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Wegunfall mit Monowheel: Arbeitsunfall?

Bearbeiter: Bettina Sabara / Bearbeiter: Barbara Tuma

B-KUVG: § 90 Abs 1 undf Abs 2 Z 1

ASVG: § 175 Abs 1 und Abs 2 Z 1

Ein Arbeitsweg, der mit einem Monowheel zurückgelegt wird, steht grds nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein Monowheel ist nämlich kein Fahrzeug iSd StVO, sondern ein Sportgerät, für dessen Benutzung besondere Geschicklichkeit notwendig ist; aufgrund seiner technischen Eigenschaften (insbesondere iZm Lenken und Bremsen) ist ein sicheres Fahren nicht gewährleistet. Ist die Unfallfolge kausal auf die Verwendung eines solchen Geräts zurückzuführen (etwa Sturz infolge mangelnder Geschicklichkeit beim Balancehalten), stellt dies keine typische Gefahr eines Dienstweges dar, die unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen soll.

Der UV-Schutz wäre hingegen zu bejahen, wenn sich – trotz Benutzung eines Monowheel – eine allgemeine (typische) Weggefahr verwirklicht, die mit der Verwendung dieses Sportgeräts in keinem Zusammenhang steht und für den Unfall ursächlich ist (zB verkehrswidriges Verhalten eines Dritten, das auch etwa bei Benutzung eines Fahrrads eine unfallverhütende Reaktion nicht ermöglicht hätte).

Verunglückt ein Versicherter auf dem Weg in die Arbeit mit seinem Monowheel, geht es zu seinen Lasten, wenn ungeklärt bleibt, ob und allenfalls welche äußeren Gründe für den Sturz ursächlich waren, und er einen kausalen Zusammenhang zwischen einer allgemeinen Weggefahr und dem Sturz nicht nachweisen kann. Die Verwendung eines Spiel- bzw Sportgeräts für den Arbeitsweg ist grds dem privaten Lebensbereich zuzuordnen und der Versicherte befindet sich demnach im privaten Lebensbereich, so lange nicht bewiesen ist, dass sich eine allgemeine Weggefahr verwirklicht hat. Der Unfall ist daher nicht als Wegunfall anzuerkennen und es stehen dem Versicherten keine Leistungen aus der Unfallversicherung zu.

OGH 19. 1. 2021, 10 ObS 150/20m

Entscheidung

Freie Wahl des Verkehrsmittels

Versichert sind die typischen Gefahren eines Arbeitsweges (Dienstweges), dh jenes Risiko, dem sich die versicherte Person in ihrer Eigenschaft als Versicherte auf diesem Weg aussetzen musste. Der Schutz erstreckt sich insbesondere auf Wechselfälle der Witterung, Schnee- und Eisglätte, schlechte Sicht und spezifische Gefahren des Verkehrs. Auch die Gefahr, die ganz allgemein von Tieren oder Menschen ausgeht, ist auf dem Arbeitsweg (Dienstweg) grundsätzlich versichert. Für die Bejahung des Versicherungsschutzes ist somit ein hinreichender sachlicher Zusammenhang zwischen der realisierten Unfallgefahr und dem unter Versicherungsschutz stehenden Weg erforderlich.

Die Wahl des Verkehrsmittels bzw die Art der Fortbewegung steht dem Versicherten auf Arbeitswegen grundsätzlich frei (vgl OGH 12. 9. 1989, 10 ObS 226/89, ARD 4156/5/90).

In der österreichischen Lehre führt Müller (in SV-Komm [264. Lfg], § 175 ASVG Rz 170) aus, dass für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung eine Grenzziehung zwischen Fortbewegungsmittel und Sportgerät erforderlich sei. Als geeigneter Abgrenzungsmaßstab sei die Verkehrssitte heranzuziehen. Während das Fahrrad als Verkehrsmittel angesehen werden könne, handle es sich beispielsweise bei Inlineskates um Sportgeräte, deren Benutzung auf dem Weg daher im Allgemeinen aus Gründen erfolge, die dem privaten Lebensbereich zuzuordnen seien.

Einräder kein Fahrzeug iSd StVO

Auch nach Ansicht des OGH ist eine Grenze zwischen allgemein üblichen Verkehrsmitteln einerseits und den Spiel- und Sportgeräten andererseits zu ziehen. Bei Wegunfällen sollen nur die typischen (allgemeinen) Weggefahren und Risken versichert sein, nicht aber andere Ereignisse, die mit dem Weg in irgendeinem Zusammenhang stehen, wie etwa auch Ereignisse, die iZm Gefahren stehen, die typischerweise mit der Verwendung von Sport- und Spielgeräten verbunden sind und deren Verwirklichung bedingt, dass die Unfallfolgen kausal auf die Verwendung des Sportgeräts zurückzuführen sind (Müller in SV-Komm [264. Lfg] § 175 ASVG Rz 170).

Bei der Frage, ob der Grundsatz der Wahlfreiheit des Fortbewegungsmittels auch noch die Verwendung eines Monowheels erfasst oder ob dessen Verwendung dem privaten Lebensbereich zuzurechnen ist, geht es ganz allgemein um die Ermittlung der Grenze des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Unfallversicherung. Nach der Rechtsprechung ist für diese Wertentscheidung maßgeblich, ob die Gesamtumstände dafür oder dagegen sprechen, das unfallbringende Verhalten dem geschützten Bereich oder der Privatsphäre des Versicherten zuzurechnen. Die subjektive Ansicht des Versicherten ist unfallversicherungsrechtlich nur dann relevant, wenn diese Meinung in den objektiven Verhältnissen eine ausreichende Stütze findet (vgl zB OGH 13. 3. 2012, 10 ObS 16/11t, ARD 6232/3/2012).

