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Schon die für inländische Unternehmer in § 13 UStG normierte pauschale Vorsteuerermittlung bei Geschäfts- oder Dienstreisen aus den einkommensteuerlichen Tages- und Nächtigungsgeldern widerspricht den unionsrechtlichen Regelungen über den Vorsteuerabzug. Vor diesem Hintergrund ist eine zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs der begünstigenden Regelung führende Interpretation auf ausländische Unternehmer somit jedenfalls ausgeschlossen.
VwGH 26. 2. 2015, 2012/15/0067
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin, eine GmbH mit Sitz in Deutschland, beantragte 2009 die Vergütung der Vorsteuer für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2008. Sie legte hiezu die Kopie des Dienstgeber-Lohnkontos vor, in dem insbesondere Kosten für Nächtigung und „Diäten groß“ verzeichnet waren. Eine Vorlage der Originalbelege sei nicht möglich, weil es sich um pauschal abgerechnete Diäten und Nächtigungsgelder der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin handle, die mehr als 183 Anwesenheitstage in Österreich hätten, in Österreich somit lohnsteuerpflichtig geworden seien und somit auch Anspruch auf die Diät von € 26,40 sowie auf Nächtigungsgeld von € 15,- hätten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde ihre Berufung als unbegründet ab. Nach Ansicht des UFS würden die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Zeitnachweise und Arbeitsbestätigungen von Dienstnehmern (die an Unternehmer als die Beschwerdeführerin gerichtet seien) keine geeigneten Unterlagen darstellen, die die Beschwerdeführerin zur Erstattung der Vorsteuern berechtigten.
Belegerfordernis für ausländische Unternehmer
§ 13 UStG enthält spezielle Regeln über den Vorsteuerabzug bei bestimmten Reisekosten (Verpflegungs- und Nächtigungsaufwand) und sieht hiezu insbesondere vor, dass die abziehbare Vorsteuer aus in einkommensteuerrechtlichen Vorschriften festgesetzten Pauschbeträgen zu errechnen ist oder - betreffend Nächtigungsaufwand - errechnet werden kann. Ein Vorsteuerabzug aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise ist nur unter den im § 13 UStG näher geregelten Voraussetzungen möglich (vgl auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Änderung des UStG 1972 mit BGBl 1988/410).
Nach dem Wortlaut des § 13 Abs 3 UStG können Unternehmer, die nicht der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen „oder“ deren Arbeitnehmer im Inland nicht unter den Steuerabzug von Arbeitslohn fallen, aus Anlass einer Geschäfts- oder Dienstreise nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung an sie gesondert ausgewiesen werden. Daraus ist - aufgrund der Verknüpfung der Nebensätze mit „oder“ - abzuleiten, dass Unternehmer, die nicht der inländischen Einkommensbesteuerung unterliegen, Vorsteuern betreffend Reisekosten ihrer Arbeitnehmer auch dann nicht aus einkommensteuerrechtlichen Pauschbeträgen errechnen können, wenn die Einkünfte dieser Arbeitnehmer dem Steuerabzug vom Arbeitslohn im Inland unterliegen.
Somit kann die Beschwerdeführerin auch betreffend Reisekosten ihrer Arbeitnehmer, deren Einkünfte dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen, nur jene Vorsteuerbeträge abziehen, die in einer Rechnung gesondert ausgewiesen werden.
Richtlinienwidrigkeit des § 13 Abs 1 und 2 UStG
Das Unionsrecht enthält keine dem § 13 UStG vergleichbare Vorschrift. Soweit diese Bestimmung eine Vereinfachung der Steuererhebung bezweckt, bedürfte sie einer Genehmigung durch den Rat (vgl Art 27 Abs 1 und 5 der 6. MwSt-RL 77/388/EWG bzw Art 394 und Art 395 Abs 1 der MwStSyst-RL 2006/112/EG). Eine derartige Genehmigung liegt nicht vor.
§ 13 Abs 1 und 2 UStG sieht eine pauschale Ermittlung von Vorsteuern aus Reisekosten vor. Diesen pauschalen Beträgen müssen aber keine tatsächlichen Aufwendungen in dieser Höhe gegenüberstehen; dem Vorsteuerabzug steht insoweit auch keine von einem Unternehmer abgeführte Umsatzsteuer gegenüber (vgl Doralt, Vorsteuerabzug aus Reisediäten gerechtfertigt?, RdW 1998, 111). Eine derartige pauschale Regelung widerspricht den unionsrechtlichen Regelungen über den Vorsteuerabzug (vgl EuGH 8. 11. 2001, C-338/98, Kommission/Niederlande, ARD 5282/26/2002; vgl hiezu auch Ehrke, Kostenersatz des Arbeitgebers und Vorsteuerabzug, ELR 2001, 421).
Vor diesem Hintergrund bleibt die Möglichkeit einer zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs der pauschalen Vorsteuerermittlung führende Interpretation verschlossen. (Beschwerde abgewiesen)
Anmerkung:
Für inländische Unternehmer sollte dieses Erkenntnis mE (vorerst) keine negativen Folgen haben. Denn die zu weitreichende Begünstigung des § 13 Abs 1 und 2 UStG kann von den Gerichten wohl nicht über den Anwendungsvorrang der Richtlinienbestimmungen zu Lasten der Normadressaten korrigiert werden. Auch eine einschränkende unionsrechtskonforme Interpretation dürfte angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts ausscheiden.
In einem solchen Fall liegt der Schutz des Unionsrechts und potenziell benachteiligter Wettbewerber damit letztlich ausschließlich in den Händen der Europäischen Kommission, die zur Bereinigung der nationalen Rechtslage Vertragsverletzungsverfahren initiieren kann (vgl Sutter, Die richtlinienkonforme Interpretation und ihre mögliche Wirkung zu Lasten der Abgabepflichtigen, ÖStZ 2013/571). (Sabine Sadlo)