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Ruhen der Überstundenpauschale während Elternteilzeit

Bearbeiter: Bettina Sabara / Bearbeiter: Barbara Tuma

MSchG: § 15h, § 14

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmerin eine Überstundenpauschale in der beiderseitigen Annahme, dass Überstunden auch tatsächlich geleistet werden, so ruht diese für den Zeitraum, für den die Arbeitnehmerin eine Elternteilzeit nach dem MSchG (bzw der Arbeitnehmer nach dem VKG) in Anspruch nimmt bzw vereinbart; es kommt auch dann zum Ruhen der Überstundenpauschale, wenn der Arbeitgeber von einem allenfalls vereinbarten Widerrufsvorbehalt tatsächlich nicht Gebrauch macht. Nur wenn während der Elternteilzeit tatsächlich Mehr- und Überstunden geleistet werden, so sind diese auch zu vergüten.

OGH 24. 6. 2015, 9 ObA 30/15z

Entscheidung

Im vorliegenden Fall hatten die Parteien zwar einen Widerrufsvorbehalt vereinbart, die Überstundenpauschale wurde vom Arbeitgeber jedoch weder ausdrücklich noch konkludent widerrufen (die bloße Einstellung der Auszahlung konnte nach Ansicht des OGH von einen objektiven Erklärungsempfänger nicht ohne jeden Zweifel als Widerruf verstanden werden); um einen dauernden Widerruf der Überstundenpauschale ging es hier jedoch ohnedies nicht:

Mehrarbeit während Elternteilzeit?

Zunächst erinnert der OGH daran, dass Zweck der Elternteilzeit va ist, der Dienstnehmerin ausreichende Zeit zur Kinderbetreuung zu gewähren.

Während Teilzeitbeschäftigte grds gem § 19d Abs 3 AZG zu Mehrarbeit verpflichtet sind, sind von dieser Verpflichtung nach § 19d Abs 8 AZG Dienstnehmer ausgenommen, die von der Möglichkeit der Elternteilzeit nach dem MSchG (VKG) Gebrauch machen. Diese Ausnahme wird in den Gesetzesmaterialien damit begründet, dass Mehrarbeit mit der Notwendigkeit der Kindesbetreuung und unter Umständen mit finanziellen Leistungen der öffentlichen Hand (Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung) nicht im Einklang stünde (ErlRV 735 BlgNR 18. GP 44).

Die Nichtanwendbarkeit des § 19d Abs 3 AZG bei Elternteilzeitbeschäftigung bedeutet daher - so der OGH - zwar einen klaren Vorrang der Betreuungsinteressen vor etwaigen Mehrarbeitsverpflichtungen, jedoch kein Verbot von Mehrarbeit; erbringen Elternteilzeitbeschäftigte einvernehmlich Mehrarbeit, dann steht ihnen auch das entsprechende Entgelt zu, was sich schon aus den Bestimmungen des § 19d Abs 3a bis 3f AZG über die Abgeltung von Mehrarbeit ergibt, die auch für Dienstnehmer in Elternteilzeit anwendbar sind.

Ruhen der Pauschale wegen Wegfalls der Grundlage

Ein Verbot der Leistung von Überstunden sieht § 8 MSchG für werdende und stillende Mütter vor (wobei selbst in diesem Fall tatsächlich geleistete Überstunden bezahlt werden müssten, weil die Erlaubtheit der Überstundenleistung keine Voraussetzung der Vergütungspflicht ist; vgl OGH 6. 4. 2005, 9 ObA 71/04p, ARD 5624/4/2005).

Um Entgelteinbußen während Beschäftigungsverboten zu verhindern, normiert § 14 MSchG einen Anspruch auf Weiterzahlung des Arbeitsentgelts für bestimmte im MSchG normierte Beschäftigungsverbote und -beschränkungen. Allerdings enthält die taxative Aufzählung des § 14 MSchG keinen Hinweis auf § 8 MSchG, sodass das Entgelt für die Leistung von Überstunden von der Weiterzahlungspflicht nicht umfasst ist. Über die Normalarbeitszeit hinausgehende Mehrleistungen sollen also während Schwangerschaft und Stillzeit nicht fortgezahlt werden, wenn sie tatsächlich nicht mehr erbracht werden (vgl zB OGH 29. 4. 1975, 4 Ob 81/74, ARD 2757/8/75 und OGH 26. 2. 2004, 8 ObA 124/03y, ARD 5501/5/2004).

Dazu erörtert der OGH weiters erklärend, dass ein gänzlicher Wegfall der Überstundenleistung durch längere Zeit hindurch aufgrund eines gesetzlichen Verbots zum Ruhen des Anspruchs während der Zeit des Verbots führt, weil die Grundlage für die Vereinbarung einer Überstundenpauschale in der beiderseitigen Annahme liegt, dass solche Überstunden auch tatsächlich geleistet werden „dürfen“.

Auch im vorliegenden Fall war nach Ansicht des OGH davon auszugehen, dass die Klägerin während der Elternteilzeit längere Zeit hindurch keine Überstunden leisten wird und der Vereinbarung der Überstundenpauschale die beiderseitige Annahme der Parteien zugrunde lag, dass Überstunden von der Klägerin auch tatsächlich geleistet werden. Das Synallagma zwischen Arbeitsleistung und Entgelt wäre daher erheblich gestört, müsste der Arbeitgeber der Klägerin das Überstundenpauschale weiter bezahlen, obwohl er von ihr nicht einmal die Leistung von Mehrstunden fordern kann.

Der OGH hält es daher für nur konsequent und sachgemäß, wenn auch für die Dauer der Elternteilzeit der Anspruch auf die Überstundenentlohnung grundsätzlich ruht und nur tatsächlich geleistete Mehr- und Überstunden wie auch bei anderen Dienstnehmern vergütet werden (vgl dazu auch zB Peschek in ecolex 2014, 985 f, siehe ARD 6434/24/2015, oder Morgenstern in PV-Info 3/2015, 9, siehe ARD 6452/21/2015, jeweils zu All-in-Vereinbarungen in der Eltern-Teilzeit).

Anmerkung:

Der OGH weist auch ausdrücklich darauf hin, dass die E OGH 26. 2. 2004, 8 ObA 124/03y, ARD 5501/5/2004, diesem Ergebnis nicht entgegensteht: In jenem Fall ging es um eine Turnuszulage für Nachtarbeit im Turnusdienst und das Nachtarbeitsverbot des § 6 MSchG ist von der taxativen Weiterzahlungspflicht des § 14 MSchG umfasst; außerdem ziele die Turnusdienstzulage in erster Linie auf die Entlohnung von Normalarbeitszeit und nicht auf die sich allfällig daraus ergebenden Überstunden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 20037 vom 12.08.2015