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Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Beginn einer Ausbildung keine schriftliche Rückzahlungsvereinbarung getroffen, kann der Arbeitnehmer, wenn er nach Beendigung des Dienstverhältnisses die Ausbildungskosten dem Arbeitgeber über dessen Initiative zurückzahlte, weil er unrichtigen Ansicht war, dazu auch ohne besondere Vereinbarung nach § 2d AVRAG verpflichtet zu sein, den Betrag vom Arbeitgeber wieder zurückfordern, weil er die Zahlung aus einem vom Arbeitgeber veranlassten Rechtsirrtum heraus grundlos geleistet hat.
OGH 24. 2. 2021, 9 ObA 121/20i
Sachverhalt und bisheriges Verfahren
Vor ihrer Rückkehr aus der Karenz absolvierte die Klägerin über Ersuchen des Arbeitgebers und unter Zusicherung der Kostenübernahme von 9. 9. 2019 bis 16. 10. 2019 einen externen Buchhaltungskurs. Ab 1. 11. 2019 war die Klägerin dann auch im Bereich der Buchhaltung eingesetzt, doch wurde das Dienstverhältnis bereits am 31. 12. 2019 über Ersuchen der Klägerin einvernehmlich aufgelöst.
Am 17. 1. 2020 ersuchte der Geschäftsführer die Klägerin, die Kurskosten zu bezahlen, weil das der Klägerin durch die Ausbildung vermittelte Wissen für das Unternehmen keinen Nutzen mehr habe. Daraufhin bezahlte die Klägerin den Betrag von € 560,- an den Arbeitgeber. Erst später erfuhr sie, dass eine Vereinbarung über einen Ausbildungskostenrückersatz der Schriftform bedurft hätte, und verlangt mit ihrer Klage nun vom Arbeitgeber die Rückzahlung.
Die Vorinstanzen verpflichteten den Arbeitgeber zum Rückersatz des von der Klägerin geleisteten Kursbetrags. Die mangelnde Schriftform der bloß mündlich getroffenen Rückzahlungsvereinbarung führe zu ihrer Unwirksamkeit. Da bei Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts auch keine Naturalobligation entstehe, sei der Formmangel auch nicht durch die Zahlung der Klägerin geheilt. Der OGH bestätigte nun diese Entscheidung:
Rückforderungsbegehren berechtigt
Soll der Arbeitnehmer iSd § 2d Abs 2 erster Satz AVRAG zum Rückersatz von Ausbildungskosten verpflichtet werden, so muss zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch vor einer bestimmten Ausbildung eine schriftliche Vereinbarung darüber geschlossen werden. Dass die Verletzung des Schriftformerfordernisses zur (gänzlichen) Unwirksamkeit (Nichtigkeit) der Vereinbarung führt, wird vom Arbeitgeber auch nicht weiter in Frage gestellt. Er ist aber der Auffassung, dass es sich bei der nach Beendigung des Dienstverhältnisses mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung über die Rückzahlung der Ausbildungskosten zwar um ein formwidriges Rechtsgeschäft handle; der Formmangel führe aber nicht zur Nichtigkeit der Vereinbarung, weil der Zweck des in § 2d Abs 2 erster Satz AVRAG normierten Schriftlichkeitsgebots, dem Arbeitnehmer ersichtlich und transparent zu machen, welche finanziellen Verpflichtungen auf ihn bei Beendigung des Dienstverhältnisses zukommen, in der vorliegenden Konstellation nicht mehr schlagend werde. Die Klägerin könne daher die von ihr freiwillig geleistete Zahlung nicht mehr zurückfordern (vgl § 1432 ABGB).
Damit wird aber keine vom OGH aufzugreifende, für die Lösung des vorliegenden Falls relevante Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt: Nach Lage des Falls haben die Parteien keine Ausbildungskostenvereinbarung geschlossen. Dadurch, dass die Klägerin nach Beendigung des Dienstverhältnisses über Initiative des Arbeitgebers den Betrag von € 540,- zurückzahlte, haben die Parteien auch nicht die für einen Ausbildungskostenrückersatz nach § 2d Abs 2 AVRAG zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erforderliche Vereinbarung „nachgeholt“. Die Klägerin zahlte über Aufforderung des Arbeitgebers, weil sie erkennbar der unrichtigen Ansicht war, dazu auch ohne besondere Vereinbarung nach § 2d AVRAG verpflichtet zu sein. Damit hat sie aber im Ergebnis die Zahlung von € 560,- aus einem vom Arbeitgeber veranlassten Rechtsirrtum heraus grundlos geleistet. Das darauf gegründete Rückforderungsbegehren der Klägerin ist daher nach § 1431 ABGB berechtigt. Auf Überlegungen zur mangelnden Form und Aliquotierung kommt es nicht an.