kapitalgesellschaft keinen organschaftlichen Vertreter, so kann die Zustellung an die Gesellschaft ohne Bestellung eines Kurators durch Aufnahme in die Ediktsdatei erfolgen (§ 115 ZPO). Diese Bekanntmachung ist durch den Hinweis zu ergänzen, dass alle weiteren Zustellungen an die zuletzt dem Gericht bekannte Anschrift der Gesellschafter erfolgen werden. Das Gericht hat die Gesellschafter über Form und Inhalt dieser öffentlichen Bekanntmachung zu benachrichtigen. Ein Zustellanstand hinsichtlich dieser Benachrichtigung hindert das weitere Verfahren nicht. Die Zustellung an die Gesellschaft gilt 4 Wochen nach Aufnahme in die Ediktsdatei als bewirkt.
Bei Aktiengesellschaften haben die Benachrichtigungen und Zustellungen statt an die Gesellschafter an die zuletzt im Firmenbuch eingetragen gewesenen oder noch aktuell eingetragenen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats zu erfolgen. Hat die Aktiengesellschaft einen im Firmenbuch eingetragenen Alleinaktionär (§ 35 AktG), so ist dieser ebenfalls zu verständigen.

Sonstiges

Im GGG wird (neben der Beseitigung von Redaktionsversehen) klargestellt, dass für die Anmeldung einer Forderung nach § 220d Abs 4 IO im Zuge einer Abstimmung über eine Zusicherung gem Art 36 Abs 5 EuInsVO keine Gerichtsgebühr zu entrichten ist. (Tarifpost 5 Anm 1a)

Im IESG sind - ohne inhaltliche Änderungen - Anpassungen an die Neufassung der EuInsVO erforderlich. (§ 1 Abs 1 IESG)

In der EO soll durch den neuen § 45a Abs 2 EO folgendes Problem beseitigt werden: § 9 Abs 1 GEG und andere gesetzliche Bestimmungen (etwa § 212 BAO) ermöglichen einer Behörde die Stundung und Ratenzahlung einer Abgabenschuld. Da eine Behörde aber nicht berechtigt ist, eine „Zahlungsvereinbarung“ zu treffen, wenn die Stundungsvoraussetzungen im Gesetz festgeschrieben sind und eine behördliche Entscheidung vorgesehen ist, konnte der Verpflichtete bisher gem § 40 EO die Einstellung einer bereits anhängigen Exekution zur Hereinbringung der Abgabenschuld beantragen, was für die betreibende Behörde einen Rangverlust zur Folge hatte. Vorgeschlagen wird daher nun, dass auch der bescheidförmigen Entscheidung einer Behörde über die Stundung oder Ratenzahlung der Forderung einer Gebietskörperschaft die Wirkung einer Zahlungsvereinbarung nach § 45a EO zukommt. Dadurch kann nur noch die Aufschiebung, nicht aber die Einstellung der Exekution verlangt werden und der Pfandrang bleibt erhalten.

Die ErläutRV stellen dazu weiters klar, dass der Begriff der Behörde nicht nur Verwaltungsbehörden umfasst, sondern auch Gerichte (Ordentliche Gerichte und Verwaltungsgerichte), und dass der neue Abs 2 nicht anwendbar ist, soweit die Behörde Zahlungsvereinbarungen treffen kann (zB gem § 33 Abs 1 UVG).

Inkrafttreten

Als Datum des Inkrafttretens ist insb der 26. 6. 2017 vorgesehen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23348 vom 30.03.2017