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Schwerarbeit: Zeitausgleichstage zählen grds nicht

Bearbeiter: Bettina Sabara / Bearbeiter: Barbara Tuma

SchwerarbeitsV: § 1 Abs 1 Z 4, § 4

Bei der Feststellung von Schwerarbeitszeiten nach der SchwerarbeitsV ist vom Prinzip auszugehen, dass nur tatsächlich geleistete Schwerarbeit und tatsächliche Beanspruchung durch Schwerarbeit im konkreten Kalender-(Versicherungs-)monat einen Schwerarbeitsmonat begründen.

Leistet ein Pflegeassistent in der (geschlossenen) Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, der unstrittig Schwerarbeit verrichtet, nach dem fixen Dienstplan zwei 12-stündige Tagdienste, unmittelbar anschließend an den zweiten Tagdienst einen Nachtdienst und folgen dann drei freie Tage, die der Erholung und dem Ausgleich der vorangehenden Schwerarbeit dienen, so reduziert diese regelmäßige dreitägige Erholungsphase bereits die Belastung durch die Schwerarbeit. Konsumiert der Pflegeassistent (weitere) freie Tage als Zeitausgleich für geleistete Nachtdienste sowie für seine Arbeitsleistung an einem Feiertag, sind diese bei der Ermittlung von Schwerarbeitsmonaten nicht zu berücksichtigen.

OGH 1. 9. 2020, 10 ObS 85/20b

Entscheidung

Grundsatz der tatsächlichen Belastung

Rechtsprechung und Schrifttum gehen bei der Feststellung von Schwerarbeitszeiten nach der SchwerarbeitsV vom Prinzip aus, dass nur tatsächlich geleistete Schwerarbeit und tatsächliche Beanspruchung durch Schwerarbeit im konkreten Kalender-(Versicherungs-)monat einen Schwerarbeitsmonat begründen (siehe zu § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV zB OGH 13. 4. 2016, 10 ObS 23/16d, ARD 6504/13/2016; OGH 20. 12. 2016, 10 ObS 117/16b, ARD 6534/12/2017). Schwerarbeit ist immer in Relation von Belastungs- zu Erholungsphasen zu betrachten, weil sich mit der Möglichkeit von Erholungsphasen zwischen einzelnen Tagen der Schwerarbeit die Belastung verringert.

Diesen Grundsatz der tatsächlichen Belastung durch Schwerarbeit hat der OGH (lediglich) in der E OGH 27. 7. 2010, 10 ObS 96/10f, ARD 6082/4/2010, durchbrochen, indem er die Urlaubszeit eines LKW-Fahrers als Schwerarbeit qualifizierte, wenn der Versicherte tatsächlich Schwerarbeit geleistet hätte (was dort noch zu prüfen war). Hingegen lehnte er es zu 10 ObS 117/16 ab, bei der Feststellung von Schwerarbeitszeiten die Zeiten zu berücksichtigen, in denen eine Diplom-Krankenschwester ausschließlich ihre Tätigkeit als freigestellte Zentralbetriebsrätin ausübte; Wertungsunterschiede bestehen diesbezüglich in der freiwilligen Entscheidung für ein BR-Mandat und dem zeitlichen Ausmaß der Freistellung (fünf Wochen Urlaub gegen möglicherweise jahrelange Mandatsausübung).

Zeitausgleich für Nachtdienste und Feiertag nicht zu berücksichtigen

Im vorliegenden Fall verrichtet der Kläger nach dem fixen Dienstplan zwei 12-stündige Tagdienste, und unmittelbar anschließend an den zweiten Tagdienst einen Nachtdienst von 18:15 Uhr bis 6:45 Uhr. Dann folgen drei freie Tage, die der Erholung und dem Ausgleich der an den Vortagen geleisteten Schwerarbeit dienen. Diese regelmäßige dreitägige Erholungsphase reduziert bereits die Belastung durch die Schwerarbeit (vgl 10 ObS 23/16d).

Jene freien Tage, die als Zeitausgleich für geleistete Nachtdienste konsumiert werden, bei der Feststellung von Schwerarbeitszeit nach der SchwerarbeitsV zusätzlich einzubeziehen, widerspricht den Vorstellungen des Gesetzgebers, nur die tatsächliche Belastung mit Schwerarbeit durch eine günstigere Abschlagsregelung betr den Pensionsantritt vor dem Regelpensionsalter zu belohnen (§ 607 Abs 14 ASVG).

Die SchwerarbeitsV enthält in § 1 Abs 1 Z 1 einen Spezialtatbestand für unregelmäßig geleistete Nachtarbeit. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, jeden, auch regelmäßig geleisteten Nachtdienst als tatsächlich geleistete Schwerarbeit anzuerkennen, wäre eine entsprechende Regelung zu erwarten gewesen. Eine Doppelberücksichtigung von Nachtdiensten als Schwerarbeit nach den Tatbeständen der SchwerarbeitsV und zusätzlich nach anderen gesetzlichen Regelungen, die ganz allgemein die Belastung durch einen Nachtdienst in Form eines Zeitausgleich abgelten, war offenbar nicht beabsichtigt.

Ergebnis:

-Die hier als Zeitausgleich für Nachtdienste gewährten „NSG-Tage“ sind aus diesen Erwägungen bei der Ermittlung von Schwerarbeitsmonaten nicht zu berücksichtigen.
-Dasselbe gilt für den Zeitausgleich, den der Kläger für seine Arbeitsleistung an einem Feiertag erhält („F-Tag“). Nach § 9 Abs 5 ARG besteht für eine Beschäftigung während der Feiertagsruhe nur dann Anspruch auf erhöhtes Entgelt, wenn kein Zeitausgleich vereinbart wird. Dieser Zeitausgleich hat Entgeltfunktion und nicht Erholungsfunktion. Er ist bezahlte Freistellung von der Arbeitszeit.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30280 vom 21.01.2021