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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
Bei der Beurteilung, ob eine dem Arbeitnehmer „gehörende“ Lebensversicherung und damit eine zur Lohnabgabenpflicht führende Vorteilszuwendung in Form der vom Arbeitgeber für ihn bezahlten Prämien anzunehmen ist, ist nicht allein auf die Benennung des Bezugsberechtigten gegenüber dem Versicherer abzustellen. Scheint zwar in der Versicherungspolizze als Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigter nur der Arbeitgeber auf, wurde aber zwischen Arbeitgeber und versichertem Arbeitnehmer eine Weiterleitung der Versicherungssumme an den Arbeitnehmer arbeitsvertraglich (einseitig unwiderruflich) vereinbart, sind bereits die Prämieneinzahlungen des Arbeitgebers als Zufluss von Arbeitslohn zu werten, und nicht erst die Kapitalauszahlung im Leistungsfall.
VwGH 28. 10. 2014, 2012/13/0118 und 2011/13/0136
Sachverhalt
Gegenstand des Verfahrens ist der „Management-Vorsorge-Plan“ (MVP) der M-AG, die sich bei dessen Einführung an Rz 222a und Rz 663 LStR 2002 orientiert haben dürfte:
Mit Wirksamkeit vom 1. 10. 2004 schloss die M-AG mit der X-Versicherung auf das Leben der teilnehmenden Arbeitnehmer (versicherte Personen) Rentenversicherungsverträge mit Kapitalwahlrecht ab. Versicherungsnehmer und Begünstigter aus diesen Verträgen war die M-AG. Die Finanzierung der Versicherungen erfolgte in der Weise, dass mit den Arbeitnehmern „Verschlechterungsvereinbarungen“ abgeschlossen wurden. Mit diesen wurden die jeweiligen Jahresgehälter um einen genau bestimmten Betrag reduziert. Der jeweilige Reduktionsbetrag wurde in den auf das Leben des jeweiligen Arbeitnehmers abgeschlossenen und die M-AG begünstigenden Versicherungsvertrag einbezahlt. Der Reduktionsbetrag wurde inklusive künftiger Valorisierungen der Berechnungsbasis der bezugsabhängigen arbeitsrechtlichen Ansprüche des jeweiligen Arbeitnehmers (Abfertigung, Bonus, Urlaubsersatzleistung, Jubiläumszahlungen, Überstundenberechnungen etc) hinzugeschlagen.
In Umsetzung des MVP wurden in Ergänzung zu den Versicherungsverträgen eine Rahmenvereinbarung zwischen der M-AG und der X-Versicherung sowie Einzelvereinbarungen zwischen der M-AG und den einzelnen Arbeitnehmern geschlossen.
- | Gemäß der Rahmenvereinbarung handelt es sich bei den Versicherungen um Lebensversicherungen, die Auszahlung erfolgt – sofern nicht anderes vereinbart wird – im Wege einer einmaligen Kapitalauszahlung. |
- | Nach der Rahmenvereinbarung und den Einzelvereinbarungen können zur Finanzierung von den versicherten Personen (Arbeitnehmern) Gehaltsteile aus dem laufenden Bezug, Bonifikationen und sonstige Gehaltsbestandteile eingebracht werden. Die M-AG ist verpflichtet, während der Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses bis zum Fünften des Folgemonats die jeweilige Prämie an die Versicherung zu leisten. Die laufende Versicherungsprämie wird jeweils um den Prozentsatz allfälliger Gehaltssteigerungen im selben Zeitpunkt valorisiert. |
- | Im Gegenzug verpflichtet sich die M-AG den teilnehmenden Arbeitnehmern gegenüber, im Wege einer Kapitalauszahlung (Einmalzahlung oder Teilbeträge) oder durch Übertragung des Versicherungsvertrags auf einen von der versicherten Person namhaft gemachten Dritten zu leisten. Dabei leistet die M-AG an die versicherte Person, an den namhaft gemachten Dritten oder an die Begünstigten im Todesfall nur in exakt jener Höhe, in welcher die Versicherungsanstalt aus dem vorhandenen Versicherungsrealisat leistet. Anstelle der Barabfindung kann der Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer in den Vertrag eintreten. Ein solches Eintrittsrecht besteht auch bei Beendigung des Dienstverhältnisses und bei vertragswidriger Nichtzahlung der Prämie. Zur Sicherstellung der in den Vereinbarungen näher geregelten Eintrittsrechte erfolgt eine Verpfändung sämtlicher Ansprüche. die sich aus den Verträgen ergeben. |
Nach einer GPLA wurde (mit Haftungsbescheiden gegen den Arbeitgeber) Lohnsteuer für die bezahlten Prämien für die Jahre 2005 bis 2008 vorgeschrieben, wogegen sich die Beschwerdeführer (Dienstnehmer der M-AG) wenden.