Einen Anhaltspunkt für die Abgrenzung im konkreten Fall können auch die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung bilden. Danach gelten Einräder nicht als Fahrzeuge. § 2 Abs 1 Z 19 StVO 1960 idF der 31. Novelle (BGBl I 2019/37) nimmt “vorwiegend zur Verwendung außerhalb der Fahrbahn bestimmte Kleinfahrzeuge“ sowie “fahrzeugähnliches Spielzeug“ vom Fahrzeugbegriff aus. In den Materialien zur 31. Novelle (ErläutRV 559 BlgNR 26. GP 1) sind als Beispiele für derartige Kleinfahrzeuge bzw fahrzeugähnliches Spielzeug neben Skateboards, Hoverboards, Scootern und Miniscootern auch Einräder angeführt, unabhängig davon, ob sie über einen elektrischen Antrieb verfügen.

Einräder stellen somit “vorwiegend zur Verwendung außerhalb der Fahrbahn bestimmte Kleinfahrzeuge“ dar, die fahrzeugähnlichem Spielzeug entsprechen (Pürstl, StVO-ON15.00 § 2 Anm 23b). Diese rechtliche Einordnung ist auch auf den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung übertragbar.

UV-Schutz beim Monowheel?

Die Verwendung derartiger Sport- bzw Spielgeräte auf dem Arbeits- bzw Dienstweg beseitigt allerdings von Vornherein nicht den Schutz bei allen Weggefahren, sondern nur insoweit, als die Unfallfolgen kausal auf die Verwendung des Sportgeräts zurückzuführen sind (Müller in SV-Komm [264. Lfg] § 175 ASVG Rz 170).

Wie sich aus den Gesetzesmaterialien zur 31. StVO-Novelle ableiten lässt, geht der Gesetzgeber davon aus, dass auch bei der Benutzung eines Monowheel eine besondere Geschicklichkeit notwendig ist und aufgrund der technischen Eigenschaften (insbesondere iZm Lenken und Bremsen) ein sicheres Fahren nicht gewährleistet ist (ErläutRV 559 BlgNR 26. GP 1). Ist die Unfallfolge kausal auf die Verwendung eines solchen Geräts zurückzuführen (etwa Sturz infolge mangelnder Geschicklichkeit beim Balancehalten), stellt dies keine typische Gefahr eines Dienstweges dar, die unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen soll. Der UV-Schutz ist hingegen zu bejahen, wenn sich – trotz Benutzung eines Monowheel – eine allgemeine (typische) Weggefahr verwirklicht, die mit der Verwendung dieses Sportgeräts in keinem Zusammenhang steht und für den Unfall ursächlich ist (zB verkehrswidriges Verhalten eines Dritten, das auch etwa bei Benutzung eines Fahrrads eine unfallverhütende Reaktion nicht ermöglicht hätte; R. Müller in SV-Komm [264. Lfg], § 175 ASVG Rz 170).

Daraus ergibt sich, dass der Arbeitsweg, soweit er mit einem Monowheel zurückgelegt wird, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, außer es würde sich eine allgemeine Weggefahr verwirklichen, die nicht iZm der Verwendung eines Monowheel steht. Dieses Zwischenergebnis ist Grundlage für die Schlussfolgerungen zur Beweislast.

Objektive Beweislast des Klägers

Im vorliegenden Fall konnten zum Unfallhergang keine Feststellungen getroffen werden, weil sich der Kläger an den Unfall nicht mehr erinnert und keine Zeugen vorhanden (oder benennbar) waren. Ob und allenfalls welche äußeren Gründe für den Sturz ursächlich waren, ist daher ungeklärt geblieben. Weder konnte festgestellt werden, ob der Unfall seine Ursache in einer üblichen Gefahr des Arbeitsweges hatte, noch war feststellbar, ob der Unfall kausal auf die Verwendung des Monowheel und dessen typische Gefahren zurückzuführen ist. Der Umstand, dass nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte für die Existenz eines weiteren Unfallbeteiligten bestehen, spricht nicht zwingend dafür, dass sich der Unfall auf eine Art ereignet hat, die für eine Verwirklichung der besonderen Gefahren eines Monowheels typisch ist (etwa Verlust des Gleichgewichts).

Entsprechend den Grundsätzen der Beweislastverteilung trifft den Kläger die objektive Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen. Hat der Kläger ein Spiel- bzw Sportgerät am Dienstweg verwendet und ist ohne Vorhandensein weiterer Unfallbeteiligter zu Sturz gekommen, trifft ihn die objektive Beweislast dafür, dass der Unfall nicht durch die Verwirklichung der von diesem Gerät ausgehenden spezifischen Gefahren ausgelöst wurde, sondern seine Ursache in den üblichen Gefahren des Dienstweges hatte. In diesem Sinn hat er einen kausalen Zusammenhang zwischen einer allgemeinen Weggefahr und dem Sturz nachzuweisen (vgl auch OGH 28. 4. 1998, 10 ObS 133/98a, ARD 4957/15/98, zu Verkehrsunfällen bei Alkoholbeeinträchtigung des Versicherten). Kann der Kläger diesen Beweis nicht erbringen, geht dies zu seinen Lasten.

Auch die Regeln über den Anscheinsbeweis kommen dem Kläger hier nicht zugute.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30546 vom 04.03.2021