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Sofortiger Austritt nach jahrelanger Duldung gesetzwidriger Zustände unberechtigt

Bearbeiter: Manfred Lindmayr

HGHAngG: § 14

AngG: § 26

Schickt ein Arbeitnehmer seine Beendigungserklärung per SMS an den Arbeitgeber, gibt den Schlüssel und das Diensthandy ab und räumt die Dienstwohnung, ist dieses Verhalten objektiv als Austrittserklärung aufzufassen. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer am Tag nach dem Austritt über Verlangen des Arbeitgebers eine vorbereitete Erklärung unterfertigt hat, in der sich die Formulierung findet, er habe sein Dienstverhältnis „aufgekündigt“, zumal er im selben Satz die einseitige Nichteinhaltung einer Kündigungsfrist („habe meinen Dienst beendet und meinen Arbeitsplatz verlassen“) bestätigt.

Zur Berechtigung des Austritts hält der OGH fest, dass nur eine wesentliche Vertragsverletzung oder Gesetzesverletzung, die eine weitere Zusammenarbeit auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist ausschließt, zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt. Werden behauptete gesetzwidrige Zustände vom Arbeitnehmer jahrelang geduldet und sogar (hier: durch freiwillige Übernahme weiterer Tätigkeiten trotz behaupteter laufender Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften) gefördert, kann er sie nicht ohne vorherige Ankündigung zum Anlass eines plötzlichen Austritts nehmen.

OGH 27. 6. 2023, 8 ObA 90/22a

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34591 vom 05.10.2023