Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement des ARD erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
KV-Universitäten: § 21, § 22
§ 22 des Kollektivvertrages für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten sieht für ältere und/oder langjährige Mitarbeiter einen erweiterten Kündigungsschutz insofern vor, dass die Kündigung zu ihrer Wirksamkeit nicht nur der Schriftform bedarf, sondern auch nur unter Angabe eines Grundes erfolgen darf. Die Angabe des Kündigungsgrundes ist notwendiger Inhalt der schriftlichen Kündigung, sodass ein Verstoß gegen diese Formvorschrift – somit die schriftliche Kündigung ohne Anführung eines Grundes – zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.
Sachverhalt und bisheriges Verfahren
Die im Jahr 1969 geborene Klägerin ist seit 2004 bei der beklagten Universität beschäftigt. Zum 30. 9. 2022 wurde das Dienstverhältnis von der Dienstgeberin schriftlich aufgekündigt, ein Kündigungsgrund wurde in dem Schreiben nicht angeführt. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis über den 30. 9. 2022 hinaus aufrecht fortbesteht. Gemäß § 22 des Kollektivvertrages für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten hätte sie nur unter Angabe eines Grundes gekündigt werden dürfen, ein solcher sei im Kündigungsschreiben aber nicht genannt. Die Kündigung sei daher unwirksam.
Die Vorinstanzen gab dem Klagebegehren statt und auch der OGH, der sich erstmals mit der Auslegung des § 22 Abs 1 KV-Universitäten befassen musste, bestätigte die Unwirksamkeit der Kündigung mit folgender zusammengefassten Begründung:
Angabe des Kündigungsgrundes notwendiger Inhalt
Ausgehend vom Wortlaut der relevanten Bestimmungen ergibt sich zunächst aus § 21 Abs 1 KV-Universitäten, dass jede Kündigung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedarf. § 22 Abs 1 KV-Universitäten sieht zusätzlich für bestimmte Arbeitnehmer, zu denen unstrittig auch die Klägerin zählt, einen erweiterten Kündigungsschutz vor. Diese dürfen nur „mit Angabe eines Grundes“ gekündigt werden. In der Folge werden in Abs 2 die Gründe, die zu einer Kündigung berechtigen, taxativ aufgezählt.
Der KV-Universitäten verlangt daher im Rahmen des erweiterten Kündigungsschutzes nicht nur das Vorliegen eines Kündigungsgrundes, sondern ausdrücklich auch, dass die Kündigung nur unter Angabe des Grundes erfolgen darf. Richtig ist zwar, dass § 22 Abs 1 KV-Universitäten dafür nicht ausdrücklich die Schriftform vorsieht. Diese Bestimmung macht aber die Angabe des Kündigungsgrundes zum notwendigen Inhalt der Kündigung, die – wie ausgeführt – nach § 21 Abs 1 KV-Universitäten in jedem Fall schriftlich zu erfolgen hat. Entgegen der Revision ist dabei nicht zwischen (schriftlicher) Kündigungserklärung und (formloser) Begründung zu unterscheiden, vielmehr hat die (in jedem Fall) schriftlich zu erfolgende Kündigung auch eine Begründung durch Angabe des Kündigungsgrundes zu enthalten.
Unwirksamkeit der Kündigung bei Verstoß
Insoweit entspricht diese Regelung § 32 Abs 1 VBG 1948, der vorsieht, dass die Kündigung schriftlich und mit Angabe eines Grundes zu erfolgen hat. Dass sich im VBG 1948 beide Voraussetzungen in derselben Bestimmung finden, im KV-Universitäten dagegen in unterschiedlichen Paragraphen, ergibt sich aus der Regelungssystematik, ändert aber nichts am identen Inhalt beider Normen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Bestimmung des KV-Universitäten dem VBG 1948 nachgebildet wurde. Die im Wesentlichen übereinstimmende Regelung und der übereinstimmende Regelungszweck sprechen für eine gleichlautende Auslegung.
Daraus, dass der KV-Universitäten ausdrücklich die Angabe des Kündigungsgrundes, nicht nur dessen Vorliegen verlangt, lässt sich ableiten, dass es in den Fällen des erweiterten Kündigungsschutzes nicht nur darauf ankommt, dass ein Kündigungsgrund vorliegt, sondern der Dienstgeber den von ihm herangezogenen Kündigungsgrund auch dem Dienstnehmer mit der Kündigung bekanntzugeben hat. Sinn einer solchen Regelung kann aber nur sein, dass der Dienstgeber sich nicht nachträglich auf andere als die bekanntgegebenen Kündigungsgründe berufen kann. So hat der OGH bereits wiederholt zu verschiedenen Gesetzen, die die (schriftliche) Angabe des Kündigungsgrundes fordern, ausgesprochen, dass der dem Gekündigten dienende Schutzzweck der notwendigen Angabe des Kündigungsgrundes in der schriftlichen Kündigung ist, dass andere als in der schriftlichen Kündigung geltend gemachten Kündigungsgründe nicht nachträglich zur Rechtfertigung der Kündigung herangezogen werden dürfen (RS0082181; vgl auch RS0031367).
Hat eine Kündigung begründet und schriftlich zu erfolgen, entspricht es dem Zweck der Regelung, dass die Angabe des Kündigungsgrundes als Teil der Kündigungserklärung schriftlich zu erfolgen hat und so den vom Dienstgeber herangezogenen Kündigungsgrund objektiv belegbar macht.
Ist aber die Angabe des Kündigungsgrundes wie dargelegt Teil der notwendigerweise schriftlichen Kündigungserklärung, so ergibt sich bereits aus § 21 Abs 1 KV-Universitäten, dass ein Verstoß gegen diese Formvorschrift zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Dass daher § 22 Abs 6 KV-Universitäten, der inhaltliche und nicht formelle Mängel der Kündigung zum Gegenstand hat, nicht auf § 22 Abs 1 KV-Universitäten Bezug nimmt, ist aufgrund der Systematik der Regelung konsequent, ist aber für die Unwirksamkeit einer gegen § 22 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 KV-Universitäten verstoßenden Kündigung ohne Bedeutung.
Die schriftliche Kündigung der Klägerin enthielt keine Angabe eines Kündigungsgrundes. Mangels Einhaltung der kollektivvertraglichen Formvorschrift ist die Kündigung daher unwirksam.