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Die Zweigniederlassung eines Unternehmens kann mangels rechtlicher Eigenständigkeit keinen verantwortlichen Beauftragten in ihrem Namen bestellen. Im Falle eines Verstoßes gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften bleibt Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit der Behörde daher grds der Sitz der Unternehmensführung (Unternehmenszentrale) – und zwar auch dann, wenn die Bestellungsurkunde von der Zweigniederlassung an die Behörde übermittelt wurde (hier: Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten durch die Geschäftsführer einer GmbH mit Sitz in Wien für eine Baustelle, die von der burgenländischen Zweigniederlassung der GmbH betrieben wird).
VwGH 16. 7. 2020, Ra 2020/02/0095
Entscheidung
Der Begriff der Zweigniederlassung ist im österreichischen Unternehmens- bzw Gesellschaftsrecht nicht definiert (vgl OGH 12. 6. 2018, 5 Ob 71/18d). Nach der heute gefestigten Auffassung ist eine Zweigniederlassung im Sinn des Unternehmensrechts ein Teil des Unternehmens, der von der Hauptniederlassung räumlich getrennt ist, in dem dauerhaft und selbstständig Geschäfte geschlossen werden und der die hiefür erforderliche Organisation in sachlicher und personeller Hinsicht aufweist (ua auch eine eigene Leitung). Die Zweigniederlassung ist durch rechtliche Unselbstständigkeit sowie Leitungsabhängigkeit von der Hauptniederlassung bei gleichzeitiger (beschränkter) organisatorischer Selbständigkeit gekennzeichnet. Da die Zweigniederlassung Unternehmensteil ist, ist sie nicht selbstständig rechtsfähig. Rechtsträger ist vielmehr immer der Träger des Gesamtunternehmens. Da die Zweigniederlassung keine Rechtspersönlichkeit hat, kann sie nicht Partei eines Rechtsstreits sein; Prozesspartei ist der Inhaber des Unternehmens (siehe dazu auch VwGH 14. 12. 2015, Ra 2015/11/0083, ARD 6489/6/2016, worin die Rechtspersönlichkeit einer registrierten Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens verneint wurde).
Soweit das Verwaltungsgericht von einer wirksamen Bestellung des verantwortlichen Beauftragten durch die (Zweig-)Niederlassung Burgenland der GmbH ausgeht, erweist sich das Erkenntnis (Aufhebung des Strafbescheides des Magistrats der Stadt Wien) bereits aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig, weil die „Niederlassung Burgenland“ als Zweigniederlassung mangels rechtlicher Eigenständigkeit keinen verantwortlichen Beauftragten in ihrem Namen bestellen kann.