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Insolvenzverwalter: Weisungsbefugnis des Insolvenzgerichts

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

IO: § 80, § 84, § 121, § 129

Gemäß § 84 Abs 1 IO hat das Insolvenzgericht die Tätigkeit des Insolvenzverwalters zu überwachen (Satz 1). Es kann ihm (ua) Weisungen erteilen (Satz 2). Zur Tätigkeit des Insolvenzverwalters gehört, zur gegebenen Zeit einen Verteilungsentwurf und eine Schlussrechnung vorzulegen (vgl nur §§ 121 Abs 1 und 129 Abs 2 IO). Die Ansicht, § 84 IO betreffe allein den „operativen Bereich der Verwertung“, weshalb Verteilungsentwurf und Schlussrechnung keine Tätigkeit iSd § 84 Abs 1 IO seien, findet im Wortlaut der Vorschrift keine Stütze und widerspricht zudem der zutreffenden Ansicht der Lit, dass die Überwachungspflicht des Insolvenzgerichts alle Tätigkeitsbereiche des Insolvenzverwalters erfasst. Die diesbezüglichen Befugnisse des Insolvenzgerichts beginnen mit der Bestellung des Insolvenzverwalters, spätestens aber dann, wenn dieser nicht iSd § 80 Abs 1 IO die Übernahme der Insolvenzverwaltertätigkeit ablehnt, und bestehen – allenfalls auch über die Enthebung des Insolvenzverwalters hinaus – solange fort, solange noch Pflichten des Insolvenzverwalters aus der Amtsführung fortwirken. Auch die Weisungsbefugnis des Insolvenzgerichts ist zumindest grundsätzlich – nämlich abseits hier nicht vorliegender besonderer Fälle – umfassend.

Die Überwachungs- und Weisungsbefugnis des Insolvenzgerichts ist somit klar nicht auf den „operativen Bereich der Insolvenzverwaltertätigkeit“ beschränkt. Dem Gericht ist es jedenfalls zB auch möglich, dem Insolvenzverwalter im Fall der Säumnis mit dem Abschluss des Verfahrens, insb mit der Vorlage von Schlussrechnung und Verteilungsentwurf, eine Weisung zu erteilen.

OGH 3. 8. 2021, 8 Ob 80/21d

Entscheidung

Der OGH ließ den Revisionsrekurs der Schuldnerin zur Klarstellung der Rechtslage zu, im Ergebnis war er aber nicht berechtigt, weil die Zurückweisung ihres Rekurses durch das RekursG vom Gesetz gedeckt war:

Bereits aus der Formulierung des Rekursantrags der Schuldnerin - und auch aus der ihres Revisionsrekursantrags – ergibt sich, dass sie nicht die unmittelbare „Beendigung“ (Aufhebung) des Insolvenzverfahrens anstrebt, sondern bloß, dass dem Insolvenzverwalter aufgetragen werde, die Schlussrechnung und den Verteilungsentwurf vorzulegen. Hierdurch sollen – so erkennbar die Intention der Schuldnerin – die Voraussetzungen für eine Insolvenzaufhebung (nach welcher Rechtsvorschrift auch immer) geschaffen werden.

Über Beschwerden eines Gläubigers, eines Mitglieds des Gläubigerausschusses oder des Schuldners gegen einzelne Maßnahmen oder das Verhalten des Insolvenzverwalters entscheidet das Insolvenzgericht; ein Rechtsmittel gegen eine solche Entscheidung ist nicht zulässig (§ 84 Abs 3 IO).

Das RekursG hat mit Grund auch den Antrag der Schuldnerin vom 21. 2. 2020 als eine Beschwerde iSd § 84 Abs 3 IO gegen ein Verhalten des Insolvenzverwalters verstanden, nämlich gegen dessen Unterlassung der Vorlage einer Schlussrechnung und eines (Schluss-)Verteilungsentwurfs. Nach stRsp erfasst die Rechtsmittelbeschränkung nach § 84 Abs 3 IO auch den Fall, dass der – als Beschwerde iSd § 84 Abs 3 IO zu wertende – Antrag abgewiesen wird, dem Insolvenzverwalter eine Weisung zu erteilen (5 Ob 301/85; RIS-Justiz RS0065208 [T4]).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31628 vom 28.10.2021