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Meldung der Schwangerschaft in einem befristeten Dienstverhältnis

Bearbeiter: Bettina Sabara

MSchG: § 10 Abs 2, § 10a

Nach § 10a Abs 1 MSchG wird der Ablauf eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses von der Meldung der Schwangerschaft bis zum Beginn des Beschäftigungsverbots gehemmt, es sei denn, dass die Befristung aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgt oder gesetzlich vorgesehen ist. Hatte eine Arbeitnehmerin schon vor Ablauf der – sachlich nicht gerechtfertigten – Befristung Kenntnis von ihrer Schwangerschaft, muss sie dem Arbeitgeber die Schwangerschaft noch vor Beendigung des Dienstverhältnisses durch Fristablauf melden, ansonsten das Dienstverhältnis mit Ablauf der Befristung endet.

Nur wenn die Arbeitnehmerin aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen an der rechtzeitigen Meldung ihrer Schwangerschaft vor Ablauf der Befristung gehindert ist (etwa weil sie erst nach Fristablauf von der Schwangerschaft erfahren hat), tritt in analoger Anwendung des § 10 Abs 2 Satz 1 MSchG die Ablaufhemmung auch dann ein, wenn sie die Schwangerschaft innerhalb von fünf Arbeitstagen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Dienstverhältnisses dem Dienstgeber bekannt gibt bzw dies dann unverzüglich nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes nachholt.

OGH 17. 12. 2019, 9 ObA 133/19b -> zu OLG Wien 9 Ra 16/19t, ARD 6677/7/2019 (Bestätigung)

Sachverhalt

Die Klägerin begann am 2. 10. 2017 ein Angestelltendienstverhältnis zum beklagten Arbeitgeber. Die Parteien vereinbarten einen Probemonat und daran anschließend die Befristung des Dienstverhältnisses zur weiteren Erprobung bis 31. 12. 2017.

Der Arbeitgeber teilte der Klägerin mit Schreiben vom 19. 12. 2017 mit, dass er das befristete Dienstverhältnis nicht verlängern werde. Erst am 2. 1. 2018 gab die Klägerin dem Arbeitgeber unter Beifügung einer ärztlichen Bestätigung vom 9. 11. 2017 bekannt, dass sie schwanger sei.

Die Klägerin begehrt vom Arbeitgeber Entgelt und Urlaubsersatzleistung für die Zeit von 1. 1. 2018 bis 22. 4. 2018, dem Tag vor Beginn der Acht-Wochen-Frist vor dem errechneten Geburtstermin. Die Befristung des Dienstverhältnisses sei sachlich nicht gerechtfertigt gewesen. Die Mitteilung der Schwangerschaft am 2. 1. 2018 sei rechtzeitig erfolgt, weshalb das Dienstverhältnis in seinem Ablauf bis zum Beginn des Beschäftigungsverbots gehemmt gewesen sei.

Während das Erstgericht der Klage stattgab, wies das Berufungsgericht über Berufung des Arbeitgebers das Klagebegehren ab. Der OGH erachtete die Revision für zulässig, da zur Frage, ob die Ablaufhemmung gemäß § 10a Abs 1 MSchG auch dann eintritt, wenn die Arbeitnehmerin erst nach Ende des Dienstverhältnisses ihre schon zuvor bekannte Schwangerschaft dem Dienstgeber meldet, noch keine höchstgerichtliche Entscheidung ergangen ist. Die Revision ist aber nicht berechtigt:

Kündigungsschutz bei Schwangerschaft

Gemäß § 3 Abs 4 Satz 1 MSchG haben werdende Mütter, sobald ihnen ihre Schwangerschaft bekannt ist, dem Dienstgeber hievon unter Bekanntgabe des voraussichtlichen Geburtstermins Mitteilung zu machen. Unterlässt die Dienstnehmerin die ihr auferlegte Mitteilung, so sind daran keine unmittelbaren Sanktionen geknüpft. Der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz der §§ 10, 12 MSchG tritt jedoch bis zur Information des Dienstgebers über die bestehende Schwangerschaft nicht in Kraft, weil diese Beendigungsbeschränkungen voraussetzen, dass dem Dienstgeber die Schwangerschaft bekannt war.

Gemäß § 10 Abs 1 MSchG kann Dienstnehmerinnen während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung rechtswirksam nicht gekündigt werden, es sei denn, dass dem Dienstgeber die Schwangerschaft beziehungsweise Entbindung nicht bekannt ist.

Auch wenn die Dienstnehmerin ihre Schwangerschaft noch nicht bekannt gegeben hat oder bei Kündigung des Dienstverhältnisses noch keine Kenntnis davon hatte, kann der Kündigungsschutz durch eine nachträgliche rechtzeitige Bekanntgabe eintreten. § 10 Abs 2 MSchG sieht diesbezüglich zwei Fälle vor: Im ersten Fall steht der Dienstnehmerin, die bereits von der Schwangerschaft wusste, diese aber noch nicht bekannt gegeben hatte, eine Frist von fünf Arbeitstagen für die nachträgliche Bekanntgabe nach Ausspruch der Kündigung zur Verfügung (§ 10 Abs 2 Satz 1 MSchG). Im zweiten Fall ist die Bekanntgabe der Schwangerschaft rechtzeitig, wenn die Dienstnehmerin aus Gründen, die von ihr nicht zu vertreten sind, dem Dienstgeber die Schwangerschaft nicht innerhalb der Fünftagefrist bekannt geben konnte, sie die Bekanntgabe aber unmittelbar nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachgeholt hat (§ 10 Abs 2 Satz 4 MSchG).

