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Selbstständige Ambulatorien vom gesatzten BAGS-KV ausgenommen

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

Satzung des BAGS-KV: § 1 lit a

KAKuG: § 2 Abs 1 Z 5

Krankenanstalten und damit auch selbstständige Ambulatorien sind vom fachlichen Geltungsbereich des zur Satzung erklärten BAGS-KV (nunmehr: Kollektivvertrag für den Verein Sozialwirtschaft Österreich - Verband der österreichischen Sozial- und Gesundheitsunternehmen) ausgenommen.

OGH 29. 4. 2015, 9 ObA 35/15k

Ambulatorium ist Krankenanstalt

Der Kollektivvertrag für die Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe (BAGS-KV) wurde mit Verordnung des Bundeseinigungsamtes zur Satzung erklärt (zuletzt mit BGBl II 2015/52, ARD 6440/2/2015). Der BAGS-KV gilt danach fachlich grundsätzlich für alle Anbieter sozialer oder gesundheitlicher Dienste präventiver, betreuender oder rehabilitativer Art für Personen, die entsprechender Hilfe oder Betreuung bedürfen. Vom fachlichen Geltungsbereich ausgenommen sind jedoch ua Heilbade-, Kur- und Krankenanstalten.

Die beklagte GmbH betreibt ein selbstständiges Ambulatorium für physikalische Therapie. Mangels Mitgliedschaft beim Verein „Sozialwirtschaft Österreich - Verband der österreichischen Sozial- und Gesundheitsunternehmen“ unterliegt die GmbH nicht unmittelbar dem BAGS-KV. Nach den übereinstimmenden Auffassungen der Vorinstanzen unterliegt das Arbeitsverhältnis des bei der GmbH beschäftigten Klägers aber auch nicht der Satzung des BAGS-KV, weil Krankenanstalten vom fachlichen Geltungsbereich der Satzung gemäß § 1 lit a der Satzungserklärung ausgenommen seien. Unter Krankenanstalten in diesem Sinne seien auch selbstständige Ambulatorien zu verstehen, wie es schon § 2 Abs 1 Z 5 Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) ausdrücklich vorsehe.

Diese Auslegung der Verordnung hält der OGH für zutreffend: Dem Verordnungsgeber kann hier mangels anderer Anhaltspunkte in der Satzungserklärung weder unterstellt werden, dass ihm die gesetzliche Begriffsbestimmung des § 2 Abs 1 KAKuG nicht bekannt gewesen wäre, noch dass er - ohne dies klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen - von der Aufzählung der in Österreich möglichen Betriebsformen von Krankenanstalten in § 2 Abs 1 KAKuG abweichen wollte (vgl auch AB 164 BlgNR 18. GP 5). Vielmehr handelt es sich beim Begriff der Krankenanstalten um eine fachlich einschlägige Bestimmung im Gesundheitssektor, was eine Bezugnahme auf die allgemeine organisationsrechtliche Regelung in § 2 Abs 1 KAKuG sogar besonders nahe legt.

Da die Wortinterpretation zu einer eindeutigen Gesetzesauslegung führt, sieht der OGH keinen Bedarf für eine weitere objektiv-teleologische Interpretation unter Bedachtnahme auf die in der Revision relevierten unterschiedlichen Normzwecke des KAKuG und der Satzung, zumal - so der OGH - im Ausnahmenkatalog der Satzung nicht zum Ausdruck gebracht wird, einen vom Gesetz verschiedenen Krankenanstaltenbegriff zu meinen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19808 vom 06.07.2015