Rechtliche Grundlagen
Gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Arbeitslohn) (ua) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dazu zählen auch Pensionszusagen, wenn sie ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder der Lohnerhöhungen gewährt werden, auf die jeweils ein Anspruch besteht [Anm d Red: = Gehaltsumwandlung] – ausgenommen eine lohngestaltende Vorschrift iSd § 68 Abs 5 Z 1 bis 6 EStG sieht dies vor.
Zu den Bezügen und Vorteilen iSd § 25 Abs 1 lit a EStG gehören alle Einnahmen („Geld und geldwerte Vorteile“) iSd § 15 Abs 1 EStG. Diese Einnahmen sind nach § 19 Abs 1 EStG in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Ein Betrag ist zugeflossen, wenn der Empfänger über ihn tatsächlich und rechtlich verfügen kann (vgl VwGH 15. 12. 2009, 2006/13/0136, ARD 6028/10/2010).
Unwiderrufliche Begünstigung der Arbeitnehmer?
Zu Vorteilen aus dem bestehenden Dienstverhältnis zählen auch Leistungen zu einer Versicherung, die dem Arbeitnehmer „gehört“ (vgl VwGH 5. 8. 1993, 93/14/0046, ARD 4493/27/93). Um hievon sprechen zu können, muss der Arbeitnehmer im Versicherungsverhältnis eine solche Stellung haben, dass er über die Ansprüche aus der Versicherung verfügen kann, es müssen ihm also die Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis zustehen. Die Benennung des versicherten Arbeitnehmers gegenüber dem Versicherer als Bezugsberechtigter führt noch nicht zur Übertragung der Ansprüche des Arbeitgebers aus dem Versicherungsvertrag an den Arbeitnehmer (vgl VwGH 30. 4. 2003, 99/13/0224, ARD 5412/11/2003).
Im hier vorliegenden Fall erfolgte im Versicherungsvertrag keinerlei Begünstigung des Arbeitnehmers. Bezugsberechtigt ist nach der Versicherungspolizze ausschließlich der Versicherungsnehmer, also der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer scheint in der Versicherungspolizze lediglich als versicherte Person auf.
Die Begünstigung kann allerdings nicht nur in der Benennung des Bezugsberechtigten gegenüber dem Versicherer erfolgen; eine derartige Begünstigung kann vielmehr auch in einer Vereinbarung zwischen dem Versicherungsnehmer (Arbeitgeber) und dem Versicherten (Arbeitnehmer) erfolgen (vgl neuerlich VwGH 5. 8. 1993, 93/14/0046, ARD 4493/27/93).
Hier: Einzelvereinbarung zwischen AG und AN
Nach den – in der Beschwerde nicht bekämpften – Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde hatte sich die M-AG verpflichtet, im Wege einer Kapitalauszahlung einen Betrag an die versicherte Person, an einen (von der versicherten Person) namhaft gemachten Dritten oder an die Begünstigten im Todesfall in der Höhe zu leisten, in der die Versicherungsanstalt aus dem vorhandenen Versicherungsrealisat leistet, wobei den Versicherten in näher genannten Fällen auch Eintrittsrechte in den Versicherungsvertrag eingeräumt sind.
Eine Begünstigung als bezugsberechtigte Person im Versicherungsvertrag ist zwar im Hinblick auf § 166 Abs 1 VersVG nur dann als unwiderruflich anzusehen, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist. Eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bedarf hingegen keiner derartigen ausdrücklichen Unwiderrufbarkeit, um auf Dauer verbindlich zu sein.
Die Vereinbarungen enthalten aber ohnehin die ausdrückliche Regelung, wonach die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung – insb die Leistungsfälle – ohne Zustimmung der versicherten Person nicht abänderbar sind bzw die Bestimmungen der Vereinbarung – insb alle den Arbeitnehmer begünstigenden Regelungen – ohne Zustimmung des Arbeitnehmers nicht abänderbar sind. Dazu dient auch die – sowohl in der Rahmenvereinbarung als auch in den Einzelvereinbarungen enthaltene – Regelung, wonach die Ansprüche der M-AG aus den Versicherungsverträgen weder abtretbar noch verpfändbar sind, es bestehe demnach ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für die M-AG (mit Ausnahme der sowohl in der Rahmenvereinbarung als auch in den Einzelvereinbarungen geregelten Verpfändung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die Arbeitnehmer). Schließlich sehen die Vereinbarungen auch vor, dass im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M-AG die Dienstnehmer als Versicherungsnehmer und Begünstigte in den Versicherungsvertrag eintreten.
Im Hinblick auf diese vertragliche Regelung besteht aber (einseitig unwiderruflich) ein Anspruch der Arbeitnehmer auf die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag. Dieser Anspruch ist überdies durch ein Pfandrecht abgesichert.
Demnach ist im hier vorliegenden Fall – wie bereits im Prüfungsbericht festgestellt [siehe dazu unten die Anm d Red] – von einer unwiderruflichen Begünstigung der Arbeitnehmer aus dem Versicherungsvertrag auszugehen, sodass bereits die Einzahlungen des Arbeitgebers im Rahmen der Versicherungsverträge als Zufluss vom Arbeitslohn iSd § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG an die Arbeitnehmer zu werten sind. (Beschwerde abgewiesen)
Anmerkung:
Im Ergebnis bestätigt der VwGH den sowohl von der M-AG als auch ihren Dienstnehmern angefochtenen Bescheid des UFS Graz vom 12. 10. 2011, RV/0874-G/09, schlägt dabei aber mE einen anderen Lösungsweg ein:
- | Der UFS hat seine negative Berufungsentscheidung darauf gestützt, dass aus den sog „Verschlechterungsvereinbarungen“ kein echter Lohnverzicht der Dienstnehmer, sondern eine Bezugsumwandlung (Einkommensverwendung) abzuleiten sei, also Prämienzahlungen der Arbeitnehmer. Seiner Ansicht nach „bedurfte es daher keiner Erwägungen, ob die Arbeitnehmer oder deren Angehörige unwiderruflich Begünstigte aus den Versicherungsverträgen waren“. |
- | Der VwGH fokussiert hier hingegen sehr wohl rein auf die Begünstigtenstellung im Versicherungsverhältnis, wie auch aus seinem abschließenden Verweis auf den Prüfungsbericht hervorgeht. In diesem war vom Prüfer festgestellt worden, dass „aufgrund der vertraglich unwiderruflich zugesicherten Möglichkeiten der Arbeitnehmer eine Rechtsstellung habe, die sich nicht von den Fällen unterscheide, in denen der Arbeitnehmer direkt sein (versteuertes) Einkommen verwende, um in einen Versicherungsvertrag einzuzahlen.“ |
Mit beiden Begründungsschienen gelangt man zur conclusio des Vorliegens von Arbeitslohn iSd § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG. Die Auslegung des UFS betr Gehaltsumwandlung könnte in weiterer Folge aber bei der Prüfung der Steuerbefreiung des § 3 Abs 1 Z 15 lit a EStG für Zukunftssicherungsmaßnahmen noch eine Rolle spielen (vgl VwGH 16. 6. 2004, 2001/08/0028, ARD 5522/11/2004, „versus“ Rz 81e LStR 2002). (Sabine Sadlo)