News

Schwerarbeitszeiten durch schwere körperliche Arbeit

ASVG § 247 Abs 2

Schwerarbeitsverordnung: § 1 Abs 1 Z 4

Als Schwerarbeit gelten gemäß § 1 Abs 1 Z 4 Schwerarbeitsverordnung ua schwere körperliche Arbeit, die dann vorliegt, wenn „bei einer 8-stündigen Arbeitszeit“ von Männern mindestens 2.000 Arbeitskilokalorien und von Frauen mindestens 1.400 Arbeitskilokalorien verbraucht werden. Die Verordnung stellt dabei auf den Regelfall der täglichen Normalarbeitszeit von 8 Stunden ab; die Angabe von 8 Stunden stellt daher lediglich einen Richtwert zur Berechnung der Arbeitskilokalorien pro Arbeitstag dar. Schwerarbeit liegt demnach auch dann vor, wenn der Versicherte nachweisen kann, dass er aufgrund längerer Arbeitszeiten oder aufgrund der besonderen Schwere der Tätigkeit auch bei kürzeren Arbeitszeiten den geforderten Arbeitskilokalorienverbrauch pro Arbeitstag erreicht hat.

OGH 30. 9. 2014, 10 ObS 95/14i

Sachverhalt:

Der Kläger war seit 1982 bei der Autobahnmeisterei als Maler und Anstreicher beschäftigt. Er arbeitete von Montag bis Donnerstag von 6:30 bis 16:00 Uhr jeweils 9 Stunden pro Tag und an jedem zweiten Freitag von 6:30 bis 15:00 Uhr jeweils 8 Stunden. Die restlichen Freitage hatte er frei. An einem achtstündigen Arbeitstag verbrauchte der Kläger durchschnittlich 1.838 Arbeitskilokalorien (also durchschnittlich 229,75 Arbeitskilokalorien pro Stunde), bei einem neunstündigen Arbeitstag mindestens 2.067,75 Arbeitskilokalorien.

Strittig ist, ob der Kläger Schwerarbeitszeiten im Sinne der Schwerarbeitsverordnung erworben hat.

Gegen das abweisende Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers, die vom OGH zugelassen wurde, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliegt, ob der in § 1 Abs 1 Z 4 Schwerarbeitsverordnung vorgesehene Verbrauch von 2.000 Arbeitskilokalorien pro Arbeitstag auch dadurch erzielt werden kann, dass eine weniger belastende Tätigkeit länger als 8 Stunden pro Arbeitstag ausgeübt wird.

Entscheidung:

„Schwere körperliche Arbeit“ liegt gem § 1 Abs 1 Z 4 Schwerarbeitsverordnung dann vor, wenn „bei einer achtstündigen Arbeitszeit von Männern mindestens 2.000 Arbeitskilokalorien (8.374 Arbeitskilojoule) und von Frauen mindestens 1.400 Arbeitskilokalorien (5.862 Arbeitskilojoule) verbraucht werden“.

Nach Ansicht des OGH ist dabei grundsätzlich von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen, wobei § 1 Abs 1 Z 4 Schwerarbeitsverordnung auf den Regelfall der täglichen Normalarbeitszeit von 8 Stunden abstellt. Bereits aus der Anlage der Schwerarbeitsverordnung, in der die Grundsätze zur Feststellung körperlicher Schwerarbeit festgelegt werden, gehe hervor, dass sich der Arbeitsenergieumsatz aus dem Gesamtenergieumsatz pro Arbeitstag ergibt. Es sei daher die Berücksichtigung des Energieumsatzes des ganzen Arbeitstags vorgesehen.

In § 1 Abs 1 Z 4 Schwerarbeitsverordnung sei bei der Festlegung der Energieumsatzgrenze zwar der Bezug auf 8 Stunden pro Arbeitstag als gesetzliche Normalarbeitszeit gewählt worden, weil es insbesondere für unselbstständig Beschäftigte unrealistisch (und vielfach auch gesetzeswidrig) erschien, ständig von längeren Arbeitszeiten auszugehen. Wenn jedoch tatsächlich längere Arbeitszeiten vorliegen, so seien diese bei der Berechnung des Energieumsatzes entsprechend zu berücksichtigen. Die verhältnismäßige „Einkürzung“ einer tatsächlich längeren täglichen Arbeitszeit auf einen achtstündigen Arbeitstag - und damit die Streichung von Zeiten mit beruflicher, körperlicher Belastung - war nach Ansicht des OGH nicht intendiert.

Diese Rechtsansicht missachte - so der OGH weiter - auch keineswegs den Zweck der gegenständlichen Regelung, weil Schwerarbeit eben dann vorliegen soll, wenn die Intensität und Dauer der Belastung über das normale Kräftepotential hinausgeht und an diesem Arbeitstag mehr als 2.000 bzw 1.400 Arbeitskilokalorien verbraucht wurden. Die Angabe von 8 Stunden in § 1 Abs 1 Z 4 Schwerarbeitsverordnung stelle daher lediglich einen Richtwert zur Berechnung der Arbeitskilokalorien pro Arbeitstag dar. Die Versicherten könnten jedoch nachweisen, dass sie täglich aufgrund längerer Arbeitszeiten oder aufgrund der besonderen Schwere der Tätigkeit auch bei kürzeren Arbeitszeiten den geforderten Arbeitskilojoule- bzw Arbeitskilokalorienverbrauch erreichen.

Nach den Feststellungen hat der Kläger im Rahmen seiner Regelarbeitszeit an 4 Tagen pro Woche jeweils 9 Stunden gearbeitet, dabei jeweils 2.067,75 Arbeitskilokalorien verbraucht und damit Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 4 Schwerarbeitsverordnung geleistet. Unter der Voraussetzung, dass der Kläger an mindestens 15 Arbeitstagen im Monat Schwerarbeit geleistet hat, liegt für den betreffenden Zeitraum ein Schwerarbeitsmonat vor (vgl § 4 Schwerarbeitsverordnung).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 18494 vom 26.11.2014