Ablaufhemmung bei Befristung

Für befristete Dienstverhältnisse sieht das MSchG vor, dass der Ablauf eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses von der Meldung der Schwangerschaft bis zu dem Beginn des Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 1 MSchG oder dem Beginn eines auf Dauer ausgesprochenen Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 3 MSchG gehemmt wird, es sei denn, die Befristung ist aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgt oder gesetzlich vorgesehen (§ 10a Abs 1 MSchG). Zweck dieser Bestimmung war die Verhinderung der Umgehung des Mutterschutzes durch Abschluss befristeter Verträge mit jungen Frauen (vgl OGH 25. 3. 2014, 9 ObA 5/14x, ARD 6399/9/2014).

Keine Gesetzeslücke

Die Revisionswerberin will nun § 10 Abs 2 Satz 1 MSchG analog auf ihren Fall angewendet wissen. Eine für die analoge Anwendung erforderliche Gesetzeslücke ist hier jedoch nicht zu erkennen.

Zunächst ist schon dem Wortlaut des § 10a Abs 1 Satz 1 MSchG zu entnehmen, dass der Ablauf eines befristeten Dienstverhältnisses von der Meldung der Schwangerschaft abhängig ist. Dies bedeutet, dass eine erst nach Ablauf der Befristung erstattete Meldung grundsätzlich nicht zu einer solchen Hemmung führt, weil das befristete Dienstverhältnis nach Fristablauf ja bereits beendet ist. Die Hemmung einer Frist ist nach deren Ablauf nicht möglich. Dabei geht der Gesetzgeber erkennbar davon aus, dass die Dienstnehmerin vor Ablauf der Befristung Kenntnis vom Vorliegen der Schwangerschaft hat. Diese Mitteilungspflicht dient auch dem Klarstellungsinteresse des Dienstgebers, der auf die erfolgte Beendigung des Dienstverhältnisses vertraute und nur auf in der Zukunft liegende Veränderungen reagieren kann. Es ist kein besonderes Interesse der Dienstnehmerin zu erkennen, ihr den Schutz des § 10a Abs 1 MSchG auch bei einer Meldung der Schwangerschaft erst nach Ablauf der Befristung zu gewähren, wenn ihr schon vor Fristablauf die Schwangerschaft bekannt war. Damit wird diese Dienstnehmerin auch nicht gegenüber einer Dienstnehmerin in einem unbefristeten Dienstverhältnis schlechter gestellt, weil Letztere ebenso verpflichtet ist, im aufrechten Dienstverhältnis dem Dienstgeber die Schwangerschaft unmittelbar nach deren Bekanntwerden (§ 3 Abs 4 Satz 1 MSchG), allenfalls binnen fünf Tagen nach Ausspruch der Kündigung (§ 10 Abs 2 Satz 1 MSchG), mitzuteilen.

Die Mitteilung des Dienstgebers, das befristete Dienstverhältnis nicht zu verlängern, kann nicht der Kündigung eines Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber gleich gehalten werden, weil in dieser Mitteilung des Dienstgebers keine auf Beendigung eines Dienstvertrags gerichtete Erklärung, sondern nur die Ablehnung des Abschlusses eines neuen Dienstvertrags nach Ablauf der Befristung zu erblicken ist. Ein auf befristete Zeit abgeschlossenes Dienstverhältnis endet nämlich grundsätzlich schon automatisch durch bloßen Zeitablauf, ohne dass es einer (Beendigungs-)Erklärung einer der Vertragsparteien bedarf.

Lediglich für den – hier allerdings nicht vorliegenden – Fall, dass die Dienstnehmerin die Meldung ihrer schon vor Ablauf des befristeten Dienstverhältnisses bestehenden Schwangerschaft aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen (etwa weil sie erst nach Ablauf des befristeten Dienstverhältnisses von der Schwangerschaft erfahren hat) erst nach dem vereinbarten Ende des befristeten Dienstverhältnisses dem Dienstgeber bekannt gibt bzw dies dann unverzüglich, nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes nachholt, wird eine analoge Anwendung des § 10 Abs 2 Satz 4 MSchG befürwortet (vgl OGH 23. 11. 2006, 8 ObA 76/06v, ARD 5750/2/2007). Für diesen Fall hat der Gesetzgeber in § 10a Abs 1 MSchG nämlich keine (ausdrückliche) Regelung getroffen.

Ablaufhemmung nur bei Schwangerschaftsmeldung vor Fristablauf

Zusammengefasst tritt die Ablaufhemmung eines befristeten Dienstverhältnisses nach § 10a Abs 1 MSchG, wenn die Dienstnehmerin bereits vor Ablauf der Befristung Kenntnis von der Schwangerschaft hat, nur dann ein, wenn die Dienstnehmerin dem Dienstgeber noch vor Beendigung des Dienstverhältnisses durch Fristablauf ihre Schwangerschaft gemeldet hat.

Eine analoge Anwendung des § 10 Abs 2 Satz 1 MSchG, die zur Folge hätte, dass die Rechtsfolgen des § 10a Abs 1 MSchG auch dann ausgelöst werden, wenn die Dienstnehmerin ihre bekannte Schwangerschaft innerhalb von fünf Arbeitstagen nach einer allenfalls erfolgten (über den Ablauf der Befristung hinausreichenden) „Nichtverlängerungserklärung“ des Dienstgebers bekannt gegeben hat, kommt nicht in Betracht. Die Klägerin war nicht an der rechtzeitigen Meldung ihrer Schwangerschaft vor Ablauf der Befristung gehindert.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28674 vom 14.02.